Transat Jacques VabreRodeo zur See – Burke und Fink bewähren sich zum Auftakt

Tatjana Pokorny

 · 29.10.2023

Class-40-Powerplay zum Transat-Start
Foto: Jean-Marie Liot/Alea

Das 16. Transat Jacques Vabre läuft. Zum Auftakt gab es Wow-Bilder, die mehr an ein Rodeo zur See als an einen Regattastart erinnerten. Während die fünf Ultim-Giganten mit kleiner Besegelung immer noch vergleichsweise elegant und kontrolliert davonflogen, buckelten die Ocean Fifties in 25 Knoten Wind brutal über die Startpiste. Es folgten Class-40-Szenen, wie man sie selten gesehen hat …

Weiß schäumende See, rasende Yachten mit langen Gischtschweifen, buckelnde Boote und dennoch aggressiv vorpreschende Rennfavoriten: Die drei Starts zum 16. Transat Jacques Vabre mit insgesamt 55 Booten waren am Sonntag in vielerlei Hinsicht sehenswert. Während der halb bedeckte Himmel für faszinierende Lichtverhältnisse sorgte, starteten 110 Segler und Seglerinnen am Sonntag ins 16. Transat Jacques Vabre Normandie Le Havre. Alle drei Starts brachten das erwartete Spektakel in der Baie de Seine.

Um Punkt 13.05 Uhr starteten die fünf Ultims als Erste. Schon bald erreichten sie Geschwindigkeiten von 30 bis 33 Knoten und zeigten unter mehr oder weniger reduzierten Segeln bei zwei oder drei Reffs das imposante Geschwindigkeitspotenzial ihrer 32 Meter langen Riesen-Foiler. François Gabart und Tom Laperche auf “SVR Lazartigue” führten die Flotte nach dreieinhalb Stunden vor Armel Le Cléac’h und Sébastien Josse auf “Banque Populaire XI” an. Bei den Ultims wirkte das Powerplay im Starkwind weitgehend kontrolliert.

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Wir werden die Balance zwischen Geschwindigkeit und Sicherheit finden müssen” (Charles Caudrelier)

Charles Caudrelier, Skipper der zunächst drittplatzierten “Edmond de Rothschild”, hatte kurz vor dem Start gesagt: “Wir erwarten Winde aus Süd-Südwest um 25 Knoten. Das ist eine gute Nachricht, denn hier in Le Havre wird der Seegang für den Start annehmbar sein. Wir werden noch etwas geschützt sein, doch das wird nicht lange anhalten. Sobald wir zum Alderney Rock an der Spitze der Cherbourg-Halbinsel kommen, wird es rau. Wir erwarten in den ersten Tagen viel Wind. Vor allem aber werden die Bedingungen sehr unbeständig sein. Die erste Nacht wird rau mit schwerer See für den Kanal sind vier bis fünf Meter hohe Wellen mit Sturmböen vorhergesagt. Wir werden die Balance zwischen Geschwindigkeit und Sicherheit finden müssen.”

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Imocas bleiben im Hafen, Ocean Fifties buckeln über die Startpiste

Den Ultim-Gigantinnen folgten die sechs Ocean Fifties, mit deren Crews man beim Zuschauen mitlitt, so sehr bockten die Boote mit ihren leuchtend orangefarbigen Sturmfocks über die Wellen. Dabei wurden sie immer wieder von heftigen Sturmböen auf die Seite gedrückt. Auch sind die Crews in keiner anderen Klasse den Elementen so offen ausgesetzt wie auf diesen Mehrrumpf-Racern.

Dass die Transat-Fotografen trotz der Starkwinde die Szenen aus offenen Helikoptern einfingen, war ähnlich beeindruckend wie das Handling der meisten Duos auf See. Luke Berry und Antoine Joubert führten das Ocean-Fifty-Sextett auf “Le rire médicin – Lamotte” nach gut drei Stunden vor Pierre Quiroga und Ronan Treussard auf “Viablis Océans” an.

