Die Liste der Starboot-Weltmeister zählt zu den schillerndsten im internationalen Segelsport. Vor allem in den olympischen Zeiten des Zwei-Personen-Kielbootes tummelten sich Weltstars in dieser Klasse. Ob Willy Kuhweide, Dennis Conner, Robert Scheidt, Torben Grael, Iain Percy oder auch deutsche Weltmeister wie Alexander Hagen – sie alle verbinden Goldmedaillen bei Starboot-WMs.
Dem prominenten “Club” war Paul Cayard als Weltmeister bereits 1988 mit seinem Titel an der Seite von Steve Erickson in Buenos Aires beigetreten. Danach hortete der Amerikaner bei Starboot-Weltmeisterschaften noch sechsmal Bronze. Den jüngsten WM-Platz drei erreichte er 2022 schon mit dem am Gardasee lebenden gebürtigen Berliner Firthjof Kleen.
Der in San Francisco geborene Cayard war vor drei Jahren mit dem Deutschen angetreten, um bald vier Jahrzehnte nach seinem ersten Triumph noch einmal einen WM-Titel im Starboot zu gewinnen. Zweimal hatten Cayard und Kleen die Chance dazu, zweimal hat es nicht ganz gereicht. Jetzt ist der gemeinsame Coup geschafft. Darauf musste Paul Cayard 37 Jahre warten.
Nach sechs hart umkämpften Rennen auf dem Split-Kanal wurden Paul Cayard (USA) und Frithjof Kleen (GER) in Kroatien zu den Starboot-Weltmeistern 2025 gekürt. Den Titel sicherten sie sich erst im letzten Rennen der Meisterschaft in einem der spannendsten Finals der letzten Jahre. Dass Frithjof Kleen dabei sogar über Bord ging, geschieht in der Starbootklasse äußerst selten und ihm eigentlich gar nicht. Der ungwöhnliche Fauxpas hat aber das entschlossene amerikanisch-deutsche Duo nicht aufhalten können.
“Ich habe mich auf dem letzten Abschnitt 100 Meter vor der letzten Luvmarke mit ganzer Athletik rausgeworfen – und den Ausreitgurt verpasst. Ich hing gefühlte fünf Minuten am Backstag. Paul sagte später, es seien 15 Sekunden gewesen. Bei der Schieflage in Luv wieder ins Starboot zu kommen… Wir haben es uns nicht leicht gemacht”, berichtete Kleen.
Die unfreiwillige wie kurze Erfrischung konnte das zuvor mit zwei Tagessiegen in Folge stark gelegte WM-Fundament im riesigen Feld nicht erschüttern. Cayard und Kleen setzten sich mit 28 Punkten auf dem WM-Konto und drei Zählern Vorsprung vor Olympiasieger Mateusz Kusznierewicz mit Bruno Prada durch. Auf Platz drei segelte Diego Negri, mit dem Frithjof Kleen 2021 seinen zweiten WM-Titel im Starboot vor Kiel gewonnen hatte.
Für Aufsehen sorgten in Split die jungen deutschen U30-Segler Nick Heuwinkel und Jesper Spehr. Zeitweise mit Podiumschancen unterwegs, ersegelten sie einen herausragenden sechsten Platz, verwiesen dabei mit Robert Stanjek den Mann hinter sich, der mit Frithjof Kleen 2014 zu WM-Gold gesegelt war. Geschlagen geben mussten sich in Split auch Segelgrößen wie Enrico Chieffi (8. mit Fernando Colaninno) und Titelverteidiger John Kostecki (13. mit Austin Sperry). Platz 12 erreichten Hubert Merkelbach und Markus Koy.
Im packenden letzten WM-Rennen kannten Paul Cayard und Frithjof Kleen ihre Aufgaben ganz genau. Sie wussten, dass sie die Anzahl der Boote zwischen sich und ihren gefährlichsten Konkurrenten begrenzen mussten. Ins Ziel kommen durften sie nicht mehr als elf Plätze hinter Negri, vier hinter Doyle und sieben hinter Kusznierewicz. Negri und Lambertenghi gewannen das Rennen, gefolgt von Stipanovic/Bilic, Kusznierewicz/Prada und Chieffi/Colaninno.
Da hatten sich schon alle Augen der Flotte auf den Kampf dahinter gerichtet. Cayard und Kleen blieben cool, überquerten die Ziellinie als Siebte und sicherten sich den Titel mit dem knappen Vorsprung von drei Punkten. “Das sind ganz große Emotionen,” sagte der sichtlich bewegte Paul Cayard kurz danach auf dem Steg. Und weiter: “Wir haben es uns selbst sehr schwer gemacht. Aber wir haben in schwierigen Zeiten auch zusammengehalten.”
