Tatjana Pokorny
· 20.07.2024
Tony Langleys Team Gladiator hat erstmals eine Rolex-TP52-Weltmeisterschaft gewonnen. Mit der „Gladiator“ verwies ein Botin-Design von 2017 – die frühere “Alegre” – ein Botin-Design von 2018 im Kampf um WM-Gold auf Platz zwei. Die neuen Vizeweltmeister auf der 2018er-„Sled“ wiederum haben mit Harm Müller Spreers „Platoon Aviation“ ein brandneues Botin-Design aus diesem Jahr auf Platz drei verwiesen.
In dieser Reihenfolge besetzten die britische „Gladiator“ (40 Punkte), die amerikanische „Sled“ (46 Punkte) und „Platoon Aviation“ (48 Punkte, Norddeutscher Regatta Verein) die Podiumsplätze bei der Rolex-TP52-Weltmeisterschaft vor Newport. Für “Gladiator”, auf der Eigner Langley als Taktiker im Einsatz war, bedeutete der erste Sieg bei einer Regatta der 52 Super Series auch gleich WM-Gold.
Wir haben die Nerven behalten und konnten uns behaupten” (Guillermo Parada)
„Es ist so schön, zum richtigen Zeitpunkt den ersten Sieg für das Team bei der Rolex TP52 World Championship zu holen. Ich bin ehrlich gesagt sehr glücklich, denn es war eine lange und stressige Woche. Wir haben die Nerven behalten und konnten uns behaupten. Ich denke, jeder wird zustimmen, dass wir den Sieg verdient haben”, sagte Guillermo Parada, der schon 2009 mit “Matador” und 2015 mit “Azzurra” in Puerto Portal TP52-WM-Titel gewonnen hatte.
Weiter erklärte der argentinische “Gladiator”-Steuermann der WM-Woche: “Der Kurs ist so anspruchsvoll, dass man nie genau weiß, auf welche Seite man gehen muss. Wir haben hart daran gearbeitet, gute Starts und eine gute Bootsgeschwindigkeit zu haben. Ich denke, wir waren ein wenig besser als die Konkurrenz.”
Alle zehn geplanten Rennen konnten im prominenten Regattarevier an der US-amerikanischen Ostküste abgeschlossen werden. Dabei waren die Winde oft leicht und fordernd, sorgten an flaueren Tagen auch für Startverschiebungen. Mit drei Rennen am Finaltag stand noch einmal viel auf dem Spiel für die Podiumsanwärter, auch wenn Tony Langleys Crew sich an den Vortagen bereits einen angenehmes Punktepolster erarbeitet hatte.
Die für den Yacht Club Costa Smeralda und den Royal Thames Yacht Club startenden Briten hatten nach Rang neun zum Auftakt mit drei Rennsiegen in Folge das Fundament für dem WM-Triumph gelegt, den Tony Langley schon so lange und leidenschaftlich jagt. Der 69-jährige Unternehmer ist TP52-Enthusiast und wird auf der Forbes-Milliardärsliste geführt.
Dass sich seine hochkonzentriert und entschlossen auftretenden “Gladiatoren” in der letzten Wettfahrt dann doch noch einen Schnitzer bei einer Tonnenrundung erlaubten, den Penalty dafür in der Positionierung unglücklich absolvierten, nach hinten durchgereicht wurden und die Ziellinie erst als Zehnte kreuzten, war nicht mehr als ein Schönheitsfehler eines überzeugenden WM-Auftritts. Dem hatte weder Takashi Okuras “Sled”-Team mit der Bugnummer 5 noch Harm Müller-Spreers Crew auf “Platoon Aviation” mit der Bugnummer 1 in dieser Woche bei der Rolex-TP52-Weltmeisterschaft genügend entgegenzusetzen.
