Die Entscheidung im Kampf um den IRC-Gesamtsieg im 80. Rolex Sydney Hobart Race wird voraussichtlich im Protestraum fallen. Verhandelt werden soll am Abend des 30. Dezember deutscher Zeit vor der Internationalen Jury in Hobart. Das gab der Jury-Vorsitzende David Tillett am Morgen des 30. Dezember bekannt. Der Protest kommt von der australischen JPK 10.30 “Min River” und richtet sich gegen die französische JPK 10.80 “BCN - my::Net /Leon”.
Pikant und spannend: Es sind genau diese beiden Boote, die das IRC-Gesamtklassement im zwar noch laufenden, an der Spitze aber auf dem Wasser sportlich bereits ausgefochtenen Rennen anführen. In Top-Position liegt im Kampf um den Tattersall Cup im 80. Rolex Sydney Hobart Race die etwas größere “BCN - my::Net /Leon”, die als 33. Boot ins Ziel gekommen war. Wie “Min River”, so wurde auch die Spitzenreiterin von einer Zweihand-Crew gesegelt.
Angetrieben wurde “BCN - my::Net /Leon” im 628 Seemeilen langen australischen Weihnachtsklassiker von Syndey nach Hobart vom früheren Windsurf-Weltmeister Michel Quintin und seinem Co-Skipper Yann Rigal. Als die JPK 10.80 zuletzt 2017 am Rolex Sydney Hobart Race teilgenommen hatte, glänzte sie schon mit einem neuen Rennrekord für Yachten unter elf Metern. Die damals aufgestellte Bestmarke liegt bei 3 Tagen, 3 Stunden, 22 Minuten und 9 Sekunden – und bleibt weiter gültig.
In diesem Jahr kam die Zweihand-Crew auf “BCN - my::Net /Leon” nach 3 Tagen, 21 Stunden, 40 Minuten und 5 Sekunden ins Ziel. Das Doppel auf der etwas kleineren JPK 10.30 “Min River” kam knapp zwei Stunden nach der Rivalin im Kampf um den IRC-Gesamtsieg ins Ziel. Auf “Min River” sorgten Eignerin und Skipperin Jiang Lin und ihr furioser französischer Co-Skipper Alexis Loison für Tempo.
Die in China aufgewachsene talentierte Zweihandseglerin Jiang Lin hat ihr Boot “Min River” nach dem Fluss benannt, der durch die Provinz fließt, in der ihre Eltern lebten. Die Fünfte der Zweihand-Europameisterschaft 2023 war vor gut zwei Jahren mit ihrer neuen JPK nach Australien gekommen und bestreitet Zweihandrennen in Down Under. Mit Alexis Loison hatte sie im 80. Rolex Sydney Hobart Race einen herausragenden Offshore-Akteur an ihrer Seite.
Der 41 Jahre alte Franzose hat in diesem Jahr im 19. Anlauf zum ersten Mal das 56. Solitaire du Figaro Paprec gewonnen, gilt in der französischen Segelszene als nimmermüder Marathon-Mann mit großem Kämpferherz. Mit Corentin Horeau – unter anderem bekannt als Flügelmann von Yoann Richomme im Ocean Race Europe und kommender Vendée-Globe-Premierenteilnehmer mit Team Macsf – hatte Alexis Loison auch die Tour Bretagne Voile 2025 gewonnen.
Nun folgte Alexis Loisons Angriff im Rolex Sydney Hoabrt Race an der Seite von Jiang Lin. Ob es für Lin und Loison bei Platz zwei in der IRC-Gesamtwertung bleibt oder ihr Protest noch zum Gesamtsieg führt, müssen die Protestanhörung am späteren Abend und die Entscheidung der Internationalen Jury zeigen. Der Protest der “Min River”-Crew gegen die JPK-Rivalen auf “BCN - my::Net /Leon” bezieht sich auf einen angeblichen Verstoß gegen Regel 55.3 (a) der Australischen “Racing Rules of Sailing” (2025 bis 2028).
Bezug nimmt der zunächst nicht im Wortlaut veröffentlichte Protest auf Regatta-Regel 55.3 (a). Da heißt es zum “Schoten der Segel”: “Kein Segel darf über oder durch eine Vorrichtung geführt werden, die einen nach außen gerichteten Druck auf eine Schot oder ein Schothorn eines Segels an einem Punkt ausübt, von dem aus bei aufrechtem Boot eine vertikale Linie außerhalb des Rumpfes oder Decks liegen würde, mit Ausnahme von: (a) Das Schothorn eines Vorsegels darf (gemäß der Definition in den Ausrüstungsregeln für Segeln) mit einem Ausleger verbunden sein, vorausgesetzt, dass kein Spinnaker gesetzt ist.”
Der Protest soll am Mittwoch (31. Dezember 2025) um 9 Uhr morgens australischer Zeit im Royal Yacht Club of Tasmania in Hobart verhandelt werden, also am späten Dienstagabend deutscher Zeit. Es ist nicht das erste Mal, dass die Entscheidung im Kampf um den berechneten Gesamtsieg in einem Rolex Sydney Hobart Race durch einen Protest beeinflusst wird.
Auch die Crews auf “Wild Oats XI” (2010, 2018) und “Ran” (2010) sahen ihren Erfolg auf dem Wasser einst von Protesten an Land noch gefährdet, durften aber ihre Line Honours behalten. Andere – wie “Celestial” im Jahr 2021 – verloren die Krone in Folge einer nachträglich verhängten Zeitstrafe noch. Damals gewann “Ichi Ban”. Dieses Mal nun geht es zwischen zwei JPKs mit jeweils französischer Beteiligung zur Sache. Die Auflösung folgt.
Der Kampf um die Line Honours war bereits am 28. Dezember entschieden worden: Im Dreikampf der 100-Fuß-Gigantinnen hatte sich “Master Lock Comanche” gegen “LawConnect” und “SKH Scullywag” durchgesetzt. Jost Stollmanns Solaris 80rs “Alithia” kam als 18. Boot ins Ziel. In der PHS-Handicap-Wertung des berühmten Weihnachtsrennens in Down Under brachte diese Leistung Platz sieben.