Tatjana Pokorny
· 05.07.2023
Dass Lennart Burke und Melwin Fink die erste Etappe bei ihrer Premiere im Les Sables–Horta–Les Sables mit Ruderbruch hatten aufgeben müssen, ist bekannt. Ebenso die gelungene Reparatur in Porto inklusive Blitzabstecher nach Brest und die Fortsetzung der Etappe außerhalb der Wertung in den Etappenhafen Horta auf den Azoren. Dort wird die deutsche Zweihand-Crew in der Nacht zum 6. Juli erwartet.
Ich dachte, wenn ich die Zähne zusammenbeiße, wird es schon gehen” (Lennart Burke)
Bislang nicht bekannt war, dass sich der 24-jährige Lennart Burke schon kurz vor dem Ruderbruch am Rücken verletzt hatte. “Wir waren gerade am Kap Finisterre vorbeigehuscht, als in Winden zwischen 30 und 40 Knoten eine Welle ins Boot schoss. Ich bin mit dem Rücken zuerst nach vorn auf einen Spant geknallt. Das war ein Schock, aber ich dachte, wenn ich die Zähne zusammenbeiße, wird es schon gehen”, erzählt Lennart Burke Tage nach dem Unfall.
Mit schmerzendem Rücken war der Stralsunder nach der Ankunft im Reparaturhafen Porto sogar noch via Paris nach Brest geflogen, um die benötigten Ersatzteile für die “SignForCom” zu besorgen, die teilweise aus einer dort liegenden Class 40 ausgebaut wurden. Nach dem Wiedereintreffen in Porto schmerzte Burkes Rücken noch stärker. Beim Stauen konnte er kaum einen Segelsack anheben. Dennoch sind Lennart Burke und Melwin Fink nach erfolgreicher Reparatur wieder losgesegelt, um es rechtzeitig vor Beginn der Rücketappe von Horta nach Les Sables-d’Olonne in den Halbzeithafen auf den Azoren zu schaffen.
Das Projekt ist größer als ich” (Lennart Burke)
Nach intensivem Austausch mit einem betreuenden Arzt hoffen Burke und Fink auch jetzt noch, dass es sich “nur” um eine heftige Prellung handelt. Die Folgen sind jedoch so gravierend, dass sich Lennart Burke schweren Herzens dazu entschlossen hat, für die Rücketappe von Bord zu gehen. “Melwin muss aktuell bei der Überführung nach Horta alles allein machen. Ich kann kaum eine Schot dichtziehen. Ich kann so nicht Regatta segeln. Das Projekt ist größer als ich”, sagt Burke, der bereits für morgen in Horta einen Termin zum Röntgen hat.
Er fühle sich aktuell, so Burke auf See, wie ein “Gast an Bord”, der nicht helfen, sondern nur zuschauen könne. Er wolle aber, dass die neue Pogo 40 S4 weiter auf höchstem Niveau getestet und optimiert wird. Dafür hat das Next Generation Sailing Team nun eine Ersatzfrau für Lennart Burke für Etappe zwei im Les Sables–Horta–Les Sables gefunden: Die Französin Estelle Greck kommt an Bord. Sie wurde Burke und Fink von ihrem erfahrenen französischen Class-40-Coach Tanguy Leglatin empfohlen.
Wir wollten jemanden, der uns helfen kann voranzukommen” (Melwin Fink)
Die 32-jährige Estelle Greck gilt als “Urgestein aus Lorient” und bringt viel Class-40-Erfahrung aus dem Globe 40 und Figaro-Expertise mit ins Boot. “Wir wollten jemanden, der uns helfen kann voranzukommen”, erklärt Lennart Burke die Wahl. Sein 21-jähriger Co-Skipper Melwin Fink freut sich auf die Verstärkung. Bei zur Neige gehendem Proviant blickte Melwin Fink am Donnerstag sehnsüchtig der hochverdienten zweitägigen Pause vom fordernden Einsatz entgegen, bevor die Rücketappe am 8. Juli vor Horta startet.
Auf der Habenseite des Duos stehen die offenbar gut gelungene Ruderreparatur und die Erkenntnis, dass die Class 40 “SignForCom” ein schnelles Boot ist. “Wir haben die Ruderreparatur gleich nach dem Ablegen in Porto bei 40 Knoten Wind und 20 Knoten Bootsspeed gut testen können”, sagt Melwin Fink lächelnd. Gemeinsam sind Lennart Burke vom Norddeutschen Regatta Verein und Melwin Fink vom Schaumburg-Lippischen Seglerverein stolz darauf, dass ihnen diese komplexe Ruderreparatur binnen weniger als 24 Stunden gelungen war.
Für Etappe zwei bleibt das Ziel ehrgeizig, wie Melwin Fink auch für die neue Mixed-Crew erklärt: “Natürlich müssen wir sehen, wie in der neuen Konstellation alles läuft. Aber wir wollen wieder alles geben und nach vorn segeln.” Lennark Burke lächelt dazu und sagt: “Ich drücke die Daumen und warte in Les Sables-d’Olonne.” Bis zu den kommenden Saisonhöhepunkten will er wieder fit sein: Das 50. Rolex Fastnet Race startet am 20. Juli. Das Transat Jacques Vabre beginnt am 29. Oktober.
Die erste Etappe im Les Sables–Horta–Les Sables haben Alberto Bona und Pablo Santurde nach intensivem Rennen in 5 Tagen, 8 Stunden, 22 Minuten und 26 Sekunden gewonnen. Dabei gelang der “Ibsa”-Crew mit 430,47 Seemeilen ein 24-Stunden-Rekord für Class-40-Yachten. Im Vergleich zum von Team Malizia im Ocean Race neu aufgestellten 24-Stunden-Weltrekord (641,13 Seemeilen) wirkt es beim 20 Fuß kleineren Boot ähnlich formidabel.