ORC-WMGnadenloses Powerplay in steifen Winden – drei Rennen für alle

Tatjana Pokorny

 · 09.08.2023

"Red Bandit" im Powerplay mit den Elementen
Foto: Felix Diemer for ORC
Die ORC-WM vor Kiel blieb auch am dritten Tag ein Balanceakt an der Grenze des zumutbaren Windes. Dennoch ließ die Wettfahrtleitung ihre Felder drei Rennen absolvieren. Dem “Coastal” am Vormittag folgten zwei Up & Downs am Nachmittag, bevor die Halbzeit der sechstägigen Serie am Abend des 9. August erreicht war

Nachdem auch die großen Yachten in Klasse A wieder genügend Tiefgang vorfanden, um den Hafen ohne Gefahr von Grundberührung verlassen zu können, absolvierten alle drei WM-Gruppen am Mittwochmorgen zunächst ein weiteres küstennahes Rennen. Die Hoffnung vieler Teilnehmer auf Erbarmen und Absage der beiden Up & Downs am Nachmittag erfüllte sich danach nicht. Nach kurzer Verschnaufpause im Hafen des Olympiazentrums Kiel-Schilksee mussten sie wieder raus ins Rauschen auf der Förde.

Karl Kwoks Top-Favoritin “Beau Geste” startet mit weißer Weste in Halbzeit zwei

Vor allem die Crews der vier großen TP52-Yachten und weitere Teams aus der WM-Gruppe A hatten sich gegen Up & Downs in diesen Bedingungen ausgesprochen, weil sie um ihr Material fürchteten und Bruch witterten. Halsen in 30 Knoten Wind sei nicht wirklich, was TPs tun sollten, war aus den Teamlagern zu hören. Die Kurzrennen fanden am Nachmittag in 23 bis 26 Knoten Wind und stärkeren Böen trotzdem statt. Karl Kwoks Gruppe-A-Favoritin “Beau Geste” stürmte nach dem gewonnenen Coastal in nur 39 Minuten und 45 Sekunden auch zum ersten, in weiteren 40 Minuten und 13 Sekunden zum zweiten Up-&-Down-Sieg.

In der Gesamtwertung bleibt das TP52-Team vom Royal Hong Kong Yacht Club mit Skipper Gavin Brady ungeschlagener Spitzenreiter vor Tilmar Hansens Klassenschwester “Outsider” (Kieler Yacht-Club) und Carl-Peter Forsters “Red Bandit” (Bayerischer Yacht-Club). Es folgten nach insgesamt vier Rennen zur Halbzeit Michael Berghorns Mills 45 “Halbtrocken 4.5” vom Kieler Yacht-Club, Jan Opländers Swan 45 “Katima” vom Norddeutschen Regatta Verein und das stark auftretende Frauen-Team um Skipperin Kirsten Harmstorf-Schönwitz auf “Tutima”.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Wir können mehr, haben es aber heute nicht abgerufen” (Tilmar Hansen)

Die vor WM-Start in Klasse A co-favorisierte “Outsider”-Crew hatte den Tag mit Rang drei im Coastal nicht optimal eröffnet. “Grundsätzlich war es eine tolle Regatta aus der Förde raus, aber es wird sehr bestraft, wenn man nicht das richtige Segel oben hat. Wir können mehr, haben es aber heute nicht abgerufen”, zog Eigner Tilmar Hansen selbstkritisch Zwischenbilanz. Gemeint war der anfangs auf “Outsider” nicht gesetzte Code Zero, der Carl-Peter Forsters junger Crew auf “Red Bandit” – die hatten ihn von Beginn an oben – den relevanten Vorteil gebracht hatte.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Auch in die Manöver der “Outsider”-Crew hatten sich am Mittwochmorgen einige Fehler eingeschlichen. “Coastal-Weltmeister werden wir bei dieser Serie nicht mehr”, sagte Steuermann Bo Teichmann, “wir hoffen auf die Up & Downs. Da müssen wir was reißen.” Die Kurzrennen gelangen dem “Outsider”-Team mit zwei zweiten Rängen besser. An die weitgehend fehlerfrei agierenden Top-Favoriten auf “Beau Geste” aber war in den knackigen Winden am Mittwoch noch kein Rankommen. Drei Tage bleiben den deutschen Verfolgern, das Kwok-Team noch stärker zu fordern.

“Red Bandit” als Seesegelschule erfolgreich

Über ihre guten Leistungen im Coastal freute sich die mit einem Altersdurchschnitt von nur 26 Jahren junge Mannschaft auf “Red Bandit”. Taktiker Adrian Hoesch sagte: “Das war ein gutes Rennen. Schön auch, dass alles heil geblieben ist.” Das Projekt von Carl-Peter Forster ist als Stiftung organisiert. “Wir versuchen, jungen Leuten das Offshore-Segeln beizubringen”, erklärt Adrian Hoesch die Zielsetzung des Teams. Viele Crew-Mitglieder segeln bei dieser WM, so Hoesch, erstmals in so stürmischen Winden.

Die Bedingungen forderten auch die Familienmannschaft auf Holger Streckenbachs vierter TP52 im WM-Bund stark. Die “Imagine” segelte im Coastal auf Rang sieben, in den beiden Kurzrennen auf die Ränge neun und fünf. “Unsere Boote sind so brutal bei so viel Wind, sind ab 20 Knoten schon problematisch zu handeln”, sagte Holger Streckenbach, dessen Kinder Felix, Anna und Theodor der 15-köpfigen “Imagine”-Crew angehören. Das Team hatte zum stürmischen WM-Auftakt aus Sicherheitsgründen auf die erste Wettfahrt verzichtet, kommt nun aber zunehmend besser in Fahrt.

“Intermezzo” und “Aquaplay” bleiben auf Tuchfühlung mit der Spitze

In WM-Gruppe B hat Marcin Sutkowskis Grand Soleil 44 P “Windwhisper” ihre Dominanz fortgesetzt. Bei vier Siegen und einem zweiten Rang weist das WM-Halbzeitkonto der Polen gerade einmal sechs Zähler auf. Es folgen Peter Buhls dänische Swan 42 “Sirena” und Aivar Tuulbergs estnische ClubSwan 42 “Katarina II”. Beste deutsche Yacht in der mittleren WM-Division B ist nach drei Coastals und zwei Kurzrennen Jens Kuphals “Intermezzo”, die bei den Up & Downs mit den Rängen vier und zwei glänzen konnte.

In WM-Gruppe C musste Max Habecks “Aquaplay” am dritten Tag der Serie ein paar Federn lassen. Die J-112 vom Münchner Yacht Club Monte Baldo holte zwar Rang drei im Coastal, verlor aber mit den Rängen 10 und 5 in den Up & Downs wieder etwas an Boden. Als Gesamtfünfte haben Steuermann Gordon Nickel und die “Aquaplay”-Crew aber guten Kontakt zur Spitze. Angeführt wird Gruppe C von Juss Ojalas J/112 E “Matilda 4” vor Harles Liivs J/112 E “Shadow” (beide Estland) und Koronis Janulionis’ Klassenschwester “Keturi Véjai”.

Meistgelesen in der Rubrik Regatta