TransquadraSieger mit “extra-planetarem Routing”, GER-Boote im Ziel

Tatjana Pokorny

 · 16.02.2025

Freude bei Cord Hall (r.) und Rasmus Töpsch nach dem Zieldurchgang.
Foto: F. Van Malleghem Photographe/Transquadra Madere Martinique
Beim Ü40-Rennen Transquadra sind die wichtigsten Entscheidungen gefallen. Der erfahrene Einhandsegler Alexandre Ozon überstrahlte mit seiner Leistung alle. Die beiden deutschen Doublehand-Crews auf “Sharifa” und “Momo” legten gute Premierenleistungen hin, auch wenn eine der beiden Crews in der zweiten Halbzeit mit viel Bruch zu kämpfen hatte.

Nach etwas mehr als zwei Wochen auf See haben Rasmus Töpsch und Cord Hall am Wochenende ihr erstes Transatlantikrennen gemeistert. 14 Tage, 2 Stunden, 13 Minuten und 34 Sekunden haben sie für 2871,1 Seemeilen über Grund für die zweite Etappe von Madeira nach Le Marin auf Martinique mit der JPK 10.10 “Sharifa” gebraucht.

Transquadra: beide GER-Boote an einem Tag im Ziel

Knappe vier Stunden nach der Zweihand-Crew vom Yacht Club Strande kamen die Brüder Benjamin und Christoph Morgen mit ihrer JPK 10.30 “Momo” (Norddeutscher Regatta Verein) ins Ziel. Sie hatten unter anderem mit einem gebrochenem Spibaum zu kämpfen. Außerdem war ein Stück aus dem Mastfuß rausgebrochen, die Baumschiene rausgeflogen und eine Relingstütze weggerissen.

“Die erste Woche war Rennsegeln, die zweite reparieren”, riefen sie schon von Bord, als Cord Hall und Rasmus Töpsch am späten Samstagabend ihre Leinen am Dock von Le Marin annahmen. Benjamin Morgen hielt im Zielhafen der Transquadra-Premiere für die beiden Brüder in einem Boot fest: “Das Rennen hatte für uns zwei Gesichter. Die erste Woche war sehr schön: gutes Racing! Die zweite Woche bestand aus vielen Reparaturen. Wir haben dann einfach versucht, sicher hier anzukommen.”

Bruder Christoph fügte hinzu: “Wir waren ein bisschen überrascht von den heftigen Squalls, die wir erlebt haben. Das haben wir so tatsächlich nicht erwartet.” Die Brüder hatten sich auf “Momo” mit Böenspitzen von fast 50 Knoten auseinanderzusetzen.

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Mit gebrochenem Spibaum ins Transquadra-Ziel

“Anfangs haben wir ein bisschen zu hart gepusht”, erzählt Christoph Morgen im ersten Interview an Land, “dann mussten wir ein bisschen verlangsamen.” Unter anderem sind beide Endbeschläge des Spibaumes gebrochen. Lachen konnten die Brüder trotzdem noch. Die “schlechtesten Momente” habe ihnen bei allen Brüchen trotzdem die Verpflegungslage beschert.

“Das Essen war scheusslich, das Segeln großartig”, fasste Benjamin Morgen das Erlebte heiter zusammen. Alles in allem sei die zweite Etappe eine sehr viel angenehmere Erfahrung gewesen als die erste von La Turballe nach Madeira im vergangenen Sommer, bei der auf “Momo” der Autopilot ausgefallen war und die Crew zur Dauerhandsteuerung gezwungen hatte.

Nach gesegelter Zeit belegten die beiden deutschen Boote auf der doppelt so langen zweiten Etappe in der Zweihand-Performance-Wertung die Plätze sieben und acht. Berechnet ging es für “Sharifa” sogar noch aufwärts bis auf Platz fünf. Für “Momo blieb es auch berechnet der achte Platz in der von JPKs dominierten größten Doublehand-Performance-Division.

