12 Tage, 1 Stunde, 32 Minuten und 46 Sekunden währte die Gala von Francesca Clapcich und Will Harris im Transat Café L’Or. Dann hatten die Italo-Amerikanerin und der Brite Platz zwei erobert. Nur Jérémie Beyous “Charal” war besser. Mit diesem ersten Zweihand-Transat auf der Ex-”Malizia – Seaexplorer” von Boris Herrmann hat Frankie Clapcich das zweite Leben der “11th Hour Racing” auffallend stark eingeläutet. Die Ocean-Race-Siegerin von 2023 hat Schritt eins ihrer ersten Vendée-Globe-Kampagne an der Seite ihres britischen Co-Skippers glänzend gemeistert.
Im Klassiker von Le Havre in Frankreich nach Fort-de-France auf Martinique war die in Triest geborene aber inzwischen in den USA eingebürgerte und mit ihrer Familie in Park City in Utah lebende Francesca Clapcich die erste amerikanische Teilnehmerin. Zudem holte sie mit Will Harris das beste Transat-Ergebnis einer Skipperin der Imoca-Klasse seit Dame Ellen MacArthur, die 2005 ebenfalls Zweite wurde. Auch markiert das Transat-Silber das beste Imoca-Ergebnis für ein nicht-französisches Team seit 14 Jahren.
Francesca Clapcich verneigte sich im Zielhafen Fort-de-France vor der berühmten Vorgängerin, sagte: “Ich bin mit Ellen als meiner Heldin aufgewachsen. Dass mein Name nun ein bisschen näher an ihrem ist, ist eine Ehre, von der ich nie zu träumen gewagt hätte. Sie hat der Welt gezeigt, was nicht nur für Frauen in diesem Sport, sondern für alle Segler möglich ist. Ich segle nie wirklich, um Rekorde zu brechen oder die Erste zu sein, die etwas schafft, aber wenn es passiert, ist es ziemlich cool. Ich hoffe, dass dies auch anderen Menschen die Türen öffnet, um das Gleiche zu versuchen.“
Francesca Clapcich, deren Kampagne 11th Hour Racing auch von Boris Herrmanns Team Malizia mitbetreut wird, widmete den Erfolg der Mannschaft: “Es ist ein Ergebnis fürs ganze Team. Wir waren nur zu zweit an Bord, aber ohne die Unterstützung unseres gesamten Teams hätten wir das nicht geschafft.” Warum sich die 37 Jahre alte athletische Segel-Allrounderin mit olympischem Hintergrund und großen Zielen in der Imoca-Klasse für “Malizia – Seaexplorer” als erstes Boot ihrer neuen Kampagne entschieden und nach dem Ocean Race Europe gerade erst übernommen hatte, erklärte sie schon im Sommer hier im Exklusiv-Interview mit der YACHT.
Ihr Blick zurück aufs erste Imoca-Zweihandrennen als Skipperin fiel nach dem Erfolg im Transat Café L’Or interessant aus. So berichtete Francesca Clapcich von viel “Handarbeit” an Bord: “Die letzten zwölf Tage waren unglaublich intensiv. Wir haben viel Zeit mit Handsteuern verbracht und nur sehr wenig geschlafen. Das ist das Coole daran: ständig zu pushen und gepusht zu werden und sich zurückkämpfen zu müssen. Das ist eine ziemlich coole Art zu segeln.“
Lange waren Clapcich und Harris im Transat Café L’Or an dritter Position unterwegs, jagten die souverän führende “Charal mit Jérémie Beyou und Morgan Lagravière und auch die vor ihnen liegende Vendée-Globe-Siegerin “Macif Santé Prévoyance” mit Sam Goodchild und Loïs Berrehar. Während Clapcich und Harris an die souverän gesegelte “Charal” nicht herankamen, gelang es ihnen aber, die vor ihnen liegenden französischen Vorstartfavoriten noch einzufangen.
Clapcich und Harris lagen durchweg unter den ersten Vier und führten die 18 Boote starke Flotte auf ihrem Weg zu den Kanarischen Inseln an. Nachdem sie den Archipel zu ihrer Rechten hinter sich gelassen hatten, nach Westen abbogen und die Passatwinde erreichten, verloren sie die Führung, kämpften jedoch hart, um mit “Charal” und den späteren Drittplatzierten auf “Macif Santé Prévoyance” mitzuhalten. 400 Seemeilen vor dem Ziel rückten sie auf den zweiten Platz vor.
Das Duo Clapcich/Harris absolvierte 5.503,49 Seemeilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,01 Knoten. Dazu sagte Boris Herrmanns Langzeit-Co-Skipper Will Harris: „Wir sind mit dem Ziel ins Rennen gegangen, unter den Besten zu sein. Am Ende sind wir Zweite geworden – das ist definitiv unter den Besten! Wir sind auch mit dem Ziel in diese Transatlantikregatta gestartet, unser eigenes Rennen zu segeln, unser eigenes Ding zu machen und unsere eigene Strategie zu verfolgen.”
