Eine TP52, eine Grand Soleil 44 P und eine Italia 11.98 sind die alten und die neuen Weltmeister im Seesegeln. WM-Gold ging bei der ORC-WM in Kiel an Karl Kwoks TP52 “Beau Geste” (Hongkong), an Marcin Sutkowskis polnische “Windwhisper” (Ex-”Essentia 44”) und an Ott Kikkas “Sugar 3” mit Sandro Montefusco aus Estland. Es war der Triumph der Titelverteidiger, die den drei Sturmtagen ebenso trotzten wie dem flauen Regenfinale auf der Kieler Förde.
Keiner kann so gut Vize wie wir” (Bo Teichmann)
Deutschlands Seesegler haben bei der Weltmeisterschaft in Kiel zwei Medaillen holen können: Tilmar Hansens Crew auf der silberfarbenen “Outsider” vom Kieler Yacht-Club war mit WM-Silber bestes deutsches Boot in der Königsklasse A. “Das ist unsere dritte Vize-Weltmeisterschaft nach 2018 und 2020. Das kann keiner so gut wie wir”, sagte Steuermann Bo Teichmann mit einem Augenzwinkern. Ob es helfen würde, die TP52 für die nächste WM gold zu lackieren? “Das sollten wir vielleicht einmal überlegen”, sagte Bo Teichmann und lachte.
Carl-Peter Forsters junge und ehrgeizige Crew auf der knallroten bayerischen “Red Bandit” holte in Klasse A WM-Bronze – ein Erfolg für das Projekt, das über eine Stiftung dem Seesegelnachwuchs den Weg zu Ausbildung und Teilnahme an internationalen Regatten bahnt. Dazu wurden im “Dock Talk” weitere Titel verliehen: Johannes Wackerhagens Crew auf “Desna” durfte sich nach unglücklichem Auftakt und erfolgreicher zweiter WM-Hälfte über den inoffiziellen Titel “Vize-Weltmeisterin der zweiten Halbzeit” freuen. Die fünftplatzierte Swan 45 “Katima” von Jan Opländer erhielt den Ehrentitel “Schnellstes Teakdeck der WM”.
Nicht zu schlagen war hier Karl Kwoks “Beau Geste” (Hongkong). Dennoch sagte Taktiker Gavin Brady: “Das war keine einfache Woche. Die Konkurrenz war hart, und wir mussten alles geben. Wir haben die Vielfalt der Bedingungen und Kurse dieses Events und alles, was Kiel zu bieten hat, sehr genossen.”
Das Profi-Team auf “Beau Geste” verteidigte seinen Titel in der sechstägigen Serie ebenso wie die beiden Sieger-Boote in den Klassen B und C, wo die deutschen Co-Favoriten am Podium vorbeisegelten. In Gruppe B siegte die polnische “Windwhisper” von Marcin Sutkowski vor der dänischen “Sirena” und der estnischen “Katariina II”. In der Division der mittelgroßen Yachten hatte es an den letzten beiden Tagen trotz langer Dominanz der “Windwhisper” nocht ein Last-Minute-Tauziehen um die Spitzenposition gegeben.
Nachdem ein Protest von dritter Seite gegen die “Windwhisper 44” die dänische “Sirena” (Peter Buhl) noch einmal ins Spiel um den WM-Titel katapultiert hatte, drehte die neue Führende im ersten Tagesrennen am finalen Samstag zunächst auf. Während sich die “Windwhisper 44” im Poker um die richtige Seite der Startlinie verspekulierte, arbeitete sich die “Sirena” aus der Mitte an die Spitze des Feldes.
Die Polen versackten im Verkehr auf dem Kurs, die Dänen gingen in Führung. Doch der löchrige Wind hielt weitere Überraschungen in diesem Rennen parat: Die “Sirena” parkte auf der zweiten Kreuz ein, die “Windwhisper” nutzte die Chance, fuhr berechnet auf Platz zwei und hatte damit alle Trumpfkarten für das abschließende Up & Down in der Hand. Mit einem weiteren zweiten Platz zum Abschluss ließ das internationale Team unter polnischer Flagge keinen Zweifel an seinem Können.
