YACHT-Redaktion
· 27.07.2025
Gerade hat Frank Schönfeldt seinen 70. Geburtstag gefeiert. Jetzt hat er sich bei der Travemünder Woche noch selbst ein nachträgliches Geschenk gemacht und mit Gerd Becker den Titel bei den Variantas abgeräumt. Zweifel am Erfolg von Schönfeldt/Becker (Mühlenberger Segel-Club/Segelclub Prinzensteg) hat es im Verlauf der Serie von neun Rennen nie gegeben. Das Duo strich den einzigen zweiten Rang und katapultierte sich mit acht Siegen auf den höchsten Podiumsplatz.
Frank Schönfeldt zählt mit seinen DM- und EM-Titeln seit mehr als einem halben Jahrhundert zu den erfolgreichsten Titelhamstern des deutschen Segelsports, beherrscht auch Bootsklassen wie Pirat, Conger, J/24, H-Boot – und eben die Varianta, wie er bei der Travemünder Woche mit Gerd Becker erfolgreich demonstrierte. Auf den weiteren Podiumsplätzen folgten in der Kajütschwerterklasse, die liebevoll auch “VW-Bulli der Segler” genannt wird, Olaf Bertallot und Jörg Klein (Hannover) und Arnd Ritter/Thomas Overkämping vom Möhnesee.
In weiteren Klassen ließ die Travemünder Woche ihre 136. Edition am Samstag sanft ausgleiten. Für einige ging es “tricky”, für andere gar nicht mehr zur Sache. Für sieben Klassen wurde der Vorschlusstag in flauen Winden zum verkürzten Vergnügen. Die drei Topcat-Felder beendeten mangels Brise an der Mecklenburger Küste die internationalen Meisterschaften ohne weitere Rennen. Sie kürten mit den Zwillingen Sascha und René Teichel im K1, Robert Zank und Tim Stiegler im K2 und Paul Säger im K3 zwei Zweihand-Crews und einen Solisten aus Wolfsburg, vom Ammersee und aus Frankfurt zu ihren Besten.
Ihren Titel aus dem vergangenen Jahr bestätigten die Deutschen Meister Jens Olbrysch und Norbert Schmidt (Herrsching) in der Dyas-Klasse. Für die alten und neuen Deutschen Meister in der trimmintensiven Bootsklasse war die Travemünder Woche nicht nur sportlich erfolgreich.
IDM-Sieger Jens Olbrysch, der sich mit seinem Vorschoter Nordert Schmidt über mehr als nur eine Klassentrophäe freute, sagte: „Es ist eine familiäre Atmosphäre hier. Deswegen kommen wir immer gern. Es ist toll, hier zu campen. Wir hatten gescheites Wetter. Und dass wir hier nicht den mega Wind hatten, war auch okay. Wir haben Spaß gehabt:” IDM-Silber holten sich die Norddeutschen Meister Arndt Fingerhut/Andreas Malcher (Edersee) vor dem Mosel-Segler Michael Weber mit dem Kieler Ralf Stuhlemmer an der Vorschot.
Extrem souverän beendete die erst 13 Jahre alte Mila Weniger die Serie der Open Skiffs. Die Teenagerin vom Segelclub Talsperre Zeulenroda segelte mit zehn Siegen in zehn Rennen auf den höchsten Podestplatz. Sie war bei dieser Travemünder Woche weder von ihrer starken Thüringer Verfolgerin und Klubkameradin Amy Konrad noch von Steuermann Florian Schlupp vom Wassersportverein Lausitzer Seenland auch nur einmal zu schlagen.
Damit wiederholte auch Mila Weniger ihren Titelgewinn aus dem Vorjahr – in diesem Jahr so überzeugend, dass einer der Rennsiege als Streicher in die Wertung einging. „Ich bin mega happy. So hätte ich das nicht erwartet“, strahlte die Siegerin nach ihrem Erfolg. Sie freute sich auch mit ihren Verfolgern, sagte: „Wir Drei sind alle beste Freunde, sind jedes Wochenende zusammen und trainieren viel gemeinsam.“
Diese noch junge, aber schon starke Gemeinschaft will das Trio noch weiter genießen. „Ich will nächstes Jahr auf jeden Fall noch Open Skiff segeln. Danach will ich ausprobieren, was am meisten Spaß macht. Darzum geht es ja“, erklärte Mila Weniger, die in diesem Jahr noch die Europameisterschaft im Oktober in Barcelona im Visier hat – auch das Ziel von Amy Konrad.
Viele Extra-Pluspunkte sammelten am Samstag nach der verkürzten Leichtwind-Programm die Teams der Regatta-Organisation. Sie nahmen große Gefolge in Schlepp. Um den Aktiven den Heimweg zu erleichtern, hatten sie ihre Schleppleinen ausgeworfen und zogen die Flotten heimwärts. Dieser Service kam gut an – auch bei den Europameistern der Topcat K1-Klasse.