Der Transquadra-Überflieger: Alex Ozon

Erstes Boot im Ziel dieser Gruppe war die JPK 10.30 “Ose” von Eric Guigne und Tangi Caron aus Frankreich, die das Ziel bereits nach 13 Tagen, 15 Stunden, 35 Minuten und 42 Sekunden erreicht hatte. Den berechneten Etappensieg aber holten sich ihre Landsmänner Emeric de Vigan und Bernard Mallaret auf der nur gut zwei Stunden später ins Ziel gekommenen JPK 10.10 “Nabla 2”. Platz drei erkämpfte mit der Crew auf “Transformation Catalysts” eine weitere JPK 10.10.

Überflieger im Ü40-Transat für ambitionierte Amateur-Crews war in der Solo-Wertung Alexandre Ozon auf seiner für dieses Rennen seit mehr als einem Jahrzehnt optimierten Bepox 950 “Team 2 Choc”. Bei einer gesegelten Zeit von nur 12 Tagen, 18 Stunden, 39 Minuten und 6 Sekunden war Ozon fast einen Tag schneller als die besten Zweihand-Crews.

“Sharifa”-Skipper Rasmus Töpsch bescheinigte dem französischen Solo-Sieger ein “extra-planetares Routing”. Dazu sagte Töpsch aber auch: “Ohne Alex’ Leistung auch nur im geringsten schmälern zu wollen: Unterschätzt mal nicht ‘das Holzschiff’… Der Kutter wird seit über zehn Jahren für genau und ausschließlich dieses Rennen optimiert.”

Etappe zwei: zwei Wochen Downwind-Surfen

Eine ausführliche Bilanz ihrer Transat-Premiere hatten Rasmus Töpsch und Cord Hall schon einige Tage vor dem Zieldurchgang bei YACHT online hier gezogen. Direkt nach dem Zieldurchgang am Samstagabend sagte Rasmus Töpsch im Zielhafen Le Marin: “Es war eine großartige Erfahrung! Zwei Wochen Downwind-Surfen. Zwölf Tage ‘Kite up’.”

Die letzten paar Tage war es ein bisschen windig…” Rasmus Töpsch

Cord Hall freute sich auch über den spannenden Sport auf dem Wasser: “Wir hatten viele sehr, sehr enge Kämpfe. Wir hatten kein so enges Rennen erwartet. In der Zweihand-Klasse lagen am Ende vielleicht 80 Seemeilen zwischen den ersten zehn Booten. Das war wirklich intensiv. Du hattest keine Zeit, mal etwas langsamer zu segeln oder dich zu entspannen. Das war ein bisschen härter als erwartet.”

Die letzten drei Tage sind wir mehr oder weniger im Folkeboot-Stil mit ausgebaumter Hansa-Fock und vollem Groß da irgendwie mit 170 Grad TWA die Welle runtergefahren.” Cord Hall

Andererseits sei es gewesen, “wofür wir gekommen sind”, sagte Rasmus Töpsch im Ziel lächelnd. “Wir sind überrascht darüber, dass wir die Geschwindigkeit über einen so langen Zeitraum so gut halten konnten. Es ist das längste Rennen, das wir beide je zusammen bestritten haben. Es ist das erste Mal, dass wir den Atlantischen Ozean überquert haben. Wir sind mehr als zufrieden mit unserer Leistung und unserem Ergebnis.”

Mit Herrmann-Hörbüchern über den Atlantik

Ob Segler mit eigener Transatlantik-Erfahrung mehr Verständnis für eine Leistung wie die von Vendée-Globe-Solisten aufbringen? Rasmus Töpsch denkt nicht lange nach, sagt: “Definitiv! Von der Grundvorstellung her würde ich Einhandpläne jetzt schon einmal gründlich revidieren, auch wenn JPKs sehr gut dafür geeignet sind.”

