An den ersten zwei Tagen nach der Ankunft vom Prolog in Cádiz hatten wir sehr viel Austausch mit der Konkurrenz. Die haben uns viele Fragen gestellt. Wie wir gesegelt sind, was für Segel wir oben hatten. Sie haben immer wieder gesagt, dass wir auf dem Downwind viel zu schnell waren. Auch sie selbst haben viel ausgepackt. Das hätten wir gar nicht gedacht.
Wir haben uns auch intensiv mit der Mutuel-Crew und den Belgiern ausgetauscht, die im Prolog Erste und Dritte waren. Wir haben uns mit Antoine Carpentier (Redaktion: Co-Skipper von Prolog-Sieger Ian Lipinski auf “Crédit Mutuel”) sogar mal zum Abendessen getroffen. Da haben wir uns sehr spannend über seine Karriere, den Prolog und die Weltumseglung unterhalten. Hier geht es zu den Zwischenständen nach dem Prolog, der mit Faktor 0,5 in die Wertung eingeht.
Man hat hier beim Zwischenstopp schon sehr gemerkt, was ich in Bezug aufs Globe40 vermutet hatte: Dass die Segler doch schon alle sehr eng zusammenrücken, vielleicht auf der Reise auch zu einer kleinen Familie zusammenwachsen werden. Wir sind nur acht Boote. Wir haben alle dasselbe Ziel, segeln die gleiche Strecke. Wir freuen uns miteinander und auch darauf, uns auszutauschen.
Natürlich ist es ein Wettbewerb. Auf dem Wasser sind wir alle Konkurrenten. Aber ich habe total das Gefühl, dass es wie im Mini-Transat ist. Dass wir doch alle im gleichen Boot sitzen und versuchen, das Beste daraus zu machen und dafür zu sorgen, dass alle so sicher wie möglich um die Welt segeln. Hier geht es nach dem Start an diesem Sonntag um 13 Uhr zum Tracking.
Technisch haben wir zwischen dem Prolog und der ersten Etappe nichts mehr verändert. Wir haben nur alles noch einmal wieder aufgemacht, uns alles noch einmal wieder ganz genau angesehen und alles wieder an den richtigen Platz gebracht. Wir haben wirklich alles noch einmal inspiziert, getrocknet und gesäubert. Wir sind sogar selbst noch einmal zum Kiel runtergetaucht und haben uns auch das noch einmal genau angesehen.
Wir gehen jetzt davon aus, dass wir im perfekten Zustand starten können und es keine offenen Baustellen mehr gibt. Das ist der Stand jetzt. Wer weiß, wie es ist, wenn wir wieder lossegeln. Vielleicht fällt dann noch etwas auf. Aber wir sind Hunderte Male alle Listen durchgegangen. Wir haben nichts mehr zu machen. Das ist ein mega tolles Gefühl!
Davor waren nach dem Prolog nur Kleinigkeiten zu beheben. Es ist beispielsweise ein Schäkel vom Ruderaufholer verloren gegangen. Den haben wir ersetzt und an beiden Ruderaufholern die Schäkel noch einmal richtig angezogen. Das hatten wir vorher komischerweise noch nicht. Dann war unsere Spifallklemme gebrochen, der Constrictor. Den haben wir ersetzt. Dann ist das Cover von unserem Großfall kaputtgegangen. Das haben wir auch repariert. Es waren Tausende Kleinigkeiten.
Unser Ruderblatt hatte noch einen Schaden, weil wir eine Fischertonne gerammt hatten. Da hatten wir ein, zwei Macken. Die haben wir ausgespachtelt und geschliffen. Das ist jetzt auch wieder alles schick. Für die erste Etappe haben wir wieder genau das gleiche Segel-Setup dabei wie beim Prolog. Es konzentriert sich sehr auf Downwind-Segel.
Wir erwarten reine Downwind-Bedingungen, mal mehr, mal weniger Wind. Eher weniger Wind. Deswegen haben wir alle unsere drei Spis dabei. Dazu den großen Code Zero. Wenn wir mal in die Flaute geraten, steht der Spi nicht so gut. Dann nehmen wir den Code Zero. Ansonsten sind natürlich alle Vorsegel und das Großsegel an Bord – die sind immer da.
Wir fühlen uns mittlerweile richtig fit. Wir haben uns am Samstagabend vor dem Sonntagsstart noch einmal zwei Stunden Zeit genommen, nachdem alle Arbeiten abgeschlossen waren. Wir sind in die Stadt geschlendert, um ein Eis zu essen, einen Kaffee zu trinken und alles noch einmal sacken zu lassen. Die Freude ist bei uns beiden riesig! Wir wollen unbedingt los!
