Andreas Fritsch
· 16.11.2021
Bei den Imocas wird das Rennen immer enger, "Linked Out" hat die Führung übernommen. Bei den Ultims setzt sich "Edmond de Rothschild" nach den Doldrums ab
Das Transatlantik-Rennen bleibt auch eine Woche nach dem eher flauen Start packend und die Felder dicht beisammen. Bei den Open 60 konnten Charlie Dalin und Paul Meilhat mit ihrer "Apivia" die Führung mit dem westlichsten Kurs im Feld nicht halten und mussten "Linked Out" von Thomas Ruyant und Morgan Lagravière passieren lassen. Deren östlichere Route bescherte ihnen mehr Wind und weniger Halsen als "Apivia". Knapp 25 Meilen beträgt dessen Rückstand nun, keine zwei Meilen dahinter lauern aber auch schon Jérémie Beyou und Christopher Pratt mit ihrer "Charal". Und Beyou dürfte nach seiner völlig verkorksten Vendée Globe (Re-Start nach technischen Problemen) und dem riesigen Flauten-Pech beim letzten Transat, wo er scheinbar sicher in Führung liegend noch verlor, wahrlich hungrig auf einen Sieg sein.
Mit etwas Abstand folgen dahinter Sam Davies und Nicolas Lunven auf "Initiatives Coeur" als ältester Open 60 der Spitzengruppe; deren Boot ist nun immerhin schon elf Jahre alt. Die Pace, mit der Davies den neuen Konstruktionen folgt, ist bemerkenswert. Man darf wirklich gespannt sein, wenn sie demnächst ihren brandneuen Foiler bekommt und dann erstmals mit Material auf Augenhöhe der Top-Teams unterwegs sein dürfte. Direkt auf den Fersen ist das neueste Boot im Feld, Charlie Enrights kürzlich fertig gewordene "11th Hour Racing Malama", das er mit Pascal Bidégorry segelt.
Man darf gespannt sein, wie leistungsfähig dieser erste Open 60 ist, der ausdrücklich für den Start beim Ocean Race mit Crew gebaut wurde. Konstrukteur Guillaume Verdier hatte kurz vor dem Start erzählt, dass die Philosophie des Bootes eine völlig andere als bei den Open 60 sei, weil eine gute Allround-Performance auch am und bei wenig Wind viel wichtiger sei für ein solches Boot als bei den Teilnehmern der Vendée, die oft auf VMG-Downwind-Kurse optimiert sind.
Die ersten sechs Boote segeln in einem Abstand von knapp 90 Meilen, was bei den modernen Foilern läppische fünf bis sechs Stunden Differenz bedeutet. Allerdings nur bei Wind. Und der ist gerade launisch. So wie es aussieht, fährt das Feld, gerade die Kapverden passierend, erneut in flauere Winde, die dann mehr oder weniger direkt in die Doldrums übergehen. Noch nie segelten die Open 60 bei einem Transat wohl eine Route so dicht unter der afrikanischen Küste, die wegen der Wegmarke weit im Süden bei der Insel Fernando de Noronha nicht auf einem direkten Kurs gen Karibik geht – für viele Crews Neuland, was das Rennen zusätzlich spannend macht.
Rückblick auf die erste Woche des Rennens
Etwas berechenbarer geht es bei den Ultims zu. Top-Favorit "Edmond de Rothschild" von Charles Caudrelier und Franck Cammas konnten ihre Führung, die bei ihrer Doldrums-Passage zusammengeschmolzen war, wieder auf 280 Meilen ausbauen – der vielzitierte Gummiband-Effekt. Doch Zweiter ist nun "Banque Populaire XI" von Vendée-Gewinner Armel le Cléac'h und Kevin Escoffier, die François Gabarts "SVR Lazartique" nach größerem Rückstand zu Beginn überholen konnten. Le Cléac'h und Escoffier hatten kurz nach dem Start mit mehreren kleinen technischen Problemen zu kämpfen. Doch als sie sich als einziger Tri entschieden, Madeira westlich zu passieren, konnten sie ordentlich Meilen gut machen. Die beiden Boote sind brandneu und müssen ihren Speed erst so richtig finden, sind dafür aber schon erstaunlich dicht am Boot des Gitana-Teams an der Spitze dran.
Wieder im Rennen ist nach einem kurzen Reparatur-Stopp bei Madeira auch wieder Thomas Covilles "Sodebo Ultim 3". Der Tri hatte Treibgut gerammt, und das Team musste bei einem Stopp sichern, dass das Schwert nicht den Rumpf beschädigen kann, was schneller als gedacht funktionierte. Nun ist er mit Co-Skipper Yves Le Blevec wieder im Rennen und hat einen Rückstand von rund 880 Meilen zur Spitze. Nicht ganz klar ist, wie leistungsfähig der Tri noch mit dem gehandicapten Foil ist, aber Coville scheint entschlossen, das Rennen beenden zu wollen.
Bei den Class 40 ist es den Favoriten um die neuere Scow-Bug-Generation mittlerweile gelungen, sich vom Hauptfeld ein wenig abzusetzen. Doch die ersten zehn Boote segeln innerhalb von nur 120 Meilen, sind also alle noch im Rennen um den Sieg dabei. "Redmen" von Antoine Carpentier und Pablo Santurde del Arco führen vor "Banque du Léman" von Valentin Gautier und Simon Koster.
Und das Feld segelt in flaue Winde bei den Kapverden, welche die letzte Wendemarke sind, bevor der Westkurs in Richtung Karibik angelegt werden kann. Das Verfolgerfeld hat dagegen noch länger guten Wind, könnte also die Lücke zu den Führenden auch wieder zufahren. Beeindruckend ist, wie schnell die letzte Generation der Class 40 ist, segeln die Top-Boote doch fast gleichauf mit den älteren Open 60.