Weiter sagte Rasmus Töpsch: “Wenn man sich überlegt, dass ein Chalie Dalin in 64 oder eine Violette Dorange in 90 Tagen mit doch etwas mehr Dynamik als auf einer JPK 10.10 um die Welt gesegelt sind und sich das schmutzig geben mit Coffee-Grinder-Auseinanderschrauben und mehr – das hebt das Ganze nochmal auf eine ganz andere Stufe.”

Die Gedanken von Rasmus Töpsch dazu: “Ich glaube, Nichtsegler können das nicht einmal im Ansatz nachvollziehen. Und ich glaube, selbst Segler können kaum nachvollziehen, was das bedeutet, wenn man nicht so etwas Ähnliches mal gemacht hat.” Während Rasmus Töpsch und Cord Hall diese erste Atlantik-Erfahrung sammelten, hat sich Rasmus Töpsch auch von Boris Herrmann inspirieren lassen – es gab die Hörbücher des sechsmaligen Weltumseglers auf die Ohren.

Ganz schön viel Wasser, der Atlantik!” Rasmus Töpsch

Den Atlantik haben die norddeutschen Segler bei ihrer ersten Transquadra als mächtig empfunden, wie Rasmus Töpsch beschreibt: “Nach einer Woche denkst du dir: Puh, das ist ja immer noch eine ganz schöne Ecke. Aber insgesamt ist es gerade mal ein Zehntel von so einer Vendée Globe. Und dann nochmal 60 Tage so ein Futter?”

Cord Hall erklärt, dass es auch einen Unterschied zwischen küstennäheren Langstrecken und einem Transat gäbe: “Das ist ein mentales Ding. Bei einem 500-Meilen-Rennen bist du mehr oder weniger in Landnähe. Hier nach einem Tag außerhalb der Heli-Reichweite. Bei dem einen bist du innerhalb einer gut organisierten Rettungskette, bei dem anderen… Hier ist halt nichts egal.”

Zu den gesegelten und berechneten Ergebnissen aller Teilnehmer für beide Transquadra-Etappen geht es hier. Eine Gesamtwertung für dieses Rennen gibt es aufgrund der zwei unterschiedlichen ersten Etapppen – eine führt von La Turballe, die andere von Marseille nach Madeira – nicht.

Das Transquadra-Konzept kommt gut an

Das Fazit fällt nach der kürzeren ersten Etappe von Turballe nach Madeira im vergangenen Jahr und der nun geschafften zweiten Etappe positiv aus. Die Zweiteilung des Rennens mit der langen Pause von einem halben Jahr zwischen den Etappen kam auch bei der Crew aus Strande gut an. “Das macht aus zwei Gründen viel Sinn”, erklärte Rasmus Töpsch.

“Für Novizen wie uns”, so Töpsch, “ist es ein anderes Spiel, ob du den Atlantik in einem 14-tägigen statt einem fast drei Woche währenden Lauf überquerst, bei dem du irgendwo in der Bretagne startest. Da kommst du leicht auf 20 Tage. Und das ist dann noch einmal ein ganz anderes Spiel. Auch für unsere Familien und unser soziales Leben ist es so viel machbarer, wenn die Regatta in zwei Abschnitte geteilt wird.”

Cord Hall, der mit Rasmus Töpsch und dem Team von Yacht Club Strande das deutsche Zweihand-Rennen Baltic 500 ersonnen hat und jedes Jahr ausrichtet, sieht es genau so: “In zwei Etappen geteilt, macht es die Regatta viel einfacher, Job, Familienleben und Segeln zu balancieren. Obwohl die Logistik mit dem Zwischenstopp auf Madeira etwas komplizierter ist. Aber es war ein wunderbarer Zwischenstopp, den wir sehr genossen haben. Dorthin kehren wir auch ohne Boot wieder zurück, nur für Ferien.”

Hier geht es zum Interview mit Rasmus Töpsch und Cord Hall, das die Veranstalter direkt nach dem Zieldurchgang geführt hatten:

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