Travemünder WocheDrachen-Grand-Prix, Weltmeisterschaften, Zwölfer-Duell

YACHT-Redaktion

 · 25.07.2024

Die historischen Zwölfer "Sphinx" (Vordergrund) und "Trivia" waren erneut die Yachten für den Matchrace-Showdown der Polit-Prominenz
Foto: segel-bilder.de
Segeln kann brutal sein: Erst auf den letzten 100 Metern der abschließenden siebten Wettfahrt entschied sich der Grand Prix der Drachen im Rahmen der Travemünder Woche (TW). Dazu gab es viele Entscheidungen sowie neue Klassen im zweiten Teil

Der Schweizer Jan Eckert ließ ein Boot zu viel passieren und verlor die Generalprobe für die Europameisterschaft mit nur einem Punkt Rückstand auf den zweimaligen Olympiateilnehmer Jesper Stalheim (Schweden). Drei weitere Klassen kürten ihre Sieger zur TW, die Meisterschaftsklassen nahmen dagegen in ihren Titelrennen erst Fahrt auf.

Drachen-Grand-Prix

Vor dem finalen Tag des Drachen-Grand-Prix war das Team unter Schweizer Flagge mit Steuermann Jan Eckert eine starke Wette auf den Sieg. Doch dann rutschte dem Olympiateilnehmer von 1992 noch der Sieg aus der Hand. Der erste Versuch einer Wettfahrt musste aufgrund der Windverhältnisse abgebrochen werden. Eckert lag zu diesem Zeitpunkt mit seiner Crew Torvar Mirsky und Frederico Melo gut im Rennen. Und auch beim Restart hatte er zunächst alles im Griff. Doch auf der letzten Kreuz musste er einen Konkurrenten zu viel passieren lassen. Platz 13 in dieser Wettfahrt ließ ihn hinter Jesper Stalheim zurückrutschen. „Das ist sehr schade. Der Gesamtsieg wäre das i-Pünktchen gewesen. Aber wir sind auch so sehr zufrieden mit unserer Performance, haben zwei Siege in einem starken Feld eingefahren“, sagte Eckert und blickte gleich in die Zukunft: „Den Sieg sparen wir uns dann hoffentlich für die Europameisterschaft in Estland auf.“

Die kontinentalen Meisterschaften werden Anfang August in Pärnu ausgetragen. „Das Revier kennen wir noch nicht, aber wir sind bereit“, sagte Eckert. „Travemünde war eine gute Vorbereitung mit zwei Tagen Champagnersegeln bei gutem Wind und guter Welle. Danach waren die Bedingungen etwas schwieriger. Aber die Wettfahrtleitung und die Helfer haben auf dem Wasser und an Land alles gut gemanagt.“

Sieger Stalheim freute sich naturgemäß über den Sieg: „Es waren gestern und heute wirklich sehr enge Rennen, mit vielen Wechseln während der Wettfahrten. Am Ende entscheidet immer die Konstanz. Man muss um jeden Punkt kämpfen. Das hat sich heute gezeigt.“ Die Europameisterschaft hat der ehemalige Laser-Segler nicht im Kalender: „Leider nicht. Ich fahre zur den Olympischen Spielen, betreue dort unsere schwedische Ilca-Seglerin. Aber ich werde die Euro natürlich aus der Ferne beobachten.“

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Auf Rang drei des Grand Prix von Travemünde landete eine weitere schwedische Crew um den Steuermann Jan Secher. Bestes deutsches Team war auf Rang vier die Mannschaft um den Hamburger Christoph Toepfer.

RS Aero German Open

Die German Open der RS Aero konnte die Ukrainerin Sofiia Naumenko für sich entscheiden. An allen drei großen deutschen Segelwochen hat sie 2024 teilgenommen. Bei der Kieler Woche und der Warnemünder Woche startete sie in der Klasse Ilca 6, in Travemünde nun im RS Aero. „Ich wollte einmal etwas Neues probieren. Deshalb habe ich mich entschieden, neben Ilca 6 auch RS Aero zu segeln. Zu Beginn war der Umstieg in das deutlich leichtere und instabilere Boot nicht so einfach. Aber ich lerne immer mehr dazu“, berichtete Naumenko, die auch von ihrer besonderen Situation erzählte.

