Würdige Sieger, glückliche Teams, ausgelassene Stimmung und viele Abschiedstränen: Das 14. Ocean Race ist am Wochenende im Zielhafen Genua mit einem großen Finalfest zu Ende gegangen. Dabei wurden alle Teams – Sieger und Besiegte – geehrt. Team Malizia stemmte die Trophäe für Platz drei in den Himmel. Boris Herrmanns beherzter Co-Skipper Will Harris, der den Hamburger auf zwei Etappen vertreten hat, wurde darüber hinaus als bester Newcomer mit dem Hans Horrevoets Rookie Award geehrt.
Vergessen waren an diesem Tag alle Dramen auf dem Wasser und an Land, die dieses jüngste Kapitel in der 50-jährigen Renngeschichte ebenso geprägt haben wie die Leidenschaft der Protagonisten für den Meeres-Marathon und ihre besten Momente.
Gefeiert wurde auch die gelungene Hochzeit von Ocean Race und Imoca-Klasse. Das Wagnis, mit nur fünf Imocas in die Zukunft durchzustarten, dürfte sich gelohnt haben. Alle Beteiligten prophezeien für das 15. The Ocean Race 2026/2027 eine deutlich steigende Teilnehmerzahl.
Das gilt auch für Imoca-Klassenpräsident Antoine Mermod, der in Genua begeistert Bilanz zog und sagte: “Ich möchte den fünf Teams, die diese Regatta absolviert haben, meine herzlichsten Glückwünsche aussprechen! Es war ein hartes Rennen für die Segler und unglaublich kompliziert und hart auch für die Landteams, die bei den sehr kurzen Zwischenstopps Tag und Nacht gearbeitet haben.”
Es war ein gutes erstes Rennen für die Imoca-Klasse im Ocean Race” (Antoine Mermod)
Weiter sagte der Franzose in Italien: “Ich möchte auch den Beitrag der Reporter an Bord würdigen, die die Geschichte auf eine Art und Weise erzählt haben, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben. Ich denke, alle, die an dieser Geschichte beteiligt waren, werden sich noch lange daran erinnern. Es war ein sehr gutes erstes Rennen für die Imocas im The Ocean Race.” Mermod sagte, das Rennen habe gezeigt, dass die von vollen Crews gesegelte Imoca-Flotte und die Weltumsegelung eine großartige Kombination seien.
Dann wurde Mermod philosophisch: “Ich bin heute überglücklich, denn wenn man etwas verändert – wenn man etwas Neues baut –, ist das immer eine Herausforderung mit vielen Unbekannten. Aber wir haben gezeigt, dass die Boote technisch gesehen auf dem richtigen Niveau sind, um dieses Rennen zu fahren. Außerdem haben wir viel darüber gelernt, wie wir sie verbessern können, aber auch über die Zuverlässigkeit, die Art und Weise, wie die Boote zu segeln sind, über die Ermüdung vieler Komponenten – das Rennen hat uns eine Menge Informationen geliefert.”
Team Malizia ließ im großen Finale mit Platz drei bei der Premiere im Ocean Race noch einmal seine Sternstunden Revue passieren: die Reparatur des Mastes im Südpolarmeer, den Sieg auf der Kap-Hoorn-Königsetappe, den Weltrekord über die 24-Stunden-Distanz (641,13 Seemeilen) und den Sieg auf Etappe sieben.
Teammanagerin Holly Cova sagte, dass Ocean Race nehme das ganze Leben in Beschlag: “Ich glaube wirklich, dass es ein erstaunliches, erstaunliches Rennen ist, das man macht. Das Rennen um die Welt geht einem unter die Haut und lässt einen nicht mehr los. Es ist wahr: Man kommt den anderen Teams so nahe und lernt viel voneinander. Man lernt auch so viel über sein Boot – man macht alles kaputt, was es kaputt zu machen gibt, und man repariert es dann schnell wieder.”
