Es ist ein fast unglaubliches Duell, dass sich Benoït Hantzberg und Renaud Dehareng vom Team Belgium Ocean Racing – Curium und Ian Lipinski und Amélie Grassi auf “Crédit Mutuel” auf Etappe zwei der Weltumseglung Globe40 liefern. Gerade einmal drei Seemeilen trennten die beiden Duos am Abend des 19. Oktober bald zwei Dritteln der Strecke. Da hatten sie noch etwa 2800 Seemeilen bis zum Etappenziel La Réunion vor sich. Beide Boote kamen in kräftigen Winden zwischen 20 und 30 Knoten zuletzt schnell voran.
Am Freitag noch hatten sich die Belgier ein kleines Polster von knapp 30 Seemeilen auf die Franzosen erkämpft. Doch bis zum Sonntagabend war das wieder dahin. “Gefangen” zwischen einem Hochdruckgebiet im Norden und der von den Globe40-Organisatoren eingezogenen 42-Grad-Süd-Begrenzung, hatten die beiden Teams ihren Kurs zum Kap der Guten Hoffnung in 15 Knoten Wind von achtern mit etwas unterschiedlichem Erfolg gesucht und gefunden.
Weil Lipinski und Grassi der Südgrenze etwas nähergekommen waren, war es dem Mixed-Team gelungen, den Rückstand auf die Belgier wieder zu schrumpfen. Solange, bis auch die Belgier sich wieder nach Süden orientierten. Beide Crews haben den bisherigen Atlantik-Abschnitt der zweiten Globe40-Etappe mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 12,33 Knoten in herausragender Weise gemeistert. Dass sie im Südmeer segeln, als wäre es ein Matchrace vor der bretonischen Küste, macht diese Weltumseglung weiter zum Krimi.
Gleichzeitig rangen Lennart Burke und Melwin Fink rund 500 Seemeilen achteraus als Dritte um Anschluss an die seit den Doldrums enteilten Favoriten. Das junge deutsche Team vermeldete am Sonntag sein Bergfest auf Etappe zwei. Melwin Fink sagte: “Wir wünschen uns, dass die zweite Hälfte der Strecke nicht die gleiche Zeit in Anspruch nimmt wie die erste.” Zwischen Sonnenstrahlen und rauer See blickte das Duo aus Hamburg auf 3450 Seemeilen im Heckwasser zurück und ließ wissen: “Die Crew der ‘Next Generation Boating Around the World’ hat die Hälfte der 2. Etappe von Mindelo nach La Réunion hinter sich gelassen.”
Die damit verknüpfte gute Kunde folgte direkt: “Ab jetzt wird die Strecke kürzer. Das Ziel rückt jeden Tag näher.” Dazu hatte Melwin Fink am Sonntagormittag noch eine Hoffnung geäußert: “Wir wünschen uns, dass die zweite Hälfte der Strecke nicht die gleiche Zeit in Anspruch nimmt wie die erste.” Die Co-Skipper waren nach längerer Durststrecke am Wochenende schnell unterwegs. Darauf wies auch die erreichte Top-Geschwindigkeit von 25 Knoten hin.
Jetzt heißt es auf jeden Fall nicht weiter zurückfallen, möglichst viel Abstand verringern und dann neu angreifen hinter dem Kap der Guten Hoffnung.” Lennart Burke
Bei zehn Grad Lufttemperatur halten sich Burke und Fink mit dicken Schlafsäcken und viel Tee warm, investieren dabei viel Zeit in Navigation und Wetter. Einem aus dem Nordwesten herannahenden Tiefdruckgebiet wollen sie auf ihrem Ostkurs “auf jeden Fall ausweichen”. Lennart Burke sagte: “Wir verbringen viel Zeit an den Navigationsinstrumenten und mit der Wetterauswertung, um bestmöglich vorbereitet zu sein.”
Ihre Pogo 40 S4 ist weiter gut in Form. Bislang, so informierte das Team, sei “lediglich eine Windfahne und ein Umlenkblock gebrochen”. Weil dafür Ersatz an Bord vorhanden war, wurde die beschädigte Ausrüstung bereits ausgetauscht. Ungenutzt ist bislang die Heizung geblieben. Sie soll, so das Team, “nur im Notfall zum Einsatz kommen, etwa zum Trocknen der Kleidung”.
