Transat Café L’OrVier Klassen, vier Welten – Clapcich und Harris vorne

Tatjana Pokorny

 · 31.10.2025

Spektakulär schönes Naturschauspiel für Sam Davies und Violette Dorange auf "Initiatives Cœur".
Foto: Team Initiatives Cœur
Jede der vier Klassen im Transat Café L’Or hat ihre eigenen Herausforderungen: Die einen haben zu viel Wind, die anderen zu wenig. So manch eine Zweihand-Crew hat technische Probleme zu lösen oder gar das Aus zu verkraften. Sanni Beucke setzt das Rennen mit gerissenem Band und Orthese fort. “11th Hour Racing”-Skipperin Francesca Clapcich freute sich beim Morgen-Espresso über die neugewonnene Führung.

Während die Class40-Zweihand-Crews ihren Zwischenstopp in Galizien für Reperaturen und Ruhe nutzen, kämpften ihre letzten vier Duos am Freitagmorgen immer noch ums Ankommen in La Coruña. Denn dort fällt am Samstagmittag schon der Startschuss zur “zweiten Etappe”. Diese Zweiteilung des Nonstop-Rennens hatte die Wettfahrtleitung für die kleinsten Einrumpfboote im Transat Café L’Or schon vor dem Startschuss am vergangenen Wochenende in Le Havre mit Blick auf die stürmische Lage aus Sicherheitsgründen vorgegeben.

Transat Café L’Or: Beucke macht mit Orthese weiter

Nun rüsten sich die Class40-Akteure für ihren Neustart. Unter ihnen ist auch Sanni Beucke. Die Olympia-Zweite von 2021 bestreitet das Rennen mit der Französin Sasha Lanièce auf “Alderan”. Sie war am 27. Oktober an Bord ausgerutscht und hatte sich am linken Knie verletzt. Das Ergebnis der MRT-Untersuchung: ein hinteres Kreuzband ist gerissen. Auf der Kehrseite gab es die Information, dass ein Crew-Wechsel in dem ursprünglich nonstop geplanten Rennen nicht möglich ist.

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Der YACHT sagte Sanni Beucke am Freitagmittag: “Nach langem Überlegen und Hin und Her habe ich mich jetzt entschieden – weil ich mich sehr, sehr stabil und sehr gut fühle und keine Schmerzen habe – mit einer Orthese zu segeln. Die bekomme ich jetzt gerade. Eine Orthese, die einfach diese Bewegungen, die das Band nicht mehr kann, weil es nicht da ist, auffängt.”

Das Schöne ist, dass das Band von alleine wieder heilt und keine Operation nötig ist. Damit riskiere ich jetzt eigentlich gerade nichts. Wir starten!” Susann Beucke

​Während die Class40-Aktiven ihre letzten Tapas genießen, könnten noch drei Boote zum Start der zweiten Etappe, die am Samstag um 13 Uhr deutscher Zeit beginnt, in La Coruña einlaufen. „Die Brüder Courbon sind noch etwa 30 Stunden von La Coruña entfernt und könnten einen langsamen Start hinlegen. Die anderen werden voraussichtlich mitten in der Nacht eintreffen, den Zustand ihrer Boote beurteilen und über den Neustart entscheiden. Für sie ist der Wind zwar noch stark, aber beherrschbar“, hatte Renndirektor Francis Le Goff am Freitagmorgen erklärt.

Vierter Ausfall im Transat Café L’Or

Schon am Vorabend hatte Le Goff die Aufgabe von Randolphe Sepho und Jean-Pierre Coutayar auf “Rêve de Large 5” notieren müssen. Das Duo hatte sein Aus in Lorient verkündet. Nach den drei gekenterten Ocean-Fifties markierte diese insgesamt vierte Aufgabe im Transat Café L’Or die erste in der Class40. Damit sind insgesamt noch 70 Boote mit 140 Seglerinnen und Segler aktiv bei dieser 17. Auflage des Atlantikrennens von Frankreich nach Martinique.

Zu wenig Wind gab es zuletzt für die Imocas, die am Freitagmorgen noch im schwachen Windrücken der Kanarischen Inseln feststeckten. Das führt zu einer Neuorientierung in der Flotte und einigen Unsicherheiten. Ein Hochdruckrücken, den die Teams nicht wirklich loswurden, trieb die Boote nach Osten, was zu entsprechend “seltsamen” Bildern im Tracking führte: Zeitweise sah es so aus, als würden die Imocas fast entgegengesatzt zu ihrem Ziel segeln.

Die Wetterlage war an diesem Halloween-Tag – durch die Imoca-Brille betrachtet – alles andere als ideal. Die Crews auf den großen Einrumpfbooten im Transat Café L’Or taten sich schwer mit der Entscheidung, wo sie umlegen sollen und können, um auf der anderen Seite dieses Hindernisses den Nordostwind zu finden.

Clapcich/Harris stark in allen Windbedingungen

In diesem Nervenpoker zeigte zunächst das “11th Hour Racing”-Duo die besten Nerven. Nach einer bislang schon erfolgreichen ersten Rennwoche ernteten die italienisch-amerikanische Skipperin Francesca Clapcich und ihr britischer Co-Skipper Will Harris die Früchte ihrer vielen gesegelten Meilen. Dabei sind ihnen vielleicht auch die im Ocean Race Europe gesammelten Erfahrungen im Umgang mit den leichten Mittelweerwinden zugute kommen.

