Tatjana Pokorny
· 21.10.2025
Lennart Burke und Melwin Fink kämpfen sich auf der zweiten Globe40-Etappe beim 42. Breitengrad in zunehmenden Winden voran. Über Nacht konnte sie ihren Rückstand auf die beiden Top-Boote verkürzen. Sie nähern sich der ersten Kap-Passage der Weltumseglung, während von hinten ein Tief heranrauscht. Am Flottenende sorgte die Sichtung eines Buckelwals für Glücksgefühle.
Knapp 600 Seemeilen war der Längengrad vom Kap der Guten Hoffnung am Morgen des 21. Oktober für Lennart Burke und Melwin Fink noch entfernt. 640 Seemeilen waren es auf dieser zweiten Etappe der Weltumseglung Globe40 noch bis zum Kap Agulhas und damit bis zum Eintritt in den Indischen Ozean. Dicht an der Kursgrenze beim 42. Breitengrad, kamen Burke und Fink am Dienstagmorgen in 22, 23 Knoten Wind mit 17 bis 20 Knoten Bootsgeschwindigkeit voran.
Die Kulisse im Südmeer hält für die jüngste Crew im Globe40, was sie verspricht. In seit Tagen stark heulenden Winden hat sich das Duo aus Hamburg gut auf das herannahende Tief vorbereitet. In dem kommenden 30 Stunden ist mit noch einmal deutlich zunehmenden Winden zu rechnen.
„Hinter uns hat sich ein bisschen was zusammengebraut, aber wir sollten eigentlich im Norden vom Schlimmsten verschont bleiben.“ Melwin Fink
Das aus dem Westen heranrauschende Tief wird die Crew nach eigener Einschätzung nicht mit voller Wucht treffen. „Wir sollten eigentlich nie mehr als 35 Knoten bekommen. Morgen Nacht soll das Schlimmste kommen, bis 35 Knoten. Das schränkt uns jetzt erst einmal nicht weiter ein“, sagte Melwin Fink am Dienstagmorgen.
470 Seemeilen vor Burke und Fink sind an der Spitze der Flotte Benoït Hantzperg und Renaud Dehareng vom Team Belgium Ocean Racing – Curium der Passage des Kaps der Guten Hoffnung schon ganz nah. Das Duo verteigte am 19. Renntag der zweiten Globe40-Etappe eine 40-Seemeilen-Führung im Duell mit Ian Lipinski und Amélie Grassi auf „Crédit Mutuel“. Beide Boote bewegten sich bereits weg von der 42-Grad-Kursbegrenzung nach Norden, bereiten sich aufs Eintauchen in den Indischen Ozean und den letzten Abschnitt zum Etappenziel La Réunion vor.
Anders die Lage bei ihren ersten Verfolger. Melwin Fink erklärte: „Wir bleiben auf Kurs hier unten an der 42-Grad-Linie. Wir sollten eigentlich ganz gut vor dem System herfahren. So machen wir es auch schon seit eineinhalb, zwei Tagen.“ 14 Knoten Fahrt wechselten sich in den heulenden Winden der „Brüllenden Vierziger“ mit rasenden Surfs von 23 Knoten ab. „Der Mittelwert steht dann ja mit 15, 16 Knoten meistens im Tracker“, erklärt Melwin Fink.
Sein Team ist weiter gut drauf im tiefen Süden. Fink sagt: „Es läuft alles sehr gut. Wir sind recht happy, das Boot ist gut vorbereitet für den Wind. Es kommt ein kleineres Segel drauf und dann schauen wir mal, was kommt.“ Hier geht es zum Tracker, dessen Windprognosen man durch Verschiebung auf der Zeitleiste oben rechts auch für die nähere Zukunft sehen kann.
