Tatjana Pokorny
· 10.12.2023
Der Kampf um die Spitzenplätze beim Transat-Solo Retour à La Base ist entschieden. Langzeit-Spitzenreiter Yoann Richomme hat den letzten großen Preis der Saison mit seinem Koch-Conq-Design “Paprec Arkéa” abgeräumt. Für den Sprung über den Atlantik benötigte Richommes Neubau aus diesem Jahr 9 Tage, 3 Minuten und 48 Sekunden. Knapp sechs Stunden später war Jérémie Beyous “Charal” (2022) ins Ziel gekommen. Weitere rund zwei Stunden danach machte Sam Goodchild das Podium mit “For the Planet” (2019) komplett.
Yoann Richomme hatte seine Ankunft als Sieger in vollen Zügen genossen. Er sagte: “Es war unglaublich, diese ganzen Bilder im Ziel zu erleben. In diesen drei Minuten kamen so viele Emotionen hoch. Sie zeigen, wie schwer dieses Rennen zu leben war. Es ist ein so großer Moment in deinem Kopf.” Auf die Aussage, dass ihn dieser Sieg zum Favoriten für die Vendée Globe 2024/2025 mache, erwiderte der als Perfektionist bekannte 40-Jährige den vielen Journalisten vor Ort: “Nicht ich bin es! Ihr seid es, die mich zum Favoriten machen. Die Ränge zwei und eins bei den letzten beiden Rennen sind aber gut. Ich bin so stolz auf das Team!”
Jérémie Beyou erreichte das Ziel als Zweiter nüchterner. Der 47-jährige “harte Hund” haderte am Ende mit seinen Auftaktproblemen. Der “Charal”-Skipper hatte die Retour à La Base anfangs angeführt, als ihn eine Serie technischer Ausfälle die Spitzenposition kostete. “Ich habe meine UKW-Antenne, meine Windgeber und die Oscar-Kamera verloren – alles weg.” Er habe daran gedacht, in den Starthafen Fort-de-France auf Martinique zurückzukehren, sich dann aber mit Reparaturen bei hohem Tempo durchgebissen.
Für den erst 34 Jahre alten Sam Goodchild war es der fünfte dritte Rang bei einer Imoca-Regatta in diesem Jahr. Die bemerkenswerten Leistungen hatte er mehrheitlich mit Design-Ass Antoine Koch erfochten – und nun auch im Solo bestätigt. Damit hat der Brite die Imoca Globe Serie gewonnen. Erst seit einem Jahr Mitglied in Thomas Ruyants Rennstall TR Racing, ist Sam Goodchild ein sehenswert schneller Aufstieg in die Spitzengruppe der Imoca-Klasse gelungen.
Lächelnd sagte Sam Goodchild im Ziel: “Man kann nicht sagen, dass wir müde werden, immer Dritte zu sein. Auch, wenn es jetzt schon das fünfte Mal in diesem Jahr so ist. Wir sind auf Ballhöhe mit den neuen Booten und sehr erfahrenen Skippern. Das ist beruhigend und gibt uns Sicherheit.”
Boris Herrmann sieht es ähnlich. Der 42-jährige Hamburger hat bei der Retour à La Base gezeigt, dass er im Solo kämpfen und Stärke zeigen kann. Den für ihn über Grund 4.490,12 Seemeilen langen Kurs von Martinique nach Lorient absolvierte Boris Herrmann auf “Malizia – Seaexplorer” in 9 Tagen, 20 Stunden, 2 Minuten und 41 Sekunden. Das gelang mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,2 Knoten.
Boris Herrmann hatte in der zweiten Rennhälfte des rasant schnellen Sprungs über den Atlantik Probleme mit der Lichtmaschine und defekten Cockpitabflüssen. Dadurch wurde er in der Nacht zum Nikolaustag zurückgeworfen und auf schwere Proben gestellt. Herrmann musste über Tage parallel zum Segeln und den Reparaturen per Hand Wasser aus dem Cockpit schöpfen.
Er sei etwas müder als sonst im Ziel, gab Herrmann nach der Ankunft zu Protokoll. Er sei zwischendurch mit allen seinen technischen Problemen in der roten Zone gewesen, habe dann viele kurze Schlafpausen eingelegt. Und weiter: “Auf den letzten 200 Meilen herrschten viel Schiffsverkehr und starker Wind. Da muss ich mein Großsegel beschädigt haben, denn es riss gleich nach der Ankunft. Ich hatte Glück, dass es mir auf den Azoren nicht so erging wie Thomas Ruyant.”
Ich habe nach den stressigen Tagen wieder zu meiner Form gefunden” (Boris Herrmann)
Dennoch sah man Herrmann in der letzten Nacht und am letzten Morgen dem Zielhafen Lorient mit entfesselten Höchstgeschwindigkeiten jenseits der 25 Knoten entgegenrasen. Sein Eindruck noch vor dem Zieldurchgang: “Das Boot ist super!” Er habe “Malizia – Seaexplorer” aufgrund der technischen Probleme “nicht ausgereizt”, etwa bei 80 Prozent gesegelt. Die Probleme mit den Cockpit-Abflüssen seien “der hohen Dauerbelastung geschuldet, durch das Dauerslamming unter dem Rumpf abgefallen”. Es habe ihm viel Arbeit beschert, das Boot trocken zu halten, “weil da immer wieder Wasser reingedrückt ist”, so Boris Herrmann.
“Das war ein bisschen bescheuert, irgendwie auch eine Fehlkonstruktion. Ansonsten aber habe ich nach den stressigen Tagen wieder zu meiner Form gefunden”, sagte Herrmann YACHT online noch auf See. Sein Fazit fiel schon kurz vor dem Zieldurchgang hochmotivierend aus: “Dieses Boot kann auch die Vendée Globe gewinnen. Ob der Skipper es kann, müsst ihr beurteilen”, sagte Team Malizias Gründer 336 Tage vor dem Startschuss zu seiner zweiten Solo-Runde um die Welt bei der ersten Pressekonferenz in Lorient.
Damit wirft der Fünfte der Vendée Globe 2020/2021 seinen Fehdehandschuh selbstbewusst in den Ring der Co-Favoriten. Während er das tat, hatte ein anderer Großer noch rund 600 Seemeilen ins Ziel zu meistern: Thomas Ruyant, der im laufenden Solo-Transat La Retour à La Base mit 539,94 Seemeilen den 24-Stunden-Weltrekord für Solisten auf Einrumpfyachten hochgeschraubt hatte, humpelte der Ziellinie mit technischen Problemen als 16. entgegen.
Im Duell zwischen Damien Seguin auf “Groupe Apicil” und der besten Solo-Skipperin Sam Davies auf “Initiatives Cœur” um Platz fünf hinter Boris Herrmann wurde am späten Sonntagnachmittag zunächst der Franzose, dann die Britin im Zielhafen Lorient erwartet.
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