Es ist surreal, 37 Jahre nach meinem ersten Titel hier zu gewinnen.” Paul Cayard
In seiner langen Karriere im Segelsport, so der Steuermann, sei neben den America's Cups und den Weltumsegelungen die Star-Klasse für ihn immer die Konstante gewesen. Cayard sagte: “Es ist etwas ganz Besonderes, wieder zu gewinnen.“ Frithjof Kleen ergänzte: “Es ist etwas ganz Besonderes, dies mit Paul zu gewinnen. Diese ganze Reise hat mir so viel bedeutet. Ich möchte unserem großartigen Team, unseren Trainingspartnern, unserem Trainer und vor allem unseren Familien danken. Ich bin sehr glücklich und denke, wir sind bereit, heute Abend zu feiern!“
Am Samstagabend wurden Paul Cayard und Frithjof Kleen in Split mit dem mehr als 100 Jahre alten Starbootpokal geehrt, auf dem so viele berühmte Namen eingraviert sind. Es hätte mit dem engagierten amerikanischen Klassenpräsidenten und dem erfolgreichsten Starboot-Vorschoter aus Deutschland nach mehreren gemeinsamen Anläufen kaum ein beharrlicheres Team gewinnen können.
“Es war schwer, diesen Titel in einer Flotte von mehr als 100 Booten zu gewinnen”, sagte Frithjof Kleen am Samstagabend im Gespräch mit YACHT online. Wie schon mit Diego Negri, hatte Kleen auch mit Cayard mehrere Anläufe genommen, bevor der Gold-Coup jetzt gelang. Dreimal WM-Gold hat vor Kleen kein deutscher Segler erreicht. Und auch nicht viele internationale Starbootsegler.
Paul Cayard, so erzählt “Frida” Kleen gerührt, habe nach der Entscheidung Tränen in den Augen gehabt. Schon nach den zwei Tagessiegen habe Cayard ihm gesagt, dass das ein fast noch krasseres Erlebnis sei als seine vielen anderen Erfolge im Louis Vuitton Cup oder bei Weltumseglungen.
Das Starboot ist halt das Starboot.” Frithjof Kleen
Kleen sagte: “Paul Cayard ist ein krasser Segler mit krasser Historie. Es war mir eine Ehre bei ihm an Bord zu sein. Wenn mal zwei Stunden kein Wind ist, dann erzählt er dir die unglaublichsten Geschichten, mit wem er alles gesegelt ist. Er erzählt von Leuten wie Dennis Conner oder Tom Blackaller und anderen Koryphäen. Und er hat ja auch eine enorme Mehrfachbelastung zu tragen. Er ist Klassenpräsident. Und die Klasse ist ihm so wichtig. Dazu kommt, dass jeder was von ihm will: eine Rede, ein Interview, ein gutes Wort…”
Cayard selbst sagte gegenüber der YACHT, das zweite WM-Gold sei für ihn in den vergangenen Jahren zu “einer Mission” geworden. Der 66 Jahre alte Segelstar aus San Francisco sagte: “Ich werde älter. Ich habe dieses Jahr hart daran gearbeitet, fit zu bleiben. 2022 hatten wir in Marblehead die Chance zum Sieg, haben aber nicht gewonnen. Letztes Jahr hatten wir wieder eine gute Chance, aber wir haben es nicht geschafft. Jetzt ist es gelungen.”
Über die Zusammenarbeit mit Frithjof Kleen sagte Cayard: “Wir kennen uns seit zehn, zwölf Jahren. Er hat immer mit guten Leuten wie Scheidt und anderen gearbeitet. Es war großartig, richtig gut.” Lächelnd fügte Cayard hinzu: “Er hat den 66-Jährigen gut über den Kurs gejagt. Das hier ist der krönende Moment.” Zu den Ergebnissen geht es hier.
In der Bewertung seiner vielen Erfolge sagte Cayard: “Ich kann mich manchmal nicht zwischen dem Louis Vuitton Cup und dem Whitbread Round the World Race entscheiden. Aber ich ende immer damit, dass der Starboot-Erfolg der größte, der wertvollste ist. Und in einiger Hinsicht, ist dieser hier vielleicht noch wertvoller als der erste.”
Cayard erklärte auch, warum er das so sieht: “Beim ersten WM-Sieg war ich 28 Jahre alt. Ich war vorher dreimal in Folge Dritter. Ich war an der Reihe. Aber 37 Jahre später, 66 Jahre alt, mit ganz anderen Leuten in der Klasse, habe ich es geschafft, noch einmal zu gewinnen. Ich könnte sagen, dass dieser Sieg hier noch außergewöhnlicher ist.”
Wichtig war Cayard noch eine Verneigung in Richtung Nils Heuwinkel und Jesper Spehr. Die von der deutschen Starboot-Klasse, der Heinz Nixdorf Academy und insbesondere Arnd Glunde unterstützte Crew hat den Meister beeindruckt. Auch wies Cayard noch einmal auf den WM-Sieg von Max Kohlhoff und Ole Burzinski vor zwei Jahren hin. Cayard sagte: “Da sind großartige neue junge Leute in der Klasse. Das ist wunderbar zu sehen und toll für die Starboot-Klasse, dass sie kommen und die Fackel in die kommenden 30 Jahre tragen.”