Nach Beginn des Angriffskrieges in ihrer ukrainischen Heimat war Naumenko zunächst mit ihrem Van in Europa unterwegs und ist von einer Segelregatta zur nächsten gefahren. Gewohnt hat sie zu der Zeit im Wagen, das Training absolvierte sie fernab der Heimat. Mittlerweile haben sie und auch ihre Familie in Kroatien ein neues Zuhause gefunden. Während der Segelsaison ist sie weiterhin durchgehend mit ihrem Van auf Tour. Hin und wieder kehrt sie inzwischen kurz in die Heimat zurück, zum Beispiel zu nationalen Segelmeisterschaften. Die Seglerin stammt aus der ukrainischen Stadt Dnipro, gelegen am gleichnamigen Fluss, auf dem Naumenko früher gesegelt ist. Der Ort ist einer der ganz wenigen im zentralen Gebiet der Ukraine, in dem Segeln auch jetzt möglich ist. Allerdings wird das Training dort von ständigem Luftalarm unterbrochen.

Auf Platz zwei der inoffiziellen deutschen Meisterschaft der jungen Klasse folgte im respektvollen Abstand Juliane Barthel (Osnabrück), die Marcus Walther (Darmstadt) deutlich im Heckwasser lassen konnte.

Dyas

Einen Sieger mit einer ganz besonderen Beziehung zu Travemünde gab es bei den Dyas. Vor zwei Jahren machte Arndt Fingerhut vom Edersee seiner Freundin auf der Trave einen Heiratsantrag, inzwischen sind die beiden verheiratet. Und mit der Segelnummer seines Hochzeitstages (GER 1432 für den 1.4.2023) segelte er mit seinem Vorschoter Andreas Malcher nun zum Erfolg. „Es war wie immer sehr schön zur Travemünder Woche. Das Abgleiten der Wellen macht mit der Dyas einfach riesig Spaß. Das Boot ist perfekt zu handeln. Wir haben Wind und Welle in diesen Tagen genossen. Auch den Ballermann-Wind am Montag konnten wir gut leiden“, sagte Fingerhut.

Etwas enttäuscht war der Sieger über die kleine Flotte seiner Klasse vor Travemünde. Aber die Qualität der Flotte sei gut gewesen, und mit dem Wechsel der Bahnen und den unterschiedlichen Windbedingungen war für jeden etwas dabei. Auf den weiteren Podiumsplätzen landeten Andreas und Alexander Romanowsky (Herrsching) und Alexander Wobetzky/Heiko Erdmann (Berlin).

Finn-Dinghy

Einen überlegenen Sieg, allerdings mit einem Schönheitsfehler, fuhr der Schweriner André Budzien ein. Der dreimalige Weltmeister in der OK-Jolle zeigte seine Qualitäten diesmal im Finn-Dinghy. „Ich segle beide Klassen gern. In diesem Jahr ist der Fokus mehr auf dem Finn, weil ich beim Gold Cup in Aarhus an den Start gehen will“, so Budzien. Bei der WM der Ex-Olympiaklasse strebt er einen Medaillengewinn an. „Master-Weltmeister war ich schon dreimal im Finn. Und seit dem Wegfall des Olympiastatus müssen wir auch in der offenen Klasse nicht mehr gegen die Profis antreten.“

Die Travemünder Woche war eine gute Gold-Cup-Vorbereitung. Mit fünf Siegen in den acht Wettfahrten lief die gut. Die Frühstart-Disqualifikation in der dritten Wettfahrt konnte er schließlich streichen. „Das passiert, wenn man aggressiv startet. Das war für mich nicht das erste Mal. Deshalb kann ich damit umgehen. Und wenn man gewinnen will, muss man was riskieren.“

Sein offensiver Stil wurde schließlich belohnt. Er holte sich das Travemünder-Woche-Gold vor dem Niederländer Bas de Waal und Fabian Lemmel aus Berlin.

Nach diesen Entscheidungen sind andere Klassen in die Travemünder Woche eingestiegen. Wind aus West sorgte am fünften Regattatag der Travemünder Woche für eine angenehme Brise auf den Bahnen. Mit pendelnder Richtung vor der mecklenburgischen Küste und unter der Steilküste von Brodten war von den Crews aber taktische Raffinesse gefordert, um sauber über den Kurs zu kommen. Obwohl gerade die riesige Opti-Flotte nur schwer zu bändigen war, gelangen schließlich für alle sechs Klassen jeweils drei Wettfahrten.