Ich habe schon vor drei Tagen gesagt, dass ich unbedingt lossegeln will.” Lennart Burke
Wir freuen uns aufs viele Downwind-Segeln. Ich bin überzeugt, dass unser Schiff das schnellste sein wird. Und wir selber auch. Wir haben schon oft bewiesen, dass wir beim Downwind-Segeln sehr konzentriert sind und immer einen guten Speed haben, das Boot ordentlich pushen können. Da freue ich mich ganz doll drauf. Ich hoffe, dass wir das jetzt wieder unter Beweis stellen und zeigen können, was wir drauf haben.
Wir haben jetzt für sechs Tage proviantiert. Das Routing sagt für den Kurs von Cádiz nach Mindelo auf den Kapverden: Sechs Tage und 18 Stunden. Wir gehen fest davon aus, dass es nicht länger, sondern eher kürzer wird. Deswegen haben wir auch nicht mehr proviantiert. Wir müssen das Boot so leicht wie möglich halten bei dieser Etappe, weil wir nicht mit viel Wind rechnen. Bei Wind von hinten versucht man wirklich, alles an Gewicht rauszuholen.
Wir haben unser ganz normales gefriergetrocknetes Essen dabei. Dazu haben wir uns ein paar Snacks und Süßigkeiten besorgt. Doch noch ein paar mehr Süßigkeiten, als wir vielleicht bräuchten, weil wir Angst haben, dass wir auf den Kapverden nicht das kriegen, was wir gerne essen. Ansonsten frische Sachen: Orangen, Paprikas, Äpfel. Melwin hat jetzt auch mal Nudeln mit Pesto und Tomaten eingekauft. Wir wollen jetzt das erste Mal versuchen, Nudeln mit unserem Jetboil zu kochen. Mal sehen, wie das klappt.
Gestern habe ich noch Mineralien aus der Apotheke besorgt, weil mir eingefallen ist, dass wir unser Wasser jetzt ausschließlich durch den Wassermacher generieren. Im Wasser aus dem Meer sind keine Mineralien. Da sollten wir jetzt vielleicht mal anfangen, dem Wasser Zusätze zu geben, so dass wir immer fit, gesund und munter bleiben – wie an Land auch. Bislang hatten wir da nie Probleme, aber man kann ja auch vorbeugen.
Die Windprognosen für den Start? Es wird sehr, sehr, sehr schwachwindig. Ich denke, dass wir am Anfang vielleicht sogar etwas hinterherhängen werden. Davon gehe ich jetzt mal aus, damit wir nicht zu enttäuscht sind. Wir gehen von unter zehn Knoten Wind aus, wenn nicht noch Thermik oder andere Land- oder lokale Effekte reinkommen, von denen wir nichts wissen. In unter zehn Knoten kleben wir wirklich ziemlich auf dem Wasser.
Die ersten 24 Stunden werden also hart für uns. Wir werden uns doll konzentrieren müssen. Wir müssen jede Sekunde und für jeden Dreher fit sein. Wir müssen versuchen, so nah wie möglich am Feld und am führenden Team zu bleiben. Und dann, wenn Wind kommt: nach vorne preschen! Und das ist auch unsere Zielsetzung: Wir wollen gewinnen! Es sind die perfekten Bedingungen für uns und fürs Boot.
Da muss sich jetzt mal ganz vorne platziert werden!” Lennart Burke
Natürlich zählt auch immer noch viel Glück dazu. Und es gibt viel Risiko in der Navigation, viele Winddreher, viele Flautenlöcher. Wir werden auf jeden Fall vom Start weg erstmal Richtung Madeira segeln, um eine große Flautenzone zu umsegeln. Madeira wird dann auch der erste Knackpunkt, weil wir dort unsere Halse setzen müssen. So nah wie möglich an Madeira dran. Aber Madeira wirft auch einen ziemlich großen Windschatten, der immer mal größer und mal kleiner wird…
Da müssen wir doll aufpassen, dass wir nah an den Windschatten ransegeln, aber auch nicht zu weit und da dann nachher hängenbleiben. Das ist ein großes Risiko auf dieser ersten Etappe im Globe40. Das werden wir nachher abwägen, wie weit wir ins Risiko fahren wollen, wenn es soweit ist. Da schauen wir auch, wo wir platziert sind und wie viel Abstand wir zu den anderen haben. Man muss immer auch schauen, was das Feld macht.
Auch die Kanaren werden tricky. Auch dort sind viele lange und große Windschatten. Dann wird es Richtung Kapverden immer schwachwindiger. Aber das ist der Stand jetzt. Wir hoffen, dass es sich alles ein bisschen stabilisiert. Schauen wir, ob das in Kraft tritt. Wir sind fit. Unser Boot ist fit und wurde ordentlich gestreichelt. Unsere Zielsetzung ist immer gewinnen – wir schauen, was wir draus machen können.”