Tatjana Pokorny
· 13.12.2023
Vor sechs Jahren war es bei Christopher Opieloks Premiere im Rolex Sydney Hobart Race ausgerechnet seine TP52 „Rockall“, die das Rennen als erstes Boot aufgeben musste. In den Top-Fünf ihrer Handicap-Klasse positioniert, wurde die Crew plötzlich von einem Knall wie aus einer Pistole aufgeschreckt. Dann schoss das Boot heftig in die Sonne.
Dabei wäre beinahe Steuermann Dee Smith über Bord gegangen. Er konnte gerade noch von einem anderen Crew-Mitglied am Fuß gepackt und gerettet werden. 19 Stunden nach dem Start am frühen Morgen des 27. Dezember 2017 war das Ruder des schnellen Racers etwa 60 Seemeilen südlich von Eden am Südostzipfel Australiens gebrochen. Mit dem Knall war Christopher Opieloks über drei Jahrzehnte gehegte Traum vom vollendeten Rennen nach Tasmanien geplatzt.
Das Team erreichte Port Hicks am Folgetag unter Sturmsegel aus eigener Kraft. “Das Boot haben wir mit Treibankern an langen Leinen gesteuert, die wir an den Backbord- und Steuerbordwinschen festgemacht haben”, erinnert sich Christopher Opielok an die fordernden fast 25 Stunden.
Das „Unfinished Business“ will der 61-jährige Hamburger, der nach dem Verkauf seiner Reederei 2021 nach Bad Wiessee gezogen ist und dort seine Segelleidenschaft im Drachen auf dem Tegernsee genießt, in diesem Jahr zu Ende bringen. Als einzige Yacht unter deutscher Flagge startet Opieloks zu diesem Zweck in Australien erworbene JPK 10.80 „Rockall VIII“ ins Rolex Sydney Hobart Race.
Als Co-Skipper kommt Boris Herrmanns Freund und ehemaliger Co-Skipper bei der gemeinsamen ersten Weltumseglung im Portimão Global Ocean Race an Bord der „Rockall VIII“: Felix Oehme verstärkt das Team. Allround-Profi und Boat Captain Tom Swift kümmert sich in Australien bereits ums Boot. Der voraussichtlich siebenköpfigen Crew gehören außerdem Navigator Chris Frost, Mark Lovelady, Stuart Lee und der Stader Segelmacher Klaas Simon an.
Ein Doppelruder, zwei Spinnakerbäume – damit kommen wie auf jeden Fall nach Hobart.” Christopher Opielok
Das neue Motto von Christopher Opielok vor Anlauf zwei im Rolex Sydney Hobart Race: „Ein Doppelruder, zwei Spinnakerbäume – damit kommen wir in jedem Fall nach Hobart.“ Der Skipper und seine Mannschaft wünschen sich für ihre Mission mehr Fortune als bei ihrer Premiere.
Während “Rockall VIII” in Down Under optisch und inhaltlich gut auf das Rennen vorbereitetet wird, fliegt Christopher Opielok am 13. Dezember via Stopp in Hongkong, wo er einst ein Jahrzehnt lebte, weiter nach Sydney. Der 628-Seemeilen-Klassiker startet dort traditionsgemäß am „Boxing Day“, dem zweiten Weihnachtstag.
So habe ich enorme Frachtkosten gespart und ein größeres Boot bekommen – ein richtig schöner Schifffahrtskaufmannsdeal.” Christopher Opielok
Die Vorbereitungen für die legendäre Langstrecke waren und sind erneut anspruchsvoll und fordernd. „Eineinhalb Monate intensive Arbeit, tägliches Ausfüllen von Formularen und sehr viel Arbeit mehr stecken drin. An die 100 Formulare sind mit dem Start verbunden. Die Regeln sind streng. Ist etwa ein Crew-Mitglied beim Start nicht an Bord, darfst Du nicht teilnehmen“, erzählt Christopher Opielok vor dem Abenteuer mit der gut zehn Meter langen und 2018 gebauten JPK 10.80 “Rockall VIII”.
Ursprünglich hatte er das Rolex Sydney Hobart Race mit einer von Andreas Rohde gekauften und bei einer „wunderschöne Saison am Mittelmeer” gesegelten JPK 10.30 bestreiten wollen. Dann aber explodierten die Frachtraten ins Unermessliche. „Ich habe das Boot also wieder verkauft und noch am selben Tag die JPK 10.80 ‚Atomic Blonde‘ in Australien gekauft”, erzählt Opielok. Lächelnd rechnet er vor: „So habe ich enorme Frachtkosten gespart und ein größeres Boot bekommen – ein richtig schöner Schifffahrtskaufmannsdeal.”
Die ebenfalls bereits wieder verkaufte JPK 10.80 soll ihm nur zu einem Zweck dienen: dem Meistern des Rolex Sydney Hobart Race. „Ich habe das Boot sehr bewusst gekauft. Ich will und muss ankommen. Es wurmt mich wie verrückt, dass uns das damals mit dem Ruderbruch nicht gelungen ist“, sagt Christopher Opielok – vor allem zu sich selbst.
113 Boote stehen auf der Meldeliste für die 78. Auflage des Rolex Sydney Hobart Race. Veranstaltet vom Crusing Yacht Club of Australia, beginnt der Langstrecken-Klassiker traditionell am „Boxing Day“. Mit dem zweiten Weihnachtstag geht die Flotte auf den 628 Seemeilen langen Kurs von Sydney nach Hobart.
Vier Hundert-Fuß-Maxis werden voraussichtlich um die Line Honors kämpfen. Den Streckenrekord hält die viermalige Gewinnerin „Andoo Comanche“ mit 1 Tag, 9 Stunden, 15 Minuten und 24 Sekunden. Aufgestellt wurde die Bestmarke von Jim Cooney, Samantha Grant und ihrer Crew 2017, als das Boot noch „LDV Comanche“ hieß. Weiter sind im XL-Format dabei „Law Connect“, „SHK Scallywag“ und die modfifizierte „Wild Thing 100“, die ehemals als Botín 80 „Stefan Racing“ gute Ergebnisse erzielte.