IC Canoe WM

Gerade für die IC Canoe waren die Bedingungen auf der Bahn unter der Steilküste nicht einfach. Die kippeligen Skiffs reagieren besonders sensibel auf die Winddreher. Um nach dem schwierigen Start in die WM einen kompletten Tag in die Bücher zu kommen, gingen die Skiffs früh am Morgen auf die Bahn, starteten um 9.30 Uhr in ihr erstes Rennen. Drei Wettfahrten gelangen für die WM-Wertung. In denen zeigten einmal mehr die Briten, warum sie zu den Top-Seglern dieser Klasse gehören.

Glen Truswell segelte die Serie 2, 1, 1, festigte damit seine Spitzenposition. Allerdings ist im WM-Rennen noch keine Vorentscheidung gefallen. Denn sein ärgster Verfolger, der US-Amerikaner Michael Costello, bleibt ihm mit einem Sieg und zwei zweiten Plätzen auf den Fersen. Dahinter lauern zwei weitere Briten auf ihre Chance. Mike Fenwick und Dan Skinner haben sich vor dem besten Deutschen, Ole Junge aus Preetz, positioniert.

Heute haben die IC Canoe einen WM-Ruhetag. Für die besten Segler ruht das Geschehen indes nicht. Für sie geht es um die New York Canoe Club Challenge Trophy. Die zweitälteste Trophäe der Segelwelt ist ein Nationen-Wettstreit. Die Briten treten als Verteidiger des Cups gegen die Deutschen an. Jeweils drei Segler gehen an den Start. Nur der Sieger holt einen Punkt für sein Land. Und mit dem zweiten Punktgewinn ist die Vergabe der Trophäe entschieden.

Taifun German Open

Neben den IC Canoe traten auch die Taifun-Segler auf der Bahn Golf an. Hier legte Claudius Junge aus Preetz eine makellose Serie an diesem Tag hin. Mit drei Siegen in Folge machte er den Sprung an Felix Mosebach (Neuruppin) und Johannes Meyer (Bremen) vorbei auf Rang eins der German-Open-Wertung.

Flying Junior WM

In der zweiten WM-Klasse der Travemünder Woche setzte sich die führende Mannschaft selbst unter Druck. Hylke Sasse/Doete Vogelaar aus den Niederlanden starteten mit einer Frühstart-Disqualifikation in den Tag. Damit dürfen sie sich in den beiden kommenden Tagen keinen Patzer mehr erlauben. Und die Drucksituation wirkte sich auch in den beiden folgenden Rennen aus. Zweimal passierten sie die Ziellinie nur auf Rang drei. Die Chance zum Aufholen nutzten Martijn und Anna Aarts. Sie sind nun auf drei Punkte an die Führenden herangerückt. Weitere zwei Zähler zurück ist das deutsche Team Matthias Riffeler/Justus Rüthing.

Javelin Euro Cup

Gar zum Führungswechsel kam es beim Euro Cup der Javelin. Christian Wirts/Thorsten Fischer (Hannover) nutzten die kleine Schwäche von Eddy und Neil Reid (Großbritannien) aus und zogen mit der Serie 1, 2, 2 auf Rang eins in der Gesamtwertung. Mit Jens und Robin Schlittenhard (Steinhude) hat ein weiteres deutsches Team einen Podiumsplatz inne. Und die Top-Drei haben sich inzwischen deutlich von den Verfolgern abgesetzt.

Kielzugvogel

Für die Kielzugvogel-Klasse begann am Mittwoch die Travemünder Woche. Und Wolfgang Emrich/Klaus Ebbinghaus starteten fulminant. Drei Starts, drei Siege – so lautete die Bilanz des ersten Tages für das Team vom Wörthsee.

Opti IDJM

Bei den jüngsten Seglern in der Optimisten-Klasse verfestigt sich das Bild an der Spitze der Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft – und dort setzt sich vor dem abschließenden Tag der Vorrunde eine Ukrainerin fest. Olha Lubianska erwischte in den pendelnden Winden eine perfekte Serie. Mit drei Siegen übernahm sie die deutliche Spitze vor dem Hamburger Lasse Kliewe und Paul Fiete Hickstein vom Dümmer. Nach drei weiteren Wettfahrten am Donnerstag wird die Flotte von 240 Startern in die Gold-, Silber- und Bronze-Gruppe aufgeteilt. Nur die Top-80 nach dem morgigen Tag segeln dann um den Titel.

