Das erste Rolex Sydney Hobart Race wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges gestartet. Am zweiten Weihnachtstag startet die 80. Edition des Christmas-Klassikers. 132 gemeldete Yachten zeigen die ungebrochene Anziehungskraft der 628-Seemeilen-Langstrecke durch die Tasmanische See. Sie hat Geschichte und Geschichten geschrieben, aber auch Menschenleben gefordert – und bleibt dennoch ein faszinierender Gipfel des internationalen Segelsports.
Ursprünglich wollte eine Gruppe australischer Segler 1945 einen Fahrtentörn von Syndey nach Hobart organisieren. Doch als dann Captain John Illingworth von der British Royal Navy bei einem Besuch ein Rennen vorschlug, wurde das Rolex Sydney Hobart Race geboren. Neun Boote waren bei der Erstauflage dabei. Illingworths „Rani“ machte das Rennen in 6 Tagen, 14 Stunden und 22 Minuten, kam damals als einziges Boot der Flotte noch im alten Jahr ins Ziel.
Zwischen der Siegerzeit bei der Premiere und dem 2017 von der australischen 100-Fuß-Yacht „LDV Comanche“ aufgestellten Rekord von nur 1 Tag, 9 Stunden, 15 Minuten und 24 Sekunden, an dem sich die Jäger seit acht Jahren die Zähne ausbeißen, liegt eine Welt. Und die bewegte und bewegende Geschichte eines der Legendenrennen der internationalen Segelwelt – mit viel Licht, aber auch einigem Schatten.
Insgesamt 13 Menschenleben hat das Rolex Sydney Hobart Yacht Race in den 80 Jahren seines Bestehens gefordert. Die jüngsten Unglücke liegen noch nicht lange zurück: 2024 starben der 55-jährige Roy Quaden und der 65-jährige Nick Smith. Beide waren auf ihren Yachten „Flying Fish Arctos“ und „Bowline“ in der ersten Nacht des Rennens bei „Crash Jibes“ von Goßbäumen getroffen worden.
Als tödlichste Auflage ging das Rennen 1998 in die Renngeschichte ein. Damals verloren sechs Segler in einem Jahrhundertsturm ihr Leben. Einer von ihnen war der olympische Laser-, Soling und Staarbootsegler Glyn Charles, der in der Bass-Straße über Bord ging und nie geborgen werden konnte. Ein unvorhergesehener Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 Knoten und hochhaushohen Wellen hatte die Flotte mit mörderischen Auswirkungen getroffen.
55 Besatzungsmitglieder konnten in einer großangelegten Mission gerettet werden. Fünf Boote sanken, viele wurden teilweise stark beschädigt. Larry Ellisons “Sayonara” kam durch und gewann die Line Honours. Zum IMS-Gesamtsieg segelte unter den insgesamt dramatischen Bedingungen die Hick 35 “AFR Midnight Ramble”. Die damaligen Ereignisse erschütterten die gesamte Segelwelt. Die Tragödie führte in der Folge zu erheblich strengeren Sicherheitsvorschriften.
Heute kommt schon die Vorbereitung bis zur akzeptierten Meldung der Meisterung einer Mammutaufgabe gleich. „Mehrere Monate intensiver Arbeit sind dafür notwendig“, hatte auch Freddy Böhnert berichtet, der 2018 mit Sohn Arno, Tochter Inga und fünf weiteren Crew-Mitgliedern das Rolex Sydney Hobart Race bestritten hatte.
Für goldene deutsche Momente im Rolex Sydney Hobart Race steht seit 1996 Hasso Plattners 80-Fuß-Reichel/Pugh „Morning Glory“, die bei ihrer Premiere im Weihnachtsrennen die Line Honours mit einem Rennrekord holte. Die Crew brach auf dem von John McConaghy gebauten Maxi mit 2 Tagen, 14 Stunden, 7 Minuten und 10 Sekunden die Bestmarke, die zuvor 21 Jahre die amerikanische „Kialoa III“ gehalten hatte.
Älteren Segelfans ist der packende Schlussspurt der 24,05 Meter langen „Morning Glory“ vor 29 Jahren noch in bester Erinnerung, weil es im Finale den Derwant River hinauf knapp wurde. Am Ende konnte die Crew unter der Segelnummer GER 4540 die so lange währende „Kialoa III“-Rekordmarke um eine knappe halbe Stunde unterbieten.
Das Rolex Sydney Hobart Race war und ist stark fordernd. Das macht für die beharrlichen und wagemutigen Herausforderer einen Teil der magischen Anziehungskraft aus, die das Rennen jedes Jahr wieder entfaltet. Ein großes „Spielfeld“ bildet dabei die exponierte Bass-Straße, die Tasmanien wie ein riesiger Kanal von Australien trennt.
Doch schweres Wetter und technische Tiefschläge können Teilnehmer auf dem 628 Seemeilen langen Kurs jederzeit und überall treffen. Christopher Opielok erlebte 2017 ein Beinahe-Desaster im Rolex Sydney Hobart Race. Die Crew konnte ihre TP 52 „Rockall“ aber schließlich aus eigener Kraft in einen Hafen bringen. Das „Unfinished Business“ brachte der Hamburger 2023 mit der JPK 10.80 „Rockall VIII“ zu Ende, beglich die offene Rechnung nach einem Rennen mit Höhen und Tiefen im Brutalo-Finale.
Er erlebte dabei gefährliche Brecher in extremem Wellengang, die der Reeder bis dahin nur von Bord von Frachtern aus gesehen hatte. Und der hartgesottene Fastnet-Segler und Atlantik-Überquerer räumte ein: “Ich hatte das erste Mal ein bisschen Angst um die Crew und das Schiff.” Als er nach dem Rennen den Tracker an die Rennleitung zurückgab, liefen ihm Tränen der Erleichterung übers Gesicht. Wie ihm ist es vielen Seglern und Seglerinnen in 80 Jahren Renngeschichte gegangen. Und doch kommen so viele immer wieder. 132 Yachten sollen in diesem Jahr an der Startlinie aufkreuzen.
Der seit mehr als 50 Jahren erfahrene Rennkommentator Gordon Bray sagte im vergangenen Jahr zur “fast fatalen Attraktion” des Rolex Sydney Hobart Race: “Du kannst es nicht ignorieren. Es ist eines der größten Events im australischen Sportkalender. Es ist ein Abenteuer für Segler. Und ich denke, was das Publikum so in den Bann zieht, ist, dass du einfach nicht weißt, was passieren wird.”