Wacker hielten sich nach zweieinhalb Wochen auf See bei der Verfolgung der führenden Scow-Boote die Spitzbuge: Beste Verfolger der Top-Drei waren auch am Sonntag die Brasilianer José Guilherme Caldas und Luiz Bolina auf “Barco Brasil” bei rund 600 Seemeilen Rückstand auf Lennart Burke und Melwin Fink. 60 und 110 Seemeilen hinter den Südamerikanern rangen Thibaut Lefèvre und François Martin sowie Lisa Berger und Jade Edwards-Leaney auf “Wilson Around The World” um Anschluss an die Brasilianer.
Dabei verteidigten die österreichische Skipperin und ihr britischer Co-Skipper zuletzt einen Zehn-Seemeilen-Vorsprung vor Richard Palmer und Rupert Holmes auf Jangada Racing. Schlusslichter blieben vorerst Melodie Schaffer und Julia Virat, die 100 Seemeilen hinter den Briten zurücklagen. Lennart Burke und Melwin Fink werden ihren nächsten Meilenstein voraussichtlich am 22. Oktober mit der Passage des Längengrades vom Kap der Guten Hoffnung erreichen. Den Etappenhafen auf La Réunion, so das jüngste Routing, könnte die deutsche Crew am 31. Oktober erreichen.
Die Routings seien allerdings aufgrund der schwer berechenbaren Bedingungen im Indischen Ozean noch nicht sehr verlässlich. Erholt hat sich das Duo längst von einem kurzfristigen Schreck in der vergangenen Woche, als der 2:1-Umlenkblock der Pogo, der das Großfall umlenkt, auseinandergebrochen war. “Dadurch war ein Segel ein Stück runtergekommen, wenn auch nicht komplett, weil wir keine Mastrutscher haben und das Segel deshalb nicht einfach runterfällt”, erklärte Melwin Fink.
Er war in den Mast gestiegen und hatte erst dort entdeckt, dass der ganze Block und nicht nur ein Lashing kaputt war. “Wir mussten das Segel komplett bergen. Ich habe das Fall runtergeholt. Dann haben wir das Segel geborgen und ich habe einen Low-Friction-Ring anstelle des Blocks eingebaut. Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir es oben reparieren können. Aber es waren 25 Knoten Wind, ganz schön bumpy. Deswegen wollte ich da oben nicht länger bleiben als nötig. Das ist schon ganz schön gefährlich. Und ich habe mir auch ein paar blaue Flecken geholt. So ging die Reparatur aber ziemlich zügig und ist auch ganz schön zuverlässig.”
Insgesamt ziehen Burke und Fink eine positive Etappen-Halbzeitbilanz bei ihrer ersten Weltumseglung im Globe40. Melwin Fink sagt: “Wir sind uns bewusst darüber, dass das Rennen noch lange nicht entschieden, noch lange nicht zu Ende ist. Unsere Entscheidungen, die wir getroffen haben, können uns noch zugute kommen. Wir haben sehr gut auf unser Boot aufgepasst und sind trotzdem sehr schnell gesegelt, aber keine Risiken eingegangen. Damit sind wir sehr, sehr zufrieden.”
Weil das deutsche Team “weder über ein Riesenbudget noch ein Riesenteam” im Hintergrund verfügt, sei es von Beginn an der Plan gewesen, so Fink, “keine großen Risiken einzugehen”. Zwischendurch sei es “ein bisschen hart” gewesen, dass die beiden führenden Boote “so weggezogen sind”. Dennoch wolle das Team seinem Plan trotzdem treu bleiben: “Wir ziehen unser Ding durch und bleiben dabei, wie wir es in den letzten zwei Wochen gemacht haben”, sagt Fink.
Überrascht hat die Crew bisher, “wie lang das Ganze ist”. Melwin Fink sagt: “Es ist eine riesenlange Strecke. Da war man sich vorher nicht so richtig bewusst drüber.” Andererseits sei es “mega cool, hier unten im Süden zu segeln”. 23 bis 25 Knoten herrschten am Sonntagabend beim deutschen Team, das etwa am 41. Breitengrad Süd in drei, vier Meter hohen und sehr langen Wellen segelte und dabei auch “Surferlebnisse” genoss.