Mit dem Donnerstag nimmt die Travemünder Woche für die zweite Hälfte der Regattawoche noch einmal kräftig Fahrt auf. Fünf weitere Klassen auf den Jollenbahnen starten in ihre Regatten, und mit dem Start zur Regatta Rund Fehmarn gehen die Yachten ab 18 Uhr auf die lange Tour durch die Nacht.

Volksbank Rotspon Cup

Der Mittwoch der Travemünder Woche ist nicht nur der Mittelpunkt der Regattawoche, sondern er bietet traditionell auch einen gesellschaftlichen und seglerischen Höhepunkt. Beim Volksbank Rotspon Cup tritt Lübecks Bürgermeister gegen einen Politkollegen an. In der 19. Auflage des Events übernahm jedoch Stadtpräsident Henning Schumann anstelle von Jan Lindenau das Ruder. Lübecks Verwaltungschef musste aus gesundheitlichen Gründen pausieren, hatte aber einen würdigen Vertreter: Souverän segelte er zu einem 2:0-Sieg gegen den Herausforderer, MV-Wirtschaftsminister Reinhard Meyer.

Für das Matchrace im Modus „best of three“ standen wie in den vergangenen Jahren die beiden historischen Zwölfer-Yachten „Sphinx“ und „Trivia“ bereit. Sie sind wie geschaffen für den Showdown zwischen den Politikern und bilden daher seit Jahren die Yachten für den Volksbank Rotspon Cup.

Einen Sieg, ein Unentschieden und zwei Niederlagen verbuchte Lindenau bislang beim Volksbank Rotspon Cup. In der Gesamtbilanz des traditionellen Bürgermeisterrennens standen bisher insgesamt zehn Siege der Gäste, ein Unentschieden und sieben Lübecker Siege. Der passionierte Segler Henning Schumann setzte am Ruder der „Sphinx“ alles daran, der Liste einen weiteren Sieg hinzuzufügen, und war erfolgreich. Taktische Unterstützung hatte er durch Lutz Kleinfeldt, Vorsitzender des Lübecker YC. Auch Christian Mehrens, Vorstand der Volksbank Lübeck, war an Bord mit dabei.

Auf der Gegneryacht hatte sich Reinhard Meyer durch die frühere 470er-Seglerin Birte Winkel verstärkt. Die ehemalige Schwerinerin war 2021 nur knapp an der Olympia-Qualifikation gescheitert, lebt und arbeitet inzwischen in Lübeck.

Der erste Startschuss zum Segel-Duell fiel bei idealen Bedingungen mit einer Brise aus West-Nord-West mit leichter Verspätung, weil die Berufsschifffahrt noch durchfahren musste. Dann schob sich die „Sphinx“ knapp vor der „Trivia“ über die Startlinie und gab die Führung bis zum Ziel nicht mehr ab. Auch das zweite Rennen konnte die „Sphinx“ nach einem engen Start der beiden Kontrahenten souverän gewinnen. Offensichtlich haben sich die Segelkenntnisse des Stadtpräsidenten durchaus bezahlt gemacht.

Der unterlegene Reinhard Meyer war ein fairer Verlierer, gratulierte sofort Henning Schumann zum klaren Sieg. Für ihn war der Auftritt trotz der Niederlage eine wahre Freude: „Ich freue mich, eingeladen worden zu sein. Als Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein ist mir das nicht gelungen, ich musste offenbar erst Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern werden.“ Er sieht die Travemünder Woche, aber auch den Tag der Deutschen Einheit, der in diesem Jahr in Schwerin gefeiert wird, als gute Werbeplattformen für den Norden: „Unser Motto ist: Gemeinsam Segel setzen. Veranstaltungen wie die Travemünder Woche sind eminent wichtig, um den Norden in das Schaufenster zu stellen.“

Henning Schumann bekannte nach dem Erfolg, dass eine gewisse Last von ihm abgefallen sei: „Der Druck war schon da. Aber meine Crew hat hervorragend gearbeitet, wir haben gleich zu einer guten Verbindung gefunden. Jochen Frank ist ein hervorragender Skipper, an Bord gab es eine klare Kommandosprache.“ Als entscheidenden Faktor im Rennen sah er die guten Starts an: „Von da an konnten wir das Geschehen kontrollieren. Die Crew hat mir wirklich Glück gebracht. Es war ein tolles Rennen.“



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