„Wir sind mit Qualität und Quantität des WM-Feldes mehr als zufrieden“, freut sich Organisationleiter Eckhard von der Mosel, der bereits die ORC-WM 2014 in Kiel geleitet hat. Alle amtierenden Weltmeister, alle Medaillengewinner der WM 2021 und Europameister aus den Jahren 2022 und 2023 haben ihr Kommen zugesagt. Insgesamt kämpfen Teams auf 121 Yachten aus 13 Nationen um die WM-Titel in den drei Kategorien A (15), B (33) und C (73).
Auch wenn der ganz große Hype bei den Offshore-Regatten in Deutschland in diesem Jahr ausgeblieben war und die Meldezahlen von der Maior (30) über den Kiel-Cup der Kieler Woche (35) bis zur IDM während der Travemünder Woche (21) eher im unteren bis normalen Rahmen blieben, so lockt die ORC-WM nun doch ein eindrucksvolles Feld von deutschen und auch internationalen Segler auf die Regattabahn.
Neben 61 GER-Yachten komplettieren Flotten aus dem Baltikum, Estland, Litauen sowie Skandinavien mit je acht Meldungen aus Dänemark und Schweden das Feld. Die Veranstalter erwarten eine „schnelle“ WM. „Es ist die Idee des ORC-Segelns, mit neuen Materialien und neuen Technologien die Boote schneller zu machen, mit anderen Worten: Innovationen in den Segelsport zu bringen“, sagt Eckart Reincke, Offshore-Chef der Kieler Woche und bei der ORC-WM neben Stefan Kunstmann und Fabian Bach einer von drei Wettfahrtleitern.
Es ist das ‘Who’s who’ des ORC-Segelns in Kiel“ (Eckhard von der Mosel)
Weiter sagte Eckart Reincke: „Während bei den Einheitsklassen darauf geachtet wird, dass das gesamte Material gleich ist, wird beim ORC-Seesegeln insbesondere Augenmerk auf den technologischen Vorsprung gelegt, der dann im Laufe der Zeit allen Booten zugutekommt. Aus diesem Grundverständnis heraus wird die gesamte Flotte der Regattaboote auch von Jahr zu Jahr im Durchschnitt schneller.” Von diesen “Schnellen” kommen die Besten in den deutschen Norden. „Es ist das ‘Who’s who’ des ORC-Segelns in Kiel“, frohlockt von der Mosel.
Eckart Reincke ergänzt: „Unter der Berücksichtigung der Verschiebungen im Segelsport ist das Meldeergebnis wirklich gut. Wir haben im Seesegeln eine Entwicklung hin zu Abenteuerreisen: Doublehand und Singlehand oder kleinere Crews legen Hunderte oder gar Tausende von Seemeilen zurück. Große Abenteuer-Törns wie das Fastnet Race passen derzeit ebenfalls in diesen Megatrend des Offshore-Regattasports. Die über 120 Yachten zur Weltmeisterschaft in Kiel dürfen wir daher als Anerkennung für die deutsche Regattaszene interpretieren.“
WM-Top-Favoritin in der Kategorie A ist die „Beau Geste“ von Karl Kwok (Britische Jungferninseln). Mit ihr sind alle amtierenden Titelverteidiger bei der ORC-Weltmeisterschaft 2023 in Kiel am Start. Im Mai hatte der frischgebackene Europameister und amtierende Weltmeister als letzter Titelverteidiger für die ORC-WM vor Kiel sein Kommen zugesagt. Neben den drei amtierenden Weltmeister-Teams von 2022 in Porto Cervo (Italien) sind auch alle neun Medaillengewinner der Weltmeisterschaft 2021 in Tallinn (Estland) am Start.
„Es dürfte das erste Mal in der Geschichte der seit 1999 jährlich stattfindenden ORC-Weltmeisterschaft sein, dass die amtierenden Goldmedaillengewinner bei einer Veranstaltung des laufenden Jahres alle zur Titelverteidigung versammelt sind“, weiß Dobbs Davis, ORC-Communication Director (USA), zu berichten. In der Klasse B ist es Catalin Trandafirs (Polen) mit seiner GS 44P „Essentia 44“, in Klasse C Ott Kikkas (Estland) mit seiner Italia 11.98 „Sugar 3“.