Das, so Harris, sei phasenweise stark fordernd gewesen. Der Brite hielt fest: “Im Ärmelkanal war es sehr anstrengend, aber wir waren sehr zufrieden damit, wie wir mit den Bedingungen umgegangen sind.” Das Transat Café L’Or markierte bereits das dritte gemeinsame Rennen von Francesca Clapcich und Will Harris, die zuvor im Course des Caps und im Ocean Race Europe in einem Boot agierten, das zu dem Zeitpunkt noch unter Malizia-Teamdach segelte, bevor es vom Team 11th Hour Racing übernommen wurde.
Über ihren Co-Skipper Will Harris hatte Francesca Clapcich nur Gutes zu berichten: “Will ist einer der besten und komplettesten Segler, mit denen ich je gesegelt bin – von der Leistung des Bootes über die Navigation bis hin zur Strategie. Viele der guten Entscheidungen, die wir auf der Regattastrecke getroffen haben, waren auf die Arbeit und die Vorbereitung zurückzuführen, die Will im Vorfeld des Starts investiert hat. Es war eine großartige Erfahrung, mit ihm zu segeln.“
Will Harris seinerseits hat den Einsatz im Duo mit Francesca Clapcich ebenso genossen und sagte: „Es war mir eine Freude, die gesamte Regatta mit Frankie zu segeln. Dies ist eines meiner drei besten Ergebnisse überhaupt! Wir haben das Boot immer bis an seine Grenzen gebracht und so hart wie möglich gearbeitet –aber mit einem Lächeln im Gesicht. Und als Italienerin hat sie immer dafür gesorgt, dass wir guten Kaffee an Bord hatten! Sie hat großes Potenzial für die Zukunft ihres Vendée-Globe-Projekts, und ich bin froh, ein Teil davon gewesen zu sein.“
Freude herrschte auch bei Francesca Clapcichs Partnern auf Kurs Vendée Globe. Jeremy Pochman, CEO und Mitbegründer des Titelsponsors 11th Hour Racing, sagte: „Dass Francesca in ihrem ersten Rennen als Imoca-Skipperin einen Podiumsplatz erreicht hat, spricht Bände über ihre Konzentration, ihre Belastbarkeit und ihre Führungsqualitäten auf dem Wasser. Die Leistung, die sie und Will während dieses Transatlantikrennens gezeigt haben, spiegelt den Teamgeist und die Zielstrebigkeit wider, die 11th Hour Racing auszeichnen.”
Wir haben immer an Francesca und das unglaubliche Potenzial geglaubt, das sie in dieses Team einbringt. Dieses Ergebnis ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass sich dieser Glaube bewahrheitet hat.“ Jeremy Pochman
Francesca Clapcich wird in den kommenden drei Jahren bis zur Vendée Globe 2028/2029 an der Imoca Globe Series teilnehmen und sowohl Solo- und Shorthanded- als auch Mannschaftsrennen bestreiten, um Punkte für die Qualifikation für das legendäre Solo um die Welt zu sammeln. Sobald Boris Herrmanns neue Imoca im Sommer 2026 zu Wasser, wird dann auch der Vorbesitzer ihres Bootes zu den Gegnern auf dem Wasser zählen.
Während die Ultim, Ocean-Fifty- und Imoca-Besten ihre Leistungen im Transat Café L’Or schon in Fort-de-France auf Guadeloupe feiern, sind weitere Imocas, vor allem aber die gesamte Class40 noch auf See. Die Vierziger hatten in stürmischen Bedingungen einen von der Wettfahrtleitung angesetzten Zwischenstopp in La Curuña eingelegt. Die führenden Boote hatten am Vormittag des 8. November noch rund 1800 Seemeilen bis ins Ziel vor sich. Dabei sorgt die Nord-Süd-Flottenteilung weiterhin für Spannung.
Noch immer segeln die Top-Acht-Boote im Norden. Erst die auf Platz neun segelnde “Seafrigo – Sogestran” mit den Klassenschwergewichten Guillaume Pirouelle und Cédric Chateau ist das führende Boot der Südgruppe. Dabei hatten Pirouelle/Chateau am Samstagvormittag aber vorerst 380 Seemeilen Rückstand auf dei Nord-Spitzenreiter Corentin Douguet und Axel Tréhin auf “SNSAM – Faites un don” angesammelt.
Für Hochspannung im Class40-Mittelfeld sorgt ein besonderes Frauen-Duell: Hier lagen zuletzt Sasha Lanièce und die mit Orthese segelnde Sanni Beucke mit “Alderan” auf Platz 21 einen Rang vor Aina Bauza Roig und Team Malizias ehemaliger Mitseglerin Axelle Pillain auf “Engie”. Dieser Zweikampf ist auch deshalb interessant, weil die “Engie”-Co-Skipperinnen des Wettbewerb Cap pour Elles gewonnen hatten und sich mit Unterstützung der Veranstalter auf das Transat Café L’Or vorbereiten konnten.
Sasha Lanièce und Sanni Beucke hatten sich ebenfalls beworben. Die Französin und die Deutsche zogen ihr Programm dann auch ohne Cap pour Elles-Rückenwind durch, werden von Alderan unterstützt und zeigen eine bislang starke kämpferische Leistung, nachdem bei Sanni Beucke auf Kurs La Coruña ein hinteres Kreuzbad gerissen war. Hier geht es zum Tracking für das Transat Café L’Or.