Transat Jacques VabreBoris Herrmann: “Hätte gerne den Härtetest mit Will gemacht”

Tatjana Pokorny

 · 29.10.2023

Düstere Aussichten: Erstmals gibt es in der 30-jährigen Geschichte des Transat Jacques Vabre drei unterschiedliche Startlösungen für vier Klassen
Foto: Ricardo Pinto/Team Malizia
Der Sonntagsstart ins 16. Transat Jacques Vabre ist teilweise verschoben. Starke Winde und drohende Biskaya-Stürme haben die TJV-Renndirektion zu ungewöhnlichen Maßnahmen bewogen. Für die vier teilnehmenden Bootsklassen gibt es unterschiedliche Entscheidungen. Boris Herrmann kommentiert die Imoca-Verschiebung mit einem lachenden und einem weinenden Auge

Eine solche Startentscheidung hat es in der 30-jährigen Geschichte des Transat Jacques Vabre noch nicht gegeben: Vier Klassen, drei unterschiedliche Lösungen! So hat es die Rennleitung des Transat-Klassikers am Sonntagmorgen entschieden. Während die Klassen Ocean Fifty und Class 40 am Sonntagmittag in einen Sprint nach Lorient entsandt werden und die Sturmlage dort aussitzen sollen, werden die Ultim-Giganten pünktlich ins Rennen von Le Havre nach Martinique entsandt.

Es nützt uns auch nichts, wenn wir da als Heroen durchsegeln und die Hälfte der Flotte abbricht” (Boris Herrmann)

Die Imocas aber bleiben im Bassin Paul Vatine in Le Havre. Wann ihr Start in den Transatlantik-Klassiker möglich sein wird, will die Rennleitung zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben. Segler und Experten gehen aufgrund der Sturmlage davon aus, dass die Wartezeit mehrere Tage bis zu einer Woche betragen kann.

Boris Herrmann sagte am Sonntagmorgen zur Startverschiebung für die Imocas: “Eine Entscheidung für die Sicherheit kann man nie kritisieren. Insofern: gute Entscheidung.” Der 42-jährige Hamburger wäre aber bereit gewesen: “Ich hätte gerne mit Will zusammen diesen Härtetest gemacht. Unsere Sturmfock ist fertig angeschlagen. Wir sind bereit. Unser Boot ist getestet und wahrscheinlich das stabilste Schiff der Flotte. Da sind wir etwas wehmütig. Aber natürlich nützt es uns auch nichts, wenn wir da als Heroen durchsegeln und die Hälfte der Flotte abbricht. Dann gerät unser Sport in Verruf, und das wäre nicht gut.”

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Auch A Coruña wäre als Nothafen nicht mehr sicher gewesen

Ursprünglich gab es seitens der Wettfahrtleitung und der Segler die Hoffnung, Kap Finisterre bis Donnerstagmittag und vor dem schlimmsten Wetter passieren zu können. “Das war das Timing, das mussten wir schaffen. Da kam es auf wenige Stunden an. Dann hätten wir es gerade so vor diesem großen Sturm geschafft. Natürlich wohl wissend, dass die langsameren Imocas ohne Foils bei hohem Reaching-Anteil auf diesem Abschnitt vermutlich deutlich zurückgelegen hätten und in diesen fetten Sturm geraten wären”, erklärt Boris Herrmann.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Bei dem starken Seegang, so die nachvollziehbare Argumentation der Wettfahrtleitung, wäre auch A Coruña als Nothafen nicht mehr sicher gewesen. “Es sind 40 Boote, und es ist im Zweifel die richtige Entscheidung, sie dort nicht rauszuschicken”, so Boris Herrmann. Auch der Kieler “Nexans – Art & Fenêtres”-Co-Skipper Andreas Baden beurteilt die Entscheidung als vernünftig. Warum nicht auch sie in den Sprint nach Lorient geschickt werden? “Für die Imocas wäre in Lorient nicht auch noch Platz gewesen. Man hat schon beim Défi Azimut gesehen, wie voll es werden kann. Also werden wir in Le Havre bleiben.”

Ein Teil der Imoca-Flotte muss sich noch über die Rückregatta ‘Retour à la Base’ für die Vendée Globe qualifizieren. Da wäre es schon sehr unglücklich, wenn sich bereits auf dem Hinweg die Hälfte der Flotte binnen der ersten drei Tage zerlegt hätte” (Andreas Baden)

Diese Zwangsverlängerung des Aufenthalts in Le Havre könnte länger dauern. “Wenn man sich das Wetter ansieht, können es einige Tage werden”, so Andreas Baden. Auch weist er auf ein weiteres Problem hin, das bei den Entscheidungen der Wettfahrtleitung und den Überlegungen in der Imoca-Klasse eine Rolle gespielt hat: “Ein Teil der Imoca-Flotte muss sich noch über die Rückregatta ‘Retour à la Base’ für die Vendée Globe qualifizieren. Da wäre es schon sehr unglücklich, wenn sich bereits auf dem Hinweg die Hälfte der Flotte binnen der ersten drei Tage zerlegt.”

Gefordert sind aber heute Lennart Burke und Melwin Fink auf ihrer Class 40 “Sign for Com”. Das Class-40-Feld wird wie die Ocean Fiftys einen Sprint nach Lorient absolvieren, der Teil des nun zweiteiligen Rennens ist. In Lorient werden beide Klassen dann die stürmischen Tage aussitzen. Dort darf repariert und auch Material an Bord gebracht werden, sollte es auf dem Weg von Le Havre nach Lorient Bruch geben.

Es wird einen schönen Sprint nach Lorient geben” (Melwin Fink)

Melwin Fink kommentierte die Entscheidung mit gemischten Gefühlen: “Das mit dem Zwischenstopp ist für die Moral ein bisschen blöd. Wir wären jetzt schon gern nonstop in die Karibik gesegelt. Aber es ist natürlich eine sehr vernünftige Entscheidung, und wir sind auch ein bisschen froh darüber, weil das Wetter Mitte der Woche ganz schön heftig aussieht für die Biskaya. Da will man nicht unbedingt drin sein. Es ist also eine gute Entscheidung. Wir sind recht happy damit, auch wenn wir mit so etwas nicht gerechnet haben.”

Sportlich haben Melwin Fink und Lennart Burke auf die Neuordnung des Rennens reagiert. Melwin Fink erklärt: “Wir haben unsere Pläne etwas geändert, das Boot wieder ausgeräumt. Was nicht an Bord sein muss, das ist jetzt raus. Dann kann es losgehen! Es wird einen schönen Sprint nach Lorient geben.”

Meistgelesen in der Rubrik Regatta