Unser Ziel ist es definitiv nicht, als ewiger Zweiter bezeichnet zu werden“ (Bo Teichmann)
Jeder der Co-Favoriten wird auf weitere starke Herausforderer auch aus Deutschland treffen. Da sind beispielsweise die zweimaligen Vizeweltmeister der TP52 „Outsider“ (Kieler Yacht-Club) von Tilmar Hansen aus Kiel. Die Crew um Steuermann Bo Teichmann macht keinen Hehl daraus, dass sie gern nach Gold greifen würde. Dafür haben sie unter anderem am vergangenen Wochenende in neuer WM-Aufstellung trainiert. „Unser Ziel ist es definitiv nicht, als ewiger Zweiter bezeichnet zu werden“, sagt Bo Teichmann.
Der 39-jährige Projektleiter segelt seit 23 Jahren mit „Outsider“-Eigner Tilmar Hansen. Nach zwei WM-Silbermedaillen 2018 hinter „Beau Geste“ und 2021 hinter Michael Berghorns Mills 45 „Halbtrocken 4.5“ will die Mannschaft auf dem “Silberpfeil” das Silber-Triple vermeiden. Dabei sollen und wollen fünf weitere Profis helfen: Der international renommierte Taktiker Markus Wieser kommt mit einem Kernteam an Bord, mit dem er sonst in anderen Profiserien aktiv ist. Mit Navigator Robin Zinkmann, Holger Lehning, Stefan Matschig und weiteren “Ur-Outsidern” sowie Eigner Tilmar Hansen ist die 15-köpfige Crew komplett.
Ebenso ist Michael Berghorns Crew auf der Mills 45 Custom “Halbtrocken 4.5” zum Co-Favoritenkreis für die ORC-WM zu zählen. Auch der Hamburger hat bereits vertraute professionelle Verstärkung an Bord: Neben Taktiker und Matchrace-Ass Jes Gram Hansen (Dänemark) ist auch der niederländische Hochseeprofi Frans Hinfelaar Teil der Crew der „Halbtrocken 4.5“. Dass neben „Outsider“ und „Beau Geste“ mit Holger Streckenbachs „Imagine“ und Carl-Peter Forsters „Red Bandit“ zwei weitere TP52-Yachten mit im Spiel sind, erhöht für alle Beteiligten den Spaßfaktor.
In Klasse B gibt es ein Wiedersehen mit der internationalen „Hälfte“ des Ocean-Race-Teams Guyot: Robert Stanjek, Phillip Kasüske und Annie Lush gehen mit der modifizierten Landmark 43 „Intermezzo“ und Eigner und Steuermann Jens Kuphal auf WM-Punktejagd. In Klasse C ist aus deutscher Sicht die Italia 9.98 „Immac Fram“ mit der Crew um Kai Mares eine ebenso heiße Titelanwärterin wie Ott Kikkas’ „Sugar 3“. Für das Immac-Projekt markiert die WM die Abschiedsgala. „Nach der IDM vor Travemünde ist die WM unsere letzte Regatta, danach wird die Yacht verkauft“, erklärt Skipper Kai Mares.
Den rechtevergebenden Offshore Racing Congress (ORC) vertritt in Kiel Präsident Bruno Finzi. Für Amateur- und Frauen-Teams sind zusätzliche Preise vorgesehen. Da würde nicht nur die „Tutima“-Crew um Kirsten „Kirsche“ Harmstorf-Schönwitz beim Revival ihres Frauen-Teams gern Hand anlegen. Geplant sind für die ORC-WM ein eröffnendes Offshore-Rennen sowie Up & Downs und längere „Coastal Races“. Die Siegerparty steigt am Abend des 12. August. Herzkammer der ORC Worlds ist das Olympiazentrum Kiel-Schilksee, wo auch die Segelnationalmannschaft zu Hause ist.