Das Germany SailGP Team hat die dritte Regatta der Saison 2023/2024 in Saint-Tropez im Aufwärtstrend beendet. Die deutschen Neueinsteiger um Steuermann Erik Heil aus Strande belegten am Sonntag beim letzten der fünf Flottenrennen den vierten Rang. Vor den noch ausstehenden neun Regatten liegt das Germany SailGP Team der Co-Eigner Thomas Riedel und des viermaligen Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel aber immer noch auf dem zehnten und letzten Rang der Gesamtwertung, weil den Newcomern zuletzt in Los Angeles infolge einer Kollision Strafpunkte abgezogen worden waren.
Wir haben schon gute Momente” (Erik Heil)
“Wir holen auf, langsam aber sicher. Platz sieben hier in Saint-Tropez fühlt sich gut an, wir könnten nicht glücklicher sein”, sagte Heil. Auf die Frage, ob sein Team bis zum Ende seiner Premierensaison schon in der Lage sein wird, Rennen in der insgesamt mit fünf Millionen Dollar dotierten führenden Profiserie des Segelsports zu gewinnen, sagte Heil: “Wir haben schon gute Momente. Unmöglich ist es nicht.”
Triumphiert hat beim SailGP-Gipfel an der Côte d’Azur Sir Ben Ainslies britisches Team Emirates GBR vor Australien und Spanien. Der mit vier olympischen Goldmedaillen erfolgreichste Olympiasegler der Sportgeschichte aus Großbritannien hatte zuletzt vor zweieinhalb Jahren eine SailGP-Regatta gewinnen können und sagte: “Es hat lange gedauert. Nun war es einer der absoluten Klassiker gegen die Australier, die ein großartiges Meisterteam sind, das wir sehr respektieren. Dass wir sie heute überholen konnten, nehmen wir gern an.”
Beinahe hätten wir schon gefeiert. Zum Glück haben wir das nicht getan” (Tom Slingsby)
Der Sieg gelang den Briten in sehenswerter Weise. Obwohl sie die Startlinie mit perfektem Timing als Erste gekreuzt hatten, gingen die dreimaligen SailGP-Saisonsieger aus Australien als Erste um die erste Wendemarke. Oft ist das in der Profiliga der rasenden F50-Katamarane schon die halbe Miete für den Sieg. In der weiteren Folge konnten der australische Steuermann Tom Slingsby und sein Team ihre Führung gut verteidigen. “Wir haben das Finale über fünf von sechs Abschnitten angeführt. Wir sind gut gesegelt und dachten, wir hätten es. Beinahe hätten wir schon gefeiert. Zum Glück haben wir das nicht getan …”, erzählte Tom Slingsby später im Hafen.
Denn dann kamen die Briten, die beim letzten Tor erwartungsgemäß einen sogenannten Split herstellten und nicht den Australiern folgten. “Wir wussten, dass sie das tun würden. Egal, welche Marke wir wählen würden: Sie würden die andere nehmen”, sagte Tom Slingsby. Und weiter: “Wir wollten dann rüber zu ihnen, doch sie hatten 160 Grad wahren Wind, wir 110 und einen 50-Grad-Winddreher. Wir hatten keine Chance. Das ist schon ein bisschen frustrierend, aber wir sind hier Zweite und konnten unsere Negativ-Serie in Saint-Tropez damit beenden.”
Besuch bekam der SailGP am Sonntag in Saint-Tropez von Ralf Schumacher, der sich die Technologie der F50-Katamarane ansah. Erik Heil erklärte dem 48-jährigen ehemaligen Formel-1-Fahrer, wie die Hightech-Geschosse mit ihren riesigen Flügelsegeln funktionieren, die mit bis zu 100 Stundenkilometern auf Foils über das Wasser gleiten. Der SailGP wird am 23. und 24. September im italienischen Taranto fortgesetzt.
Vom SailGP in Saint-Tropez bleibt auch der dramatische Flügelbruch der Neuseeländer in Erinnerung. Dabei entgingen Steuermann Peter Burling und seine Kiwis am ersten der beiden Renntage nur knapp der Katastrophe, als Teile des Riggs an Deck aufschlugen, die Crew aber glücklicherweise knapp verfehlte. Das neuseeländische SailGP-Team hatte dennoch nach dem ersten Tag punktgleich mit den dänischen Spitzenreitern in Führung gelegen, weil sich das Unglück nach den Rennen ereignet hatte. Am Finaltag konnten die Kiwis ihren guten ersten Tag nicht nutzen, waren aufgrund des über Nacht nicht reparablen Riggs zum Zuschauen gezwungen.
Solche Dinge zu sehen ermahnt uns dazu, im Umgang mit dieser Höllenmaschine nicht zu locker zu sein” (Erik Heil)
“Das, was da passiert ist, ist wirklich bedenklich! Man konnte genau sehen, wie der Wing auseinanderbricht und ein zehn Meter langes Stück Carbon auf das Cockpit fliegt. Solche Dinge zu sehen ermahnt uns dazu, im Umgang mit dieser Höllenmaschine nicht zu locker zu sein“, sagte Erik Heil. Gleichzeitig konnte der 34-Jährige feststellen, wie er selbst beim dritten Einsatz schon sehr viel mehr auch strategisch mitdenken und agieren konnte. “Je mehr man die Abläufe verinnerlicht, je mehr Kapazitäten gewinnt man für andere Bereiche. Das ist ein guter Fortschritt”, so Heil.
Das war vor allem im fünften und letzten Rennen vor dem Finale gut zu beobachten, in dem viele Manöver gut gelangen und die Geschwindigkeit bei durchschnittlich 44,6 Stundenkilometern ebenfalls die viertschnellste des Feldes war. An der Flugzeit von 80 Prozent dagegen wird weiter gearbeitet, denn in diesem Bereich waren fünf Teams besser. In einer Mischung aus Mottensegeln, Training am Simulator und maximal vielen Einsätzen auf den F50-Katamaranen soll es weiter aufwärtsgehen.
Der Optimierung ihrer Starts räumen Erik Heil und das Team weiter etwa 50 Prozent der Trainingszeit ein. “Unsere Kommunikation ist ist schon viel besser geworden”, zog auch die deutsch-brasilianische Strategin Kahena Kunze positiv Bilanz. Die Doppel-Olympiasiegerin im 49er FX sagte: „Es ist sehr aufregend, auf dem vierten Platz zu landen.”