Weiter hinten in der Flotte segelten die Österreicherin Lisa Berger und ihr Co-Skipper Jade Edwards-Leany als Sechste etwa beim 34. Breitengrad Süd der Kap-Passage entgegen. Gut 1300 Seemeilen hinter den belgischen Spitzenreitern hatten sie schon mit druckvollen Winden zu kämpfen. „Wilson Around the World“-Skipperin Lisa Berger berichtete: „Wir sind eine Nacht und einen Tag mit voller Geschwindigkeit auf einem Tiefdrucksystem gefahren, wo wir Winde von 30 bis 35 Knoten, manchmal bis zu 40 Knoten hatten. Da hatten die Wellen hier im Südatlantik viel Zeit und Platz zum Aufbauen.“
Lisa Berger genoss das Powerplay in den Elementen, schrieb: „Es ist einfach wunderschön. Leider scheint es ziemlich unmöglich, die Wellenhöhe in Videos zu beschreiben, aber ich kann euch sagen, es ist wirklich faszinierend! Wilson liebt es auch…“
Von einer spannenden Begegnung haben indessen Melodie Schaffer und Julia Virat berichtet. Die Kanadierin und die Französin segelten zuletzt kurz vor dem 32. Breitengrad Süd auf Platz sieben, hatten knapp 1500 Seemeilen Rückstand auf die führenden Belgier. In schwerer, teilweise chaotischer See ringen die beiden Seglerinnen bei eingeschränktem Autopiloten auch mit technischen Problemen ihres Hydrogenerators.
Julia Virat berichtete trotz schweren Kämpfen an Bord auch von der Schönheit des Segelns im Südatlantik: „Gestern Nachmittag, nach 24 anstrengenden Stunden, begann der Autopilot besser zu funktionieren. Ich machte mich auf den Weg an Deck, um sorgfältig zu überprüfen, ob alles in Ordnung war. Und dann hebe ich doch den Kopf und schaue auf den riesigen Ozean.Da wird mir klar, dass ich seit 24 Stunden nicht mehr vom Steuer aufgeschaut habe, so anspruchsvoll und feindselig war alles. Und ich sehe dieses aufgewühlte Meer, die riesigen Wellen, die quer zu uns brechen und inmitten einer grauen Farbpalette türkisfarbene Nuancen durchscheinen lassen.Die Sonne bricht ein wenig durch, Salzwassertropfen werden vom Wind auf den Wellenkämmen aufgewirbelt. Es ist wunderschön.“
Ich kann nicht anders, als zu lächeln, während ich dieses wilde Schauspiel betrachte, und bedaure fast, dass ich so lange vergessen habe, es zu bewundern, obwohl es direkt vor meinen Augen war.“ Julia Virat
Weiter schrieb die Französin: „Es ist fast so, als würde ich mich mit der Situation versöhnen. Und genau in diesem Moment sah ich dieses Ding direkt vor mir, nur 15 oder 20 Meter entfernt. Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass es die Flosse eines riesigen Buckelwals war, der sich vor meinen Augen immer wieder ins Wasser stürzte. Was für ein Anblick, was für ein Anblick!“
Julia Virat beschrieb die kommenden Minuten so: „Ich schrie vor Freude, um Melodie zu wecken, die begriff, dass etwas los war, obwohl es mir ausnahmsweise nicht einmal in den Sinn gekommen war, „Wal” ins Englische zu übersetzen, so aufgeregt war ich. Ein paar Minuten purer Glückseligkeit. Eine unglaubliche Begegnung. An diesem so riesigen und einsamen Ort, in diesem Chaos aus Grau und Wind, und er schenkte mir diesen Moment außerhalb von Zeit und Realität!“
Die Französin zehrte lange von diesen außergewöhnlichen Momenten, notierte: „Ich brauchte mehrere Stunden, um mich von diesem puren Glück zu erholen, aber sicher ist, dass es mich vollständig mit den Elementen und der schwierigen Situation, die wir gerade durchlebten, versöhnt hat. Alles hat wieder einen viel größeren Sinn bekommen und mich wieder in die richtige Richtung gebracht.“