Ohne die anderen im Team kommen die Segler nicht weiter” (Holly Cova)
Laut Boris Herrmanns Teamdirektorin Holly Cova liegt das Erfolgsgeheimnis des Rennens in der Stärke eines Teams, das eng zusammenhalten muss, um alle Herausforderungen zu meistern, die das Rennen mit sich bringt. “Der Zusammenhalt im Team ist der Schlüssel, denn man muss wirklich alles geben”, erklärte sie. “Ich meine das ganze Team, jede einzelne Person, nicht nur die Segler, sondern alle – 40 Leute. Die Segler spielen natürlich eine sehr wichtige Rolle, aber ohne die anderen im Team kommen sie nicht weiter. Jeder Einzelne, vom Jüngsten bis zum Ältesten, spielt eine so wichtige Rolle.”
Paul Meilhat, Skipper des viertplatzierten Teams Biotherm, sagte, das Ocean Race sei etwas für Menschen, die sich verändern und neue Erfahrungen machen wollen. “Benjamin Dutreux, Boris Herrmann und ich haben uns immer nach Veränderungen gesehnt”, sagte er. “Wenn ich also sagen müsste, warum wir dieses Rennen gemacht haben, dann, um etwas anderes zu tun, eine Abwechslung zu dem, was wir gewohnt sind. Auch, um uns selbst zu bereichern und überall neue Dinge zu entdecken.”
Mit dem 14. The Ocean Race ist eine neue Generation Segler und Seglerinnen aufgebrochen, der wichtigsten Mannschaftsregatta um die Welt ihren Stempel aufzudrücken. Paul Meilhat sagte: “Die Organisation ist neu, das Segeln mit einer Crew ist neu für uns. Und die Reise in andere Länder ist neu. Alles ist neu – die Pro-Am-Rennen, die Hafenrennen, die Teams und die Teamstützpunkte. Das finde ich großartig. Außerdem erlebt man im Ocean Race sehr starke Emotionen – anders als bei Solorennen ist man viel stärker in den Austausch von Gefühlen eingebunden. Und man erlebt sieben Starts, sieben Zieleinläufe, sieben Hafenrennen – das ist enorm.”
Beim 11th Hour Racing Team, den Gewinnern der Jubiläumsedition des Ocean Race, hofft CEO Mark Towill, dass der Erfolg dieser Veranstaltung die Klasse ermutigen wird, ihr Angebot an Veranstaltungen mit vollen Crews zu erweitern. Mark Towill sagte: “Ich bin optimistisch oder zumindest hoffnungsvoll, dass es innerhalb der Klasse ein Programm für Solo- oder Zweihandsegler und dazu auch ein Programm für Mannschaftssegler geben wird, das es Teams, die eher angelsächsisch oder auf das Ocean Race ausgerichtet sind, ermöglicht, Events auf jährlicher Basis zu organisieren.”
Daran arbeitet die Imoca-Klasse über die bis 2025/2026 bereits festgelegten Events hinaus, versicherte Antoine Mermod gegenüber YACHT online. Spätestens das Ocean Race Europe im Jahr 2025 wird Aufschlüsse darüber geben, wie sich die Imoca-Klasse und ihre beiden Richtungen – Solosegeln und Mannschaftssegeln – in den Bereichen Events und Teilnehmerzahlen weiterentwickeln.
“Guyot”-Co-Skipper Robert Stanjek erklärte, dass mit dem zweiten Ocean Race Europe eine Regatta in Sicht sei, die vielen Teams eine vergleichsweise niedrige Einstiegshürde ins Mannschaftssegeln mit Imocas böte. Vielleicht ja auch einem eigenen, erneuten Ocean-Race-Anlauf. Darüber will das Offshore Team Germany um Teammanager Jens Kuphal nach der schweren Premiere, steiler Lernkurve und dem emotionalen Abschiedsabend nachdenken.
Mit dem Blick auf die eigene Reise bei diesem Abenteuer sagte Jens Kuphal: „Sicherlich haben wir sportlich nicht das erreicht, was wir uns vorgestellt und gewünscht haben. Aber dieses Rennen ist mit all seinen Geschichten so viel mehr als nur ein sportlicher Wettkampf auf dem Wasser. In den letzten sechs Monaten mussten wir einige Situationen und Herausforderungen meistern, aber wir sind immer wieder zurückgekommen und haben damit unsere ganz eigene Geschichte geschrieben. Auf diesem Weg sind viele neue Verbindungen und Freundschaften entstanden. Wir sind sehr stolz, ab jetzt ein Teil der The-Ocean-Race-Familie zu sein.“