MultihullFoilend um die Welt?

Andreas Fritsch

 · 20.07.2017

Multihull: Foilend um die Welt?Foto: Y. Zedda/Gitana
Gitana 17

Das Gitana-Team hat mit dem neuen Maxi-Tri "Edmond de Rothschild" den bislang radikalsten Offshore-Multi vorgestellt

  Der Mittelrumpf mit hohem Freibord für optimalen Schutz des Skippers oder der Crew bei RekordversuchenFoto: Y. Zedda/Gitana
Der Mittelrumpf mit hohem Freibord für optimalen Schutz des Skippers oder der Crew bei Rekordversuchen

Ein Jahr und acht Monate hat das Gitana-Team der Familie Rothschild mit Skipper Sébastien Josse an dem neuen Maxi "Edmond de Rothschild" gebaut, der auch einhand über lange Strecken foilen soll. Beim Stapellauf vor der Multiplast-Werft in Vannes war nun erstmals zu sehen, wie das funktionieren soll. Der 32-Meter-Tri hat sechs Anhänge und die mit Abstand größten T-Foils, mit denen je ein Offshore-Trimaran ausgestattet war. "Das Boot setzt die innovative Tradition des Teams fort", so Benjamin Rothschild beim Stapellauf.

  Große, aufholbare T-Foils an den Schwimmern sollen für stabile Flughöhe sorgenFoto: Y. Zedda/Gitana
Große, aufholbare T-Foils an den Schwimmern sollen für stabile Flughöhe sorgen

Bislang galt es als sehr schwierig, das Konzept der fliegenden Kats des America's Cup auf die Ozeane zu übertragen. Denn wenn die Boote in hohem Seegang von acht, neun Metern segeln, wurde das bislang für zu gefährlich gehalten.

Doch genau das soll der Entwurf des Konstrukteurs Guillaume Verdier leisten; dieser war auch maßgeblich am Kat der Neuseeländer für den America's Cup beteiligt. "Die Idee bestand darin, den ersten Offshore-Tri zu bauen, der zuverlässig fliegt", so der Konstrukteur. Bereits ab 14 Knoten Windgeschwindigkeit soll der Riesen-Tri nur noch auf seinen Foils fahren. Die Schwerter sind dabei ähnlich L-förmig wie bei den Cup-Booten, dazu kommen verstellbare T-Foils an allen drei Rudern des Tris sowie eines T-Foils im Mittelrumpf. "Das mittlere ist vor allem dafür da, die Rollbewegungen im Seegang zu dämpfen", so Verdier. Die waren bei Tests zum Konzept mit dem modifizierten, alten Mod 70 des Teams das größte Problem.

  Das Foil des Mittelrumpfes soll vor allem Rollbewegungen im Seegang dämpfenFoto: Y. Zedda/Gitana
Das Foil des Mittelrumpfes soll vor allem Rollbewegungen im Seegang dämpfen

Die nächsten Wochen würden nun viel Abstimmungsarbeit bringen. "Beim Team New Zealand haben wir teilweise mit 80 Mann daran gearbeitet, die Fragen der Segler zu beantworten. Entsprechend kommt viel Arbeit auf Sébastien Josse zu." Der Kat gilt eigentlich als die perfekte Plattform für das Foilen, doch auch als zu kentergefährdet für die hohe See. So entwickelte man die Idee für den Tri als Kompromiss weiter.

Der Skipper, der zuletzt mit seinem foilenden Open 60 bei der Vendée Globe nach Bruch ausgeschieden war, freut sich derweil schon auf die Tests: "Ich kann es kaum abwarten, mit dem Boot zu segeln. Aber wir müssen uns auch klar sein: Heute werden Rekorde nur noch von Teams gebrochen, die schon sehr lange an den Booten und Projekten arbeiten, meist über Jahre." Ziel ist es, mit dem Boot bei der Zweihand-Regatta Jacques Vabre im November zu starten, dann einhand 2018 die Route du Rhum zu segeln und 2019 beim ersten Einhand-Nonstop-Rennen um die Welt mit den Maxi-Tris an den Start zu gehen.

Ein näherer Blick auf das Boot zeigt besonders im Vergleich zum Konkurrenz-Team "Banque Populaire", das Ende 2015 seinen Maxi-Tri für dasselbe Programm vorstellte, wie schnell der Fortschritt in diesem Bereich zurzeit ist. Dessen Konstrukteure, das Design Büro VPLP, erklärte, dass ihr Tri kein "reiner" Foiler sein würde, da ein kleiner Teil des Hauptrumpfes und des Lee-Schwimmers immer über das Wasser "flitschen" würden. Dementsprechend kleiner sind dessen T-Foils, die Schwimmer und auch der Rumpf dafür noch deutlich voluminöser.

Die "Edmond de Rothschild" überrascht dazu mit Ruder-T-Foils, die von riesigen Verkleidungen geschützt werden, die ziemlich klobig wirken. Doch sie sind nötig, da die Ruder der seitlichen Rümpfe während des Segelns aufgeholt werden können. Das sei nötig, um die Foils vor Wellenschlag bei hohem Speed und Seegang von der Seite zu schützen. Zudem können die Ruder hochklappen, falls Treibgut gerammt wird.

Das Boot hat mittlerweile sein Rigg bekommen und wird in Kürze vor der französischen Küste erste Testfahrten unternehmen. Was da zu erwarten ist, deutete Konstrukteur Guillaume Verdier nur an: "Speeds bis maximal 50 oder 54 Knoten sind denkbar, dann setzt Kavitation ein." Etmale von 900 Seemeilen in 24 Stunden (Rekord derzeit sind 908,2 vom 132-Fuß-Tri "Banque Populaire V") hält er ebenfalls für realistisch.