300-Seemeilen-Sturmsprint für Ocean Fifties und Class 40 gestartet

Während die Imocas nach ihrer Startabsage für diesen Sonntag im Hafen bleiben mussten und am Abend bei einem Briefing weitere Informationen zu ihren Startaussichten erwarten, näherte sich nach den Ocean Fifties das Class-40-Feld der Startlinie. Für beide Klassen steht “nur” ein 300-Seemeilen-Sprint nach Lorient auf dem Plan, wo sich Crews und Boote vor den nahenden schweren Atlantiktiefs schützen sollen, bis der Neustart erfolgen kann.

Der Class-40-Start schuf am Sonntagmittag noch einmal ganz andere Bilderwelten. Die Einrumpfboote rasten unter gerefften Großsegeln und Sturmfocks durchs Startgebiet wie eine Meute losgelassener Jagdhunde. Wie schwierig das Handling für Segler und Seglerinnen dabei war, zeigten zwei Kollisionen und mehrere Tonnenberührungen beim Passieren der ersten Marke am Kap de la Hève. Zu bereinigen waren die mit einem Strafkringel unter schwierigsten Bedingungen.

Class 40: Tonnenberührungen und zwei Kollisionen

Das Class-40-Feld hatte als einzige Klasse den Küstenkurs und diese Marke zu passieren. Offensichtlich hungrig und recht forsch unterwegs, erreichten Ambrogio Beccaria und Nicolas Andrieu auf “Alla Grande Pirelli” die Tonne als Erste, touchierten sie aber und mussten zur Wiedergutmachung kringeln – keine leichte Aufgabe angesichts des dicht gedrängten Feldes und der druckvollen Winde.

Schlimmer erwischte es Bertrand Guillonneau und Kito De Pavant auf “Movember”, die bei einer Kollision mit der offenbar nicht oder nur wenig beschädigten “Curium” einen gebrochenen Baum und einen Riss im Großsegel davontrug. Die Crew kehrte umgehend in den Hafen zurück. Die zweite Kollision ereignete sich zwischen “Seafrigo-Sogestran” und “Café Joyeux”, die ebenfalls in den Hafen zurückkehrten, um das Ausmaß ihrer Schäden zu untersuchen. Die “Café Joyeux”-Co-Skipper Nicolas D’Estais und Léo Debisse kündigten einen Protest gegen die Kollisionsgegner an.

Guter Auftakt für die Jungprofis Burke und Fink

Die jungen “Sign for Com”-Co-Skipper Lennart Burke, 25, und Melwin Fink, 21, wussten die harschen Winde zum Auftakt gut zu parieren. Zwar waren die deutschen Segler bei der Live-Übertragung kaum einmal zu sehen, doch zeigte der erst mit einiger Verspätung gestartete Tracker später, dass Burke und Fink als Sechste um die erste Marke gingen. Etwas später fielen sie bis auf Platz 24 zurück, bevor sie sich wieder auf Platz 20 vorarbeiteten. Bei knapp drei Seemeilen Rückstand blieben sie bei Einbruch der Dunkelheit auf Tuchfühlung mit den Spitzenreitern und waren mit gutem Speed um zwölf Knoten unterwegs.

An der Spitze tobte schon in dieser Anfangsphase der Kampf der Class-40-Favoriten: Die Führung hatten Ambrogio Beccaria und Nicolas Andrieu auf “Alla Grande Pirelli” trotz ihres Patzers vor Ian Lipinski und Antoine Carpentier auf “Crédit Mutuel” und Alberto Bona mit Pablo Santurde Del Arco auf “Ibsa” übernommen. Allen gestarteten Crews steht eine schwere erste Nacht bevor. Mit Ruhepausen vom Powerplay ist in dieser ersten Woche – egal, wo sich die Klassen gerade befinden – kaum mehr zu rechnen.

Sehenswert! Die Starts zum 16. Transat Jacques Vabre in der Wiederholung:

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