Wir haben starke Gegner auf dem Wasser vorgefunden. ‘Gladiator’ hat verdient gewonnen” (Gerd Habermüller)
Harm Müller-Spreer, dessen Crew mit dem Ziel der Titelverteidigung in die Rennen vor Newport gestartet war, absolviert weiter eine steile Lernkurve mit dem für diese Saison im Eiltempo neu gebauten Boot. Der österreichische “Platoon Aviation”-Grinder Gerd Habermüller sagte in Newport: “Wir sind heute mit Erwartungen rausgefahren, haben geglaubt, wir können das noch gewinnen. Das hat leider nicht so funktioniert. Wir haben starke Gegner auf dem Wasser vorgefunden. ‘Gladiator’ hat verdient gewonnen.”
Der spanische “Platoon Aviation”-Stratege Jordi Calafat, der 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona im 470er zum Olympiasieg segelte und zweimal WM-Gold in der Zweimann-Jolle holte, sagte in Newport: “Wir haben immer noch keinen perfekten Tag gehabt. Oft ein gutes und ein schlechtes, ein gutes und wieder ein schlechtes Rennen. Wir sind immer noch dabei, das Boot kennenzulernen. Aber es geht in die richtige Richtung.”
Der 56-jährige mehrfache Ocean-Race-Teilnehmer Jordi Calafat ist auf Kielbooten ein gefragter Vordenker. Er war es, der im Halbzeitrennen aus seiner Position oben im Mast den Druck sah, den nur “Platoon Aviation” nutzte, und den einzigen Rennsieg in dieser WM-Woche holte. Nach dem Finale der Rolex-TP52-Weltmeisterschaft und der durchwachsenen Serie mit den Rängen 7, 3, 4, 9, 1, 4, 4, 6, 8 und 2 sagte Calafat: “Es dauert vielleicht ein bisschen lange zu verstehen, was wir mit diesem Boot machen können. Aber es ist, was es ist. Glückwünsche an ‘Gladiator’ für so gute Serie.”
Ich denke, wir waren bei der ersten Regatta bei etwa 40 Prozent, bei der zweiten bei 70 Prozent und sind jetzt bei etwa 85 Prozent” (Jordi Calafat)
Wo Harm Müller-Spreers Crew in der Beherrschung der neuen TP52 “Platoon Aviation”, die sie erst kurz vor der ersten Regatta der zwölften Saison der 52 Super Series bekommen hatte, nach den ersten drei von fünf Regatten in dieser Saison steht? Jordi Calafat sagt: “Ich denke, wir waren bei der ersten Regatta bei etwa 40 Prozent, bei der zweiten bei 70 Prozent und sind jetzt bei etwa 85 Prozent.” Auf die Frage, ob bis zur nächsten Regatta noch größere Veränderungen anstehen, sagte Jordi Calafat: “Ich denke, nicht am Boot. Es geht mehr um Verfeinerungen. Und wir müssen einfach besser segeln.”
Auch Harm Müller-Spreer gratulierte den neuen Weltmeistern: “Glückwunsch an ‘Gladiator’! Wir selbst waren zu Anfang der Saison noch nicht richtig top. Das dauert mit dem neuen Boot, ist ja klar. Wir kommen der Sache so langsam näher. Wären wir heute im ersten Rennen Erster geworden und hätten nicht die rote Flagge bei Pinend-Start und ‘clear cross’ kassiert, wäre wieder alles drin gewesen.”
Die zweite von “Platoon Aviation” kassierte rote Flagge stufte Harm Müller-Spreer als “eher berechtigt” ein. Sein Fazit: “Da war mehr drin. Ja, die anderen haben gut gesegelt, aber wir hätten sie auch schlagen können.” Zu leichtwindig war es für die neue “Platoon Aviation” nicht, sagt Harm Müller-Spreer. “Heute war ja guter Wind, aber kein so ganz guter Tag für uns.”
Die vierte Regatta der 52 Super Series findet vom 27. August bis zum 1. September im spanischen Mallorca-Revier vor Puerto Portals statt.
Die Entscheidung – hier geht es zur Wiederholung der Live-Berichterstattung vom fünften und letzten Tag der Rolex-TP52-Weltmeisterschaft mit Kommentator Andi Robertson und Co-Kommentatorin Luise Wanser: