Hartes Los für die Class-40-Co-Favoriten Ian Lipinski und Antoine Carpentier. Der Mast ihrer “Crédit Mutuel” brach bei der Sprint-Etappe von Le Havre nach Lorient in der Nacht zum 30. Oktober um 1.21 Uhr. Die Segler vermeldeten umgehend, dass sie “okay” sind und Cherbourg anlaufen werden. Für das Duo sind mit dem Riggverlust große Hoffnungen geplatzt. Ian Lipinski zählt wie Ambrogio Beccaria, Ocean-Race-Seglerin Amélie Grassi, Axel Tréhin, Nicolas d’Estais oder auch Stan Thuret zu jenen ehrgeizigen und erfolgreichen Skippern, die aus dem Mini-Circuit in die Class 40 aufgerückt sind.
Von der vermutlichen Kollision mit einem “Ufo” (engl.: Unknown Floating Object) berichteten William Mathelin-Moreaux und Pietro Luciani auf “Dékuple”. Das Duo ist mit strukturellen Problemen nach Cherbourg umgeleitet worden. Die beiden Segler sind nach ihrem guten Start in das Rennen sehr enttäuscht und streben dem Reparaturhafen unter schwierigen Bedingungen entgegen. Weitere Nachrichten zum Zustand des Bootes soll es geben, wenn die entsprechenden Untersuchungen stattgefunden haben.
Außerdem haben Jean-Marie Hervé und Jean-Yves Aglaé an Bord auf “Martinique Tchalian” zu kämpfen. Die Franzosen haben der Wettfahrtleitung mitgeteilt, dass sie ein Problem mit ihrem Steuerbord-Ruder haben. Sie werden nach Guernsey ausweichen, um dort Schutz zu suchen und zu reparieren.
Unverdrossen dynamisch sind Lennart Burke, 25, und Melwin Fink, 21, auf “Sign for Com” unterwegs. Nach gutem Start in den harschen Bedingungen waren die Neu-Hamburger am Sonntag zunächst bis auf Platz 24 zurückgefallen, haben sich aber inzwischen in die Top 20 zurückgekämpft. Am Montagvormittag lag das junge deutsche Team Next Generation Sailing gegen 11 Uhr auf Platz 19, segelte Lorient mit rund zehn Knoten Speed auf der “Außenbahn” des Feldes entgegen.
Lennart Burke hatte am späten Abend von See vermeldet: “Es läuft! Es macht richtig Spaß. Wir ringen hier mit einigen anderen Seglern und freuen uns, uns immer weiter nach vorne zu kämpfen.” An der Spitze machen die Favoriten Ambrogio Beccaria und Nicolas Andrieu auf “Alla Grande Pirelli” Tempo. Verfolgt wurden sie am Montagmorgen von Matthieu Perraut und Kévin Bloch auf “Inter Invest” und Xavier Macaire und Pierre Lebouchier auf “Groupe SNF”. Die Top Drei trennten auf Kurs Lorient sechs Seemeilen.
Die Wettfahrtleitung rechnete am Montag gegen Mitternacht mit dem Eintreffen der schnellsten Class-40-Yachten in Lorient. Zuvor werden dort bereits in Kürze die sechs Ocean Fifties eintreffen. Das kleine Feld der wagemutigen Mehrrumpf-Duos führten auf dem Weg ins Ziel Thibault Voucher-Camus und Quentin Vlamynck auf “Solidaires Peloton” vor Luke Berry und Antoine Joubert auf “Le rire médicin – Lamotte” an.
Während beide Klassen die nahenden schweren Tiefdruckgebiete in Lorient bis zu ihrem zeitlich noch nicht festgelegten Neustart abwarten sollen, liefern sich die fünf Ultim-Giganten packende Kämpfe auf See. Sie sind die einzige Klasse, die ohne Unterbrechung auf direktem Kurs nach Martinique segelt. Spitzenreiterin war am Morgen nach dem Start “Banque Populaire XI” mit Armel Le Cléac’h und Sébastien Josse vor Charles Caudrelier und Erwan Ïsrael auf “Edmond de Rothschild”.
Es ist wie in den Bergen: Wenn die Gefahr von Lawinen besteht, gehst du nicht rauf” (Yannick Bestaven)
Für die 40 Imocas in Lorient indessen heißt es: weiter warten! Nach jüngsten Einschätzungen wird ihr Start ins Transat Jacques Vabre nicht vor dem kommenden Wochenende erfolgen. Schlimmer noch: Die Tiefdrucklage hält nach jüngsten Prognosen möglicherweise auch dann noch weiter an. Die schwierigen Entscheidungen der Wettfahrtleitung zum Procedere mit den Imocas bleiben abzuwarten.
Wie Boris Herrmann kommentierte auch Vendée-Globe-Gewinner Yannick Bestaven (”Maitre CoQ V”) die Entscheidung zum Abwarten der Imoca-Klasse mit einem lachenden und einem weinenden Auge: “Sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Allerdings war es auch ein bisschen schwierig für uns, denn wir hatten uns auf den Start konzentriert und uns mental gut vorbereitet. Wir wissen, dass unser Boot bei rauen Bedingungen recht gut funktioniert. Aber es ist ein bisschen wie in den Bergen. Wenn die Gefahr von Lawinen besteht, geht man nicht rauf. Auf dem Meer ist es dasselbe, wenn eine solche Tiefdrucklage herrscht. Also ist es eine weise Entscheidung.”
Für die Biskaya werden zur Wochenmitte orkanartige Winde von 80 Knoten und mehr sowie zehn Meter hohe Wellen erwartet. Selbst, wenn die Aussicht auf weitere bedrohliche Atlantik-Tiefs nicht wäre: Der Wellengang in der Biskaya wird für eine ganze Weile brutal bleiben. Die Rennleitung des 16. Transat Jacques Vabre hat mit der Fortsetzung des Rennens für die Class 40 und die Ocean Fifties sowie den Start für die Imocas anhaltend komplexe Aufgaben zu lösen.
In Le Havre herrschte am Tag nach dem Start der anderen drei Klassen rege Aktivität in der Imoca-Familie. Die Teams halfen sich gegenseitig dabei, ihre Boote zu verlegen. Zum einen, weil mehrere, eigens zum Transat-Start ausgelegte Pontons bereits wieder abgebaut werden. Zum anderen, weil die Imocas möglichst gut geschützt vor den nahenden Stürmen liegen sollen.
Die gute Kameradschaft war am Montag überall im Bassin Paul Vatine zu spüren. Weil die Startverschiebung für die Imocas “Last minute” gekommen war, hatten viele Teams die Mehrheit ihrer Mitarbeiter bereits entlassen. Nun bringen die Rennställe ihre Boote teamübergreifend in Sicherheit, bevor der Sturm auch in Le Havre einfällt.