Will Harris hat mit der Ex-„Malizia– Seaexplorer“ bereits Zehntausende von Seemeilen zurückgelegt. Francesca Clapcich bestreitet ihr erstes Transat als Skipperin auf der von Boris Herrmann übernommenen Imoca. Für die in Triest geborene Ocean-Race-Siegerin war es am frühen Freitagmorgen eine angenehme Überraschung, als die Sonne aufging, sie ihren Espresso genoss und “11th Hour Racing” Platz eins im Imoca-Klassement des Transat Café L’Or übernommen hatte.

​Francesca Clapcich sagte: “Wir hatten bisher eine wirklich gute Woche, und ich muss Will ein großes Lob aussprechen, der sich so intensiv vorbereitet hat. Wir sind unserer Strategie treu geblieben, und das zahlt sich aus. Wir haben aber gesehen, wie schnell die Boote wieder zusammenkommen können. Wir haben neun Boote innerhalb von 30 Seemeilen, und vorher hatten wir (Red.: mit den führenden fünf Booten) 100 Seemeilen Vorsprung. Ich denke, das wird ein Neustart bei den Kanarischen Inseln.”

Transat Café L’Or: die Top-Imocas sind vorne

Kurz fand “Frankie” auch Zeit, ihr Umfeld auf dem Atlantik zu genießen, erzählte: “Es ​ist ein wunderschöner Sonnenaufgang. Er ist wirklich etwas Besonderes und einer der Gründe, warum wir diesen Sport betreiben. Die Sonne geht gerade auf, wir nähern uns den Inseln. Wir haben sechs Knoten Wind und ruhiges Wasser, also nicht viel Wind. Wir kommen langsam voran und müssen natürlich diesen großen Rücken durchqueren, was nicht so einfach ist. Danach wird es auch nicht leicht sein, in gute Passatwinde zu gelangen.”

Ich denke, die Strategie ist für die nächsten 48 Stunden sehr wichtig, und dann sehen wir weiter.” Francesca Clapcich

Die dichtesten Verfolger von “11th Hour Racing” waren zuletzt “Charal” mit Jérémie Beyou und Morgan Lagravière, die Vendée-Globe-Dominatorin “Macif Santé Prévoayance” mit Sam Goodchild und Loïs Berrehar, “Team Snef – Teamwork” mit Justine Mettraux und Xavier Macaire und “Allagrande Mapei” mit Ambrogio Beccaria und Thomas Ruyant.

​Auf die Frage, ob ihre Imoca in Topform sei, sagte Francesca Clapcich: „Ich klopfe auf Holz. Wir hatten nicht viele Probleme. Nach 36 Stunden haben wir das Boot gründlich überprüft, um sicherzugehen, dass wir keine Schäden übersehen haben. Das Boot ist in einem wirklich guten Zustand. Das technische Team ist einfach unglaublich. Sie haben hervorragend gearbeitet, um das Boot nach dem Ocean Race Europe wieder startklar zu machen. Zu sehen, dass das Boot so zuverlässig ist, ist enorm wichtig. Es gab hier und da Kleinigkeiten, die wir aber in fünf Minuten erledigt haben.”

Delfine, herrliche Sonnenuntergänge und Sternenhimmel

​Begleitet wird diese spannende, aber eher ruhige Phase von Naturerlebnissen auf dem Atlantik. Sam Davies, die mit Vendée-Globe-Star Violette Dorange auf “Inititatives Cœur” zuletzt auf Platz sieben lag, sagte: „Der leichte Wind ist zwar ärgerlich, aber man kann an Deck gehen und die Aussicht genießen. Wir werden von Delfinen, einem herrlichen Sonnenuntergang und einem Sternenhimmel begleitet. Einfach magisch!”

Ganz ähnliche Begegnungen genoss der Kieler Andreas Baden, der mit Fabrice Amedeo auf “FDJ United – Wewise” an 14. Position lag. Baden schickte die Bilder dazu von Bord. Während dieser “Atempause” versuchten alle Imoca-Duos, ihre Platzierungen zu halten. Zeitgleich waren die Ultim-Gigantinnen naturgemäß schon viel weiter nach Süden vorgestoßen.

Sie hatten einen scharfen Kurswechsel nach Westen vollzogen, passierten am Freitagmittag die Kapverden und steuern bereits die Kalmenzone an. Die Ocean Fifties, für die das Archipel ein wichtiger Bestandteil ihres Kurses ist, werden vorassichtlich am Freitagabend keine andere Wahl haben, als die Kapverden östlich zu passieren. Sie müssen die Windschatten, die sich über 150 Meilen nach Süden erstrecken können, genau im Auge behalten, bevor auch sie Kurs auf den karibischen Zielhafen Fort-de-France nehmen.

Ungewöhnlicher “Afrika-Kurs” bei den Ultims

Bei den voranpreschenden Ultims hielten Tom Laperche und Franck Cammas zuletzt mit “SVR Lazartigue” einen Vorsprung von mehr als 40 Seemeilen auf “Sodebo Ultim 3” mit Thomas Coville und Benjamin Schwartz. Anthony Marchand und Julien Villon folgten mit “Actual Ultim 3” bei 80 Seemeilen Rückstand. Boden gutgemacht haben nach ihrem Pitstop Armel Le Cléac’h und Sébastien Josse. “Banque Populaire XI” hat ihren Rückstand auf 238 Seemeilen reduziert. Hier geht es zum Tracking für alle vier Klassen im Transat Café L’Or.

​„Im Grunde ist unsere Route recht klassisch. Ungewöhnlich ist nur, dass wir so nah an Afrika herangefahren sind, um Wind zu finden“, fasste Franck Cammas die zurückliegende Passage zusammen. Der Franzose freute sich auch über „das hohe Niveau des Wettbewerbs zwischen den Booten, die sich alle deutlich verbessert haben”.

RÜCKBLICK! Hier geht es zu einer Zusammenfassung vom Auftakt im Transat Café L’or:

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