Sascha Treichel, der mit seinem Zwillingsbruder Rene die EM und den parallel ausgetragenen World Cup gewonnen hatte, sagte: „Es war hier wirklich alles top organisiert – selbst der Rücktransport von der Bahn. Bis auf den letzten Tag war der Wind wirklich gut. Und den Regen zwischendurch wissen wir als Segler ja abzuwettern.“
Gegenüber der Konkurrenz von den Alpenrevieren nutzten die Wolfsburger ihren Heimvorteil. „Uns ist der Norden näher als der Süden”, so Sascha Treichel, “daher sind wir oft auf der Ostsee, kennen die Lübecker Bucht von den Regatten in Scharbeutz.“ Den entscheidenden Vorteil gegenüber ihren Jägern aber verschafften sich die schnellen Zwillinge durch die bessere Performance auf den Vorwind-Abschnitten.
Weitere Siegertrophäen wurden bereits am Sonnabend für die Gewinner der Ranglistenregatten im 470er, der O-Jolle und Kielzugvogel vergeben. In der einzigen Tageswettfahrt verteidigten die Franzosen Bernard Boime/Gilles Espinasse souverän ihre Führung im 470er. Dahinter gab es aber noch Platzierungswechsel: Die Hessen Kristof Doffing/Jan Kaminski (Langen) sorgten in dem internationalen Feld noch für eine deutsche Medaille. Mit Rang zwei im letzten Rennen schoben sie sich auch insgesamt auf den Silberrang vor den Schweizern Frederik Huck und Gabriele Konrad.
Bei den O-Jollen lief es für den Führenden zwar gar nicht rund. Doch konnte der Niederländer Thies Bosch seine im Samstagsrennen kassierte Frühstart-Disqualifikation streichen. So verteidigte er Platz eins vor den beiden Lübeckern Ingo Hüter und Arne Assmann.
Hauchdünn fiel die Entscheidung bei den Kielzugvögeln aus. Die von Beginn an führenden Axel Fischer/Michael Schiermann (Gifhorn) hatten nach der achten Wettfahrt ihren Vorsprung gegenüber Wolfgang Emrich/Klaus Ebbinghaus (Wörthsee) aufgebraucht. Bei Punktgleichheit entschied die Mehrzahl der Siege zugunsten von Fischer/Schiermann. Rang drei holte das Mixed-Duo Manfred Brändle und Stefanie Gouverneur aus Duisburg.
Noch vor Ende der Formula-18-Serie hatten Paul Kohlhoff (Kiel) und Tom Heinrich ihren Einsatz bei der Travemünder Woche wieder beendet. Der olympische Nacra-17-Bronzemedaillengewinner war mit Tom Heinrich aus Pönitz und einem geliehenen Kat an den Start gegangen. Doch es lief nicht rund für das spontan zusammengestellte Duo: „Wir haben das geliehene Boot ganz schön beansprucht. Nach einem kaputten Segel am Donnerstag und einer Kollision am Freitag haben wir entschieden, keinen weiteren Schaden mehr zu riskieren und die Regatta frühzeitig zu beenden“, berichtete Kohlhoff.
Es bleibt die spannende Frage, ob die Brüder Helge und Christian Sach ihren Rekord zur Travemünder Woche mit einem weiteren Erfolg auf 23 Siege hochschrauben können. In der einzigen Tageswettfahrt am Sonnabend landeten sie einen weiteren Tagessieg. Damit führten die Brüder vom Lübecker Yacht-Club punktgleich vor Jesse und Sven Lindstädt (Norddeutscher Regatta Verein/Lübecker Yacht-Club).
In der Klasse der Seascape 18 kämpfen Deutsche und Schweden am Finaltag um die Medaillen bei den German Open. Nach sechs Rennen lag der Vorteil auf deutscher Seite: Jan Wilkens/Tobias Rieger (Yachtclub Hohen Wieschendorf/Segelclub Schloßbucht Schwerin) lagen bei nur neun Zählern auf dem Travemünder-Woche-Konto punktgleich knapp vor Walter Wüllenweber/Martin Schmidt (Hamburger Segel-Club). Ihnen dicht am Heck wollen auch die Schweden Anders Joensson/Henrik Aulin (Borstahusensegelsällskap) mit nur drei Zählern Rückstaand noch einmal angreifen.
Maximal drei Wettfahrten sollen im Sonntagsfinale der Klasse Seascape 18 die Entscheidung bringen. Das zweite Mittelstrecken-Rennen der Seebahnsegler rundet das Programm der 136. Travemünder Woche ab. Zu allen Zwischenständen und Endergebnissen geht es hier.
Rasantes Travemünder-Woche-Vergnügen in Formula 18 und Open Skiff: