Tatjana Pokorny
· 03.07.2025
Für die dreimaligen Weltmeister von Harm Müller-Spreers “Platoon Aviation” hat die Rolex TP52 WM vor Cascais mit einem Schreckerlebnis begonnen. Gleich im ersten Rennen der Serie ging Vorschiffsmann Sean Doogie gegen Ende über Bord. Inzwischen ist nach ersten Untersuchungen im Krankenhaus noch am Mittwochabend klar, dass er den Unfall zumindest glimpflich überstanden hat, auch wenn weitere Untersuchungen anstehen.
”Ich muss mich wirklich am Media-Boot festhalten, um nicht über Bord zu gehen”, hatte vor dem Unglück auch Co-Kommentatorin und 470er-Weltmeisterin Luise Wanser von den spektakulären Bedingungen auf dem Wasser berichtet. Die potenten TP52-Rennmaschinen powerten in Winden bis 30 und mitunter mehr Knoten durchs WM-Revier. Auf dem letzten Downwind-Abschnitt lag “Platoon Aviation” an etwa sechster Position, als der Vorschiffmann in Winden von zwei aufeinanderfolgenden Wellen von Bord geholt wurde.
Nach zwei allgemeinen Rückrufen hatte das erste Rennen in druckvollen Bedingungen begonnen. Nach dem ersten Amwindabschnitt war “Platoon Aviation” mit Steuermann Markus Wieser, der den beruflich verhinderten Eigner Harm Müller-Spreer vertritt, und Taktiker Vasco Vascotto zunächst im Mittelfeld positioniert. Das Team legte sich ins Zeug und kämpfte. Dann kam es auf dem letzten Downwind-Abschnitt zum Unfall: Bei der ersten Halse verklemmte sich die Luv-Kite-Schot. Vorschiffsmann Sean Doogie Couvreux musste sie kappen, bevor die Vorbereitungen für eine zweite Schot zum Halsen begannen.
“Die schnellste Lösung war, die Schot am Vorliek des Kites vom Bugspriet zu greifen und die neue Schot an der abgeschnittenen Stelle zu befestigen, damit wir halsen konnten. Im Nachhinein hätte ich das mit einem Bootshaken machen sollen, aber ich war besorgt, wie lange das alles dauern würde”, schrieb Sean Dougie Couvreux später selbst in einem ausführlichen Bericht. Und weiter: “Ich schaffte es bis zum Bugspriet, holte die Schot und arbeitete mich zurück. Wie die meisten Vorschiffsleute wissen, gibt es auf dem Rückweg einen „No Man's Land“-Bereich, bevor man den Bugkorb erreichen kann. Ich griff nach dem Bugkorb, aber jetzt musste ich mich umdrehen, um wieder an Bord zu kommen.”
Dann kamen unglücklich Umstände zusammen, wie Doogie in den Sozialen Netzwerken berichtete: “Gerade als ich damit anfing, rammte der Bug eine Welle und spülte mich vom Bugspriet. Ich landete im Grunde genommen auf dem Bobstay. Michi Mueller rannte schnell nach vorne, streckte mir seine Hand entgegen, um mich zu packen und an Bord zu ziehen. In diesem Moment erwischte mich eine weitere Welle und spülte mich ins Wasser, aber meine beiden Beine hingen noch auf der anderen Seite des Bobstays.”
Es folgte ein schwerer Kampf: “Als ich mit meinen Beinen auf der anderen Seite festgeklemmt unter Wasser gedrückt wurde, wurde mir klar, dass ich in einer ziemlich schlechten Lage war.” Sean Doogie musste alle Kraft aufbringen, um sein Bein auszustrecken und sich zu befreien. Sein Bericht: “Während mir die Luft knapp wurde, bin ich gegen die Unterseite des Rumpfes geschlagen, bis ich hinten wieder auftauchte. Ich signalisierte dem Boot, dass ich bei Bewusstsein war und selber schwimmen kann. Ein Schiedsrichterboot zog mich schnell aus dem Wasser und brachte mich zurück zum Boot.”
Sean Doogie bezeichnete das Erlebnis als “eines der beängstigendsten in meiner Segelkarriere”, lobte aber auch den hochprofessionellen Umgang seines Teams und der Schiedsrichter auf dem Wasser mit der Situation. Steuermann Markus Wieser berichtete am Donnerstagmorgen: “Sean war gestern Abend zum Check im Krankenhaus und hat heute am Morgen einen weiteren Termin mit Verdacht auf Muskelriss. Das hat man im Krankenhaus zunächst nicht feststellen können, weil das Bein so geschwollen war.”
Ist Sean Doogie nicht einsatzfähig, würde Michael Müller das Vorschiff übernehmen und ein Mitglied der Shore Crew in die Mannschaft kommen. Zusätzlich zum Mann über Bord hatte die Crew auf “Platoon Aviation” mit einigen Problemen der Systeme unter Deck zu kämpfen, die zu den nächsten Rennen heute zu beheben waren. Die Bedingungen am Vortag hatte Markus Wieser als “teilweise brutal” und “An der Grenze des Machbaren” beschrieben. Heute geht es mit den WM-Rennen drei und vier weiter.
Die Führung hatte nach Tag eins zunächst die US-Yacht “Sled” von Takashi Okura mit einem Wettfahrtsieg und Rang drei übernommen. Es folgten das von Loïck Peyron geführte Team Paprec (4/1) von Jean-Luc Petithuguenins und American Magic Quantum Racing (3/2). “Platoon Aviation” (11/4) lag zunächst auf Platz sechs. Die Rolex TP52 Weltmeisterschaft wird am 3. Juli mit den Rennen drei und vier fortgesetzt.
Für Tausendsassa Loïck Peyron war es am Mittwoch der erste Rennsieg, seit der Franzose im vergangenen Jahr in die 52 Super Series eingestiegen ist. Sein Team repräsentierte zum WM-Auftakt die glückliche Seite des Feldes. „Wir waren dabei!“, sagte Peyron und strahlte, „Ich weiß nicht, was es war, vielleicht der französische Touch oder so, aber das Lustige ist, dass wir beim letzten Rennen, das wir gewonnen haben – mein erster Sieg in der 52 Super Series –, überhaupt keine Elektronik hatten, keine Zahlen, wir hatten einfach nur ein gutes Gefühl.”
Loïck Peyron sagte: “Und das ist eine wichtige Botschaft: Zu viele Daten zerstören das Gefühl. Wir hatten nur ‘Geschwindigkeit’ und ‘Kurs’. Für uns ist dieses Symbol des Rennsiegs wichtig.” Hier geht es zum Saisonzwischenstand der 52 Super Series und den Ergebnissen bei der Rolex TP52 Weltmeisterschaft. Die Live-Übertragung von WM-Tag zwei beginnt am 3. Juli ab 13.45 Uhr hier.
REPLAY! Die Live-Übertragung vom ersten Renntag der Rolex TP52 WM: