Legendäre und langlebige Rekorde erfordern immer beides: herausragende Segelkunst und ideale Bedingungen. So war es vor 24 Jahren, als die Crew auf der 67-Fuß-Baltic “Uca” einen Rekord für das Pantaenius Rund Skagen etablierte, der das Zeug für ein sehr, sehr langes Leben hat. Skipper Walter Meier-Kothe, Navigator Christopher Paschke und ihre Mannschaft ballerten damals in 43 Stunden und 46 Minuten durch Nord- und Ostsee, durchs Skagerrak und durchs Kattegat. Ihre Bestmarke von 2.626 Minuten für den 510 Seemeilen langen fordernden Kurs von Helgoland rund Skagen nach Kiel blieb auch in diesem Jahr unangetastet.
“Wir sind ziemlich stolz darauf, diesen Rekord immer noch zu verteidigen. Es ist schade, dass Klaus Murmann das nicht mehr erleben kann”, sagte der damalige Skipper und Steuermann Walter Meier-Kothe am Tag der Entscheidung lächelnd. Er hatte den Verlauf der aktuellen Edition des Pantaenius Rund Skagen genau verfolgt und wusste, wo die Hoffnungen der “Rafale”-Crew geplatzt waren: “Die hatten dieses Mal eine lange Kreuz an Hanstholm vorbei. Das hat sie die Möglichkeit gekostet, den Rekord zu fahren. Da waren wir damals am schnellsten.”
Von einem Spi standen plötzlich nur noch die Hosenträger” (Walter Meier-Kothe)
Die 67 Fuß lange “Uca” hatte vor 24 Jahren auf Kurs Skagen-Tonne Spitzengeschwindigkeiten von 26 Knoten erreicht. “Wir haben es perfekt getroffen auf den Nordseeseite”, erinnert sich Walter Meier-Kothe. Und weiter: “Wir konnten gerade den Spi tragen. Es war wirklich Druck in der Luft. Von einem Spi standen plötzlich nur noch die Hosenträger …” Der Rückweg von Skagen nach Kiel habe der “Uca”-Crew dann einen weiteren “Gamechanger” gebracht. “Da haben wir an der Südspitze von Langeland die richtige Entscheidung getroffen, sind nämlich nach rechts Richtung Schleimünde gefahren. Dann hat der Wind kontinuierlich gedreht, sodass wir im großen Bogen ins Ziel fahren konnten.”
Ein Spaziergang sei die Rekordfahrt im Jahr nach der Jahrtausendwende aber nicht gewesen, so Walter Meier-Kothe. “Wir haben auch ordentlich gekämpft! Wir hatten eine richtig gute Crew zusammen. Als Navigator war Christopher Paschke dabei. Unsere Vorschiffsleute waren bei sehr viel Wind im Mast, haben das Fall runtergeholt, um den Spi zu setzen. Das sind so Katastrophen, die richtig Zeit kosten können – oder sie klappen perfekt. Allein das Schiff in der Nacht die Wellen runterzusteuern, war bei dem Druck in der Luft eine echte Herausforderung. Die gesamte Crew hat richtig gut funktioniert.”
Die nächste Chance, die “Uca”-Fabelzeit aus dem Jahr 2000 zu knacken, kommt erst 2026 mit der nächsten Auflage des Pantaenius Rund Skagen wieder. Den diesjährigen Rund-Skagen-Sturm dominierte als erstes Boot im Ziel Henri de Bokays Elliot 52 SS “Rafale”: Die Vorstartfavoritin auf die Line Honours wurde den Prognosen gerecht, kreuzte die Ziellinie des spannenden Offshore-Klassikers am Mittwochnachmittag nach 47 Stunden und 44 Minuten und 8 Sekunden auf See. Zum “Uca”-Rekord fehlten knapp vier Stunden.
Henri de Bokays Crew um Skipper Malte Päsler und Navigator Robin Zinkmann hat alles gegeben, das Beste aus der Elliot herausgeholt und zuletzt die Ostsee von der Skagen-Tonne runter nach Kiel im knackigen Eiltempo durchpflügt. Doch auch der furiose Endspurt reichte nach der zu langen Kreuz bei der Ansteuerung von Skagen nicht mehr. Im Belt hatte die “Rafale”-Crew dann noch phasenweise drei Knoten Gegenstrom wegzustecken. Für den insgesamt starken Lauf wurde dem Team eine berechnete Zeit von 1 Tag, 23 Stunden, 44 Minuten und 8 Sekunden gutgeschrieben.
Robin Zinkmann sagte nach dem Zieldurchgang: “Wir sind megahappy. Dass es mit dem Rekord nichts wird, hatten wir zu Beginn schon vermutet. Die 13 Stunden Kreuz von Hanstholm bis Skagen haben nicht geholfen. Aber bei idealem Wetter wäre das Boot auf jeden Fall dazu in der Lage, den Rekord zu brechen. Als ‘Outsider’ war sie ja mit Tilmar Hansen, Bo Teichmann und ihrer Crew auch schon einmal dicht dran.”
Im Feld der Verfolger rangen am Mittwochnachmittag die kleineren ORC-B-Boote in der Gesamtwertung nach berechneter Zeit darum, den von den großen ORC-A-Booten errungenen Vorsprung auf ihrem schnellen Ostsee-Abschnitt wieder aufzuholen. Sie taten es in anderen Bedingungen, als sie die vor ihnen durchgekommenen großen Yachten erlebt haben. So hat die im Kampf um den Skagen-Preis co-favorisierte JPK 10.30 “Hinden” die Skagen-Tonne gegen 12 Uhr passiert. Skipper Jonas Hallberg hatte am Mittwochmittag berichtet: “Wir sind seit einer guten Stunde um die Skagen-Tonne rum. Das hat alles noch ganz gut geklappt. Dann hatten wir einen relativ schnellen Ritt mit dem A4, haben dann auf den A2 gewechselt. Die Stimmung ist weiterhin super. Knackpunkt wird die Flaute vor Kiel sein. Wie schnell wir es schaffen, noch nach Süden zu kommen, um möglichst wenig davon betroffen zu sein.”
Um ‘Rafale’ zu schlagen, dürfen wir nicht so lange in der Flaute hängen bleiben, müssen schneller sein, als wir sollten. Wir versuchen das” (Jonas Hallberg)
Jonas Hallberg wusste schon am Mittag: “’Rafale’ hatte richtig guten Wind. Um die zu schlagen, dürfen wir nicht so in der Flaute hängen bleiben, müssen schneller sein, als wir sollten. Wir versuchen das. Es liegt nicht ganz in unserer Hand, ist total vom Wetter abhängig. Nach hinten müssen wir auch schauen. Wenn wir in der Flaute hängen bleiben, kann es immer auch sein, dass die von hinten ranfahren. Aber das wollen wir mal nicht hoffen.”
Am späten Mittwochnachmittag hatte die JPK 10.30 “Hinden” bei “Rafales” Zieldurchgang in der Hochrechnung der berechneten Zeiten rund fünfeinhalb Stunden Rückstand auf das First ship home angesammelt. “Hinden” knapp im Heck, machte Dirk Clasens Crew auf der Humphreys 39 “Ginkgo” Druck im Kampf um den Skagen-Preis für das beste Boot nach berechneter Zeit. Es bleibt spannend, was die Verfolger im Pantaenius Rund Skagen bis zu ihrem Zieldurchgang am Donnerstag noch aufholen können. Dann entscheidet sich auch der Kampf um die Titel und Podestplätze der IDM Seesegeln Offshore, die ihren Gipfelsturm mit dem Pantaenius Rund Skagen erlebt.