Tatjana Pokorny
· 28.12.2023
Es lohnt sich, dieses Finale noch einmal in der Wiederholung anzusehen: Nach 1 Tag, 19 Stunden, 3 Minuten und 58 Sekunden hat der australische 100-Fuß-Maxi “LawConnect” das 78. Rolex Sydney Hobart Yacht Race nach gesegelter Zeit gewonnen.
Ich kann das Ergebnis gar nicht glauben” (Christian Beck)
Zum Triumph über die Dauerrivalen und Titelverteidiger auf “Andoo Comanche” reichten dem “LawConnect”-Team nach packendem Halsenduell im Leichtwindpoker 51 Sekunden Vorsprung im Ziel. Es war nach dem Sieben-Sekunden-Thriller zwischen “Condor” und “Apollo” 1982 die zweitknappste Entscheidung in der Geschichte des Rolex Sydney Hobart Yacht Race.
“Ich kann das Ergebnis gar nicht glauben”, entfuhr es dem überglücklichen Eigner Christian Beck im Zielhafen des 628 Seemeilen langen Weihnachtsklassikers von Sydney nach Hobart auf Tasmanien. “Damit wird ein Traum wahr. Ich hätte tatsächlich niemals gedacht, dass das möglich ist.”
Es gab Leute, die nicht mehr hinsehen konnten” (Christian Beck)
Christian Beck ließ die hoch spannende Entscheidung nach dem Festmachen am Kings Pier in Hobart noch einmal Revue passieren: “Nachdem sie die Führung knapp vor der Ziellinie übernommen hatten, hatten wir keine Chance mehr gesehen, noch einmal an ihnen vorbeizukommen. Doch dann kam eine Böe – und es klappte. Um ehrlich zu sein: Es war eine totale Überraschung.”
Auf die Frage, wie es um die Nerven seiner Crew in den letzten Minuten des Rennens bestellt war, sagte Beck: “Es gab Leute, die nicht mehr hinsehen konnten. Es war sehr nervenaufreibend.” Nach zuletzt drei zweiten Plätzen in Folge war der Siegerjubel auf “LawConnect” überschäumend.
“Du genießt so einen Erfolg deshalb noch mehr”, sagte Beck nach dem Triumph über die topfavorisierte Crew auf “Andoo Comanche”, die sich in der Storm Bay auf dem Weg ins Ziel bereits eine Zwei-Seemeilen-Führung erarbeitet hatte. Dann aber wurde sie von den Jägern auf “LawConnect” im sehenswerten Schlussduell auf dem Derwant River doch noch abgefangen.
Fünfmal wechselte die Führung auf der Zielgeraden. Dabei war gut zu beobachten, dass der Crew auf “LawConnect” im Leichtwind-Schlussspurt die besseren Halsen und die besseren Beschleunigungen gelangen. Erst 50 Meter vor dem Ziel schaffte es das “LawConnect”-Team, sich im packenden Zeitlupen-Zweikampf mit der letzten Halse durchzusetzen.
Unser Sailing Master Tony Mutter und Taktiker Chris Nicholson waren Schlüsselfiguren bei diesem Erfolg” (Christian Beck)
Eigner Beck landete nach dem Einlaufen in Hobart umgehend im Hafenwasser, bevor seine Mannschaft den J. H. Illingworth Challenge Cup in den Himmel über Hobart heben durfte und eine ausgiebige Champagner-Dusche genoss. Zwei seiner Segler hob Christian Beck dann besonders hervor: “Unser Sailing Master Tony Mutter und Taktiker Chris Nicholson waren Schlüsselfiguren bei diesem Erfolg.”
Beide sind als mehrfache Weltumsegler aus dem Ocean Race und aus anderen Profiserien gut bekannt. Christian Beck lachte und sagte bei dieser 78. Edition des Rolex Sydney Hobart Yacht Race über seine Segler: “Sie hatten eine Menge Herausforderungen zu meistern. Vor allem das Boot, das wir im Scherz auch ‘Kiste’ nennen. Im Vergleich zu ‘Comanche’ ist es wirklich eine Kiste. Ich weiß, dass es im Fernsehen gut aussieht, doch im Vergleich zu ‘Comanche’ ist es eher grobschlächtig. ‘Comanche’ ist ein wunderschönes Boot, besser in jeder Hinsicht. Es ist also unglaublich, dass sie es geschafft haben, ‘Comanche’ zu schlagen.”
Christian Beck fuhr mit dem Vergleich fort: “Zweitens hatten sie (Red.: seine Crew) ein ziemlich knappes Budget. Und drittens hatten sie sich mit fünf Unternehmern an Bord – inklusive mir selbst –auseinanderzusetzen. Niemand von uns weiß besonders viel vom Regattasport. Sie hatten also alle diese Hürden zu nehmen und haben das Rennen trotzdem gewonnen. Das ist eine unglaubliche Leistung!”
Eine starke Leistung zeigt weiter auch die Crew um den einzigen deutschen Eigner und Skipper im Rolex Sydney Hobart Race: Christopher Opielok und sein Team auf “Rockall VIII” segelten dem Zielhafen am Donnerstagmorgen deutscher Zeit als 51. der Line-Honours-Wertung entgegen. In der IRC-Wertung hatten sich Opielok, sein Co-Skipper Felix Oehme, Segelmacher Klaas Simon und ihre Mitstreiter damit auf Platz elf im Feld der noch 89 von 103 drei gestarteten Booten vorgearbeitet.
Damit war bei rund 260 Seemeilen bis ins Ziel sogar eine Top-Ten-Platzierung für “Rockall VIII” in Sichtweite gerückt. Dabei hatte sich Christopher Opielok nach dem frühen Ausscheiden bei seiner Syndey-Hobart-Race-Premiere 2017 für den zweiten Anlauf auf der eigens für das Rennen erworbenen JPK 10.80 nur ein Ziel gesetzt: ankommen!
Um den begehrten Tattersall Cup für das schnellste Boot nach berechneter Zeit kämpften am Donnerstag weiter die drei führenden IRC-Boote: die Reichel Pugh 66 “Alive”, der Reichel Pugh Maxi 72 “URM Group”, auf dem kein Geringerer als America’s-Cup-Designlegende Grant Simmer als Sailing Master wirkt, und die Reichel Pugh 69 “Moneypenny”.