“Wir sind superglücklich jetzt. Ich konnte gar nicht schlafen heute Nacht, so nervös war ich. Peter (Buhl, Skipper der zweitplatzierten “Sirena” d. Red.) ist ein unglaublich starker Segler und hat uns alles abverlangt. Der Wind war heute nicht gut für uns, denn wir haben das schwerste Boot der Flotte. Wir haben einfach versucht, keine Risiken einzugehen bei diesen tricky Bedingungen. Und im zweiten Rennen haben wir dann die Situation kontrolliert”, berichtete “Windwhisper”-Eigner Marcin Sutkowski von den beiden Kurzrennen am Finaltag. Dann wurde er von seiner Mannschaft geschnappt und ins Wasser geworfen.
Jens Kuphals “Intermezzo” segelte mit der halben “Guyot”-Crew aus dem Ocean Race auf Platz vier. In der Division der kleinsten WM-Boote verwies die Crew auf der estnischen Titelverteidigerin “Sugar 3” die Landsleute auf “Matilda 4” und “Arabella” aus Litauen auf die Plätze zwei und drei. Bestes deutsches Boot war in der mit 63 Teams größten Flotte der kleinsten Boote Max Habecks “Aquaplay” vom Yacht-Club Monte Baldo mit Steuermann Gordon Nickel auf Platz sechs.
Viel Beifall auf See und an Land gab am Ende des ORC-Gipfels in Kiel für vier deutsche Segelteams, die ihre Kampagnen beenden und sich bei und mit der ORC-WM verabschiedeten. Kirsten Harmstorf-Schönwitz’ Frauen-Crew auf “Tutima” zeigte am Finaltag ein Banner an Bord mit den Worten “Vielen Dank!” in den typischen pinkfarbenen Lettern. 2009 hatten die Seeseglerinnen um ihre Skipperin vom Mühlenberger Segel-Club ihr Projekt gestartet. Nach dreijähriger Pause waren sie jetzt noch einmal bei der Weltmeisterschaft am Start. Dort wurden die Siegerinnen der “Corinthian Division” der Amateur-Crews stürmisch gefeiert. Auch das Immac-Team, “Halbtrocken” und “Quattro” beenden ihre Projekte und sagten in Kiel – begleitet von vielen Emotionen und Wehmut – Tschüss.
Zum Abschied von der sechstägigen Serie, die 111 Teams aus 13 Nationen zum Auftakt mit drei Sturmtagen stark gefordert hatte, dann Bilderbuchwetter bot und im strömenden Regen zu Ende ging, schrieb Wettfahrtleiter “Ocean One” Stefan Kunstmann den Seglern und Seglerinnen der Gruppe A eine Abschiedsnachricht, die gut zu dieser WM und auf alle Teilnehmer und Helfer in allen Startgruppen passte.
Liebe Teilnehmer, hier ist Offshore One.
Im Interesse der Kürze werde ich nicht die Gelegenheit haben, während der Preisverleihung heute Abend mit allen von Euch zu sprechen. Dennoch möchte ich mich bei Euch für die Worlds bedanken. Danke, dass Ihr an diesem harten Wettbewerb teilgenommen habt, unter manchmal brutalen, manchmal fast windstillen Bedingungen. Für den Sportsgeist und den Respekt, den Ihr gezeigt habt, für das kostenlose Kardiotraining, wenn Ihr Euch der Startlinie nähert. Danke für die unglaublichen Bilder in unseren Köpfen, die sich nur schwer auf Film bannen lassen, die uns aber noch lange im Gedächtnis bleiben. Beispielsweise, als Ihr – nur noch mit Kiel und Ruder im Wasser – ins Ziel geflogen seid.
Danke für ein freundliches Lächeln, ein Winken zu den freiwilligen Helfern, ein Schulterklopfen oder ein aufmunterndes Wort hier und da, damit werden die Helfer bezahlt, und das war sehr willkommen. Danke, dass Ihr mit uns die dunkle Magie der Meteorologie durchlitten habt, als wir schwierige Entscheidungen treffen mussten, ohne genau zu wissen, was die Zukunft bringen würde.
Wenn Ihr einem unserer Freiwilligen begegnet, klopft ihm oder ihr bitte auf die Schulter” (Stefan Kunstmann)
Wenn Ihr einem unserer Freiwilligen begegnet, klopft ihm oder ihr bitte auf die Schulter oder schüttelt ihm die Hand. Sie waren unglaublich und würden jeden Wettfahrtleiter gut aussehen lassen. Ich freue mich darauf, viele von Euch bei einer Eurer nächsten Regatten zu sehen. Bis dahin ein letztes herzliches Dankeschön von mir dafür, dass Ihr unseren Sport so großartig habt aussehen lassen. Hier ist Offshore One, Ende.”