Tatjana Pokorny
· 29.06.2024
Dieses Transat beginnt auf einem Fluss: Der Startschuss für das 10. Transat Québec Saint-Malo fällt am Sonntag in Québec City am Sankt-Lorenz-Strom. Vor der malerischen Kulisse des alten Hafenviertels Vieux-Québec geht es für die Flotte den Fluss hinauf und via Cabotstraße in den Nordatlantik. Dieser Auftaktabschnitt des Transats ist von starken Strömungen und Gezeiten geprägt, die eine präzise Navigation erfordern.
Dass man lange nichts von dem seit 1984 ausgetragenen Klassiker Transat Québec Saint-Malo gehört hat, liegt daran, dass er wie Olympische Spiele nur alle vier Jahre ausgetragen wird. Die Edition 2020 war infolge der Covid-Pandemie entfallen. Damit liegt das letzte ausgetragene Rennen acht Jahre zurück. Jetzt feiern die Transat-Herausforderer ihr Comeback. Allen voran die besten Class-40-Crews, die mit ihren 24 Booten das Hauptfeld bilden.
Mit der Premiere des Transat Québec Saint-Malo 1984 hatten die Initiatoren an das 450-jährige Jubiläum der ersten Reise des Seefahrers und Entdeckers Jacques Cartier aus Saint-Malo erinnert. Der hatte den Sankt-Lorenz-Strom 1534 erreicht. Damals wie heute führt das Rennen seine Teilnehmer über insgesamt rund 3.000 Seemeilen über den Atlantik nach Frankreich in den Zielhafen Saint-Malo. Die aktuelle Flotte startet am Sonntag um 14 Uhr Ortszeit in Kanada in den atlantischen Marathon.
Für das große Class-40-Feld ist es ein Jahreshöhepunkt. Am Start sind die Klassenbesten. Dazu zählen die Mannschaften um den Transat-Jacques-Vabre-Sieger Ambrogio Beccaria auf “Alla Grande Pirelli” und Landsmann Alberto Riva auf “Acrobatica”. Starke Herausforderer sind auch die Teams um Nicolas D’Estais auf “Café Joyeux”, Amélie Grassi auf “La Boulangère Bio”, Ian Lipinski auf “Crédit Mutuel”, Erwan Le Draoulec auf “Everial” oder Alberto Bona auf “Ibsa Group”, Fabien Delahaye auf “Legallais” und Guillaume Pirouette auf “Sogestran – Seafrigo”.
Simon Koster ist ein großes Vorbild” (Melwin Fink)
Angriffslustig starten Lennart Burke, Melwin Fink, Hendrik Witzmann und Simon Koster in ihr erstes gemeinsames Transat Québec Saint-Malo. Die jungen Co-Skipper Burke und Fink haben sich bewusst viel Erfahrung an Bord geholt: “Simon Koster ist ein starker Segler in der Class 40 und ein großes Vorbild. Von Hendrik Witzmann habe ich damals meinen ersten Mini gekauft”, sagt Melwin Fink.
Das deutsche Quartett mit Schweizer Verstärkung hat sich für den Sprung über den Atlantik einiges vorgenommen. Gleichzeitig wissen Lennart Burke, Melwin Fink und ihre erfahrenen Mitstreiter, was für eine komplexe Herausforderung sie zu meistern haben. Melwin Fink sagte kurz vor dem Start: “Wir erwarten für den Auftakt sehr instabiles Wetter. Wir werden etwa drei Tage aus dem Fluss raussegeln müssen. Dort werden wir wohl alles an Wind erleben … Das Wetter ist nicht sehr stabil.”
Weiter sagte Melwin Fink: “Dann werden wir hoffentlich downwind über den Atlantik segeln. Dafür sieht die Prognose gut aus, da könnten wir auch zwischendurch ordentlich Druck haben. Auf den letzten Meilen kann es dann wieder sehr spannend werden, wenn wir bei Leichtwind und starker Tide im Englischen Kanal ankommen und vor Saint-Malo ins Ziel gehen.”
Was sportlich drin sein könnte für die vierköpfige Crew? “Die Platzierungen sind schwer einzuschätzen. Alle 24 Boote sind Top-Teams mit sehr guten Seglern. Das Niveau ist wieder einmal sehr hoch. Aber wir wollen natürlich so weit vorn ankommen, wie es nur geht. Dafür werden wir alles geben und kämpfen”, sagte Melwin Fink in Québec. Die Antwort auf die Frage nach dem Top-Favoriten kommt schnell: “Das ist mal wieder Ambrogio Beccaria!”
Dass inzwischen Class-40-Yachten das Renngeschehen im Transat Québec Saint-Malo prägen, war nicht immer so. Als die Regatta 1984 ihre Premiere feierte, hatte wenige Wochen zuvor gerade das englische Transat Ostar viele abenteuerhungrige Segler nach Newport gebracht, die auch das Rückrennen aus Québec im Visier hatten. Damals wetteiferten Yachtdesigner und Werften darum, immer größere und leistungsfähigere Schiffe zu bauen: Ein Dutzend der 13 Mehrrumpfboote waren länger als 20 Meter.
Heute steht der Rennrekord für das Transat Québec Saint-Malo in der Class 40 bei 11 Tagen, 17 Stunden und 30 Minuten. Aufgestellt hat ihn das Team um Miranda Merron bei der achten Auflage 2012. Nur knapp dahinter war bei derselben Edition vor zwölf Jahren das zweitplatzierte Team um den Hamburger Jörg Riechers auf “Mare” nach 11 Tagen, 19 Stunden und 1 Minute mit der bis heute zweitschnellsten Class-40-Zeit fürs Transat Québec Saint-Malo ins Ziel gekommen. Es ist angesichts des kleinen Quantensprungs, den die Entwicklung der Class-40-Flotte inzwischen genommen hat, mit neuen Bestzeiten zu rechnen.