Fünf Jahre hat Laser-Weltmeister Philipp Buhl gebraucht, um neben dem Olympiasport auch in der Motten-Weltspitze anzukommen. Außerdem besuchte er Boris Herrmann
Laser-Weltmeister Philipp Buhl hat bei der Motten-Europameisterschaft im französischen Quiberon mit Platz drei und EM-Bronze sein bislang bestes Ergebnis in der populären Klasse der Foil-Flitzer erreicht. Der zweimalige Olympiateilnehmer Buhl war 2017 zum Ausgleich und zur Horizonterweiterung in kleinen Schritten in die Mottenklasse eingestiegen, hat seitdem pro Jahr neben dem olympischen Sport immer nur einige wenige Events bestritten. Seine vor fünf Jahren bestellte und zu der Zeit von den Besten favorisierte Exocet-Motte aus der britischen Manufaktur Maguire Boats in Hampshire hatte Buhl nach damals üblich langer Lieferzeit von drei Jahren erst 2020 bekommen und seitdem weiterentwickelt. Vor allem die Foils. Inzwischen haben längst wieder neue Modelle wie die Aerocet oder die Bieker die Gunst der Weltbesten erobert. Gerade deshalb ist Buhl besonders stolz auf seinen dritten Platz bei der Europameisterschaft: "Es ist ein gutes Gefühl, dass man mit einem nicht besten Boot, das eigentlich keiner mehr segelt, bei guter Arbeit und Hängetechnik aus dem Laser auch aerodynamische Nachteile kompensieren und besseren, neueren Booten Paroli bieten kann." Die ausgetragenen offenen europäischen Meisterschaften gewann bei sechs Rennsiegen in elf Wettfahrten der britische Co-Favorit Dylan Fletcher auf einer Aerocet vor dem Amerikaner Brad Funk.
Buhl tippt, dass er in fünf Jahren Motten-Einsatz auf nur rund 200 Trainings- und Regattatage gekommen ist. Den Spitzenakteur vom German Sailing Team beflügeln wie andere starke Mottensegler, etwa Weltmeister Tom Slingsby, seine olympische Erfahrung, sein beständig erweiterter technischer Horizont und sein gutes Bootshandling. "Ich habe mittlerweile einen ganz guten Wissensstand", sagt er selbst. Nun ist er angekommen in der Weltspitze der besten Mottensegler, obwohl sein Hauptfach das olympische Ilca-7-Segeln (Ex-Laser) ist und bleibt und er längst seine dritte Olympiateilnahme ins Visier genommen hat. Dafür bescheren ihm die Motten-Ausflüge aber höchst willkommene Abwechslung und neue Herausforderungen.
Buhl liebt das Lasersegeln nach wie vor, schätzt die direkte und harte Auseinandersetzung im olympischen One Design Ilca 7, in dem es allein auf des Seglers Leistung ankommt. Doch er ist auch immer wieder glücklich, wenn er auf der Motte mit Max-Speed von bis zu 31 Knoten übers Element seines Lebens rasen kann. "Die Motten-EM hat so viel Spaß gemacht", sagt er und lacht. Dann fügt er hinzu: "Es ist ja auch eine schöne Botschaft, dass man mit einer Motte wie meiner so weit kommen kann. Damit ist das Gerücht zerstört, dass man 60.000 Euro investieren muss, wenn man in der Weltspitze mitsegeln will. Und von Motten wie meiner gibt es ja viele auf dem Gebrauchtbootmarkt …" Die richtigen und gut entwickelten Foils indes bräuchte es schon, räumt der inzwischen meisterlich agierende beste deutsche Motten-Bändiger ein. Er hat sich damit intensiv beschäftigt, auch Tipps von Top-Steuerleuten wie Tom Slingsby gern angenommen. Für den Umstieg auf immer neue Motten-Modelle, so Buhl, fehlen ihm Geld und Zeit. Ganz offensichtlich geht es auch ohne …
Seinen aktuellen Frankreichaufenthalt nutzte und nutzt Buhl für eine weitere spannende Stippvisite. In der vergangenen Woche besuchte er Boris Herrmann und Team Malizia in Lorient. Boris Herrmann hat Philipp Buhl persönlich durch seine neue, erst am 19. Juli erstmals zu Wasser gelassene "Malizia – Seaexplorer" geführt. "Das ist schon eine krass andere Welt", sagte Buhl danach. Ob er sich vorstellen kann, auf einer Imoca solo um die Welt zu segeln? "Eher nicht", sagt Buhl, "in pechschwarzer Nacht mit 30 Knoten in aufgewühlter See rumzumörsern – da hätte ich, glaube ich, schon Schiss. Aber Boris scheint gutes Vertrauen in sein Boot zu haben. Für mich war es eine sehr interessante Erfahrung. Schön, dass er sich persönlich die Zeit genommen und mir so freundlich sein Boot gezeigt hat." Weiter führt Buhls Weg nach Marseille ins Olympiarevier, wo der Steuermann vom Segelclub Alpsee-Immenstadt und dem Norddeutschen Regatta Verein 2024 im dritten Anlauf zu gern eine Olympia-Medaille gewinnen würde. Dort ist ein kleiner Trainingsblock mit Coach-Regatta angesetzt. Dabei geht es im Ilca 7 mit der Trainingsgruppe wieder olympisch zur Sache. Im September folgt ein weiterer Ilca-7-Trainingsblock im künftigen WM-Revier von Den Haag, bevor eine Organisationspause und das Wintertraining auf dem Programm stehen. Mit der Motten-Medaille in der Tasche und vielen Ilca-7-Plänen vor Augen, wirkt Buhl Ende Juli so erfrischt wie schon eine Weile nicht mehr.