German Offshore Award“Ginkgo” siegt, junge Bremer “Löwen” stark, Wolfgang Schäfer geehrt

Tatjana Pokorny

 · 22.04.2024

Dirk Clasens Humphreys 39 "Ginkgo" im Rolex Fastnet Race 2023
Foto: Kurt Arrigo/Rolex
Im großen Festsaal des Hamburger Rathauses wurde am Montagabend zum 17. Mal der German Offshore Award vergeben. Als beste deutsche Hochseeyacht wurde die Humphreys 39 “Ginkgo” für ihren stürmisch-erfolgreichen Fastnet-Einsatz 2023 mit dem Senatspreis der Freien und Hansestadt Hamburg geehrt. Der Lifetime Award ging an Dr. Wolfgang Schäfer. Den Jugendpreis gewann der “Löwe von Bremen” mit seiner erfrischenden jungen SKWB-Crew.

Wer an das 50. Rolex Fastnet Race im vergangenen Jahr zurückdenkt, wird sich erinnern: Der britische Klassiker erwies sich als eine furiose, in stürmischen Auftaktbedingungen aber teilweise auch brutale Jubiläumsauflage. Mit einer imposanten Rekordflotte von 430 gemeldeten Booten und fast 3.000 Seglern aus 49 Ländern hatte die legendäre Langstrecke begonnen. 93 Crews – und damit rund ein Viertel des Feldes – hatten das Rennen bereits in den ersten 15 Stunden aufgegeben.

Bei 40 Knoten und mehr Wind von vorn gab es “Mayday”-Rufe, gesunkene Yachten und Mastbrüche. Andere aber kamen durch, parierten die harschen Bedingungen mit den passenden Booten und guter Seemannschaft. Am Ende des 620-Seemeilen-Klassikers bescheinigte die IRC-Gesamtwertung 201 Teams den Zieldurchgang. 151 hatten aufgegeben. Sechs waren angesichts der Prognosen erst gar nicht gestartet. In anderen Wertungsgruppen sah es nicht viel anders aus.

“Ginkgo” plant mit “Red Bandit” für Admiral’s Cup 2025

Dirk Clasens “Ginkgo” konnte sich im Rolex Fastnet Race als einzige deutsche Yacht auf Seite eins der langen Online-Ergebnislisten platzieren. Mit Platz 21 in der IRC-Gesamtwertung war die “Ginkgo”-Crew bestes deutsches Fastnet-Team nach berechneter Zeit und belegte Platz fünf in ihrer Wertungsgruppe IRC 1.

Dafür wurden Dirk Clasen und das Ginkgo Sailing Team auf der nur knapp zwölf Meter langen Humphreys 39 am Montagabend mit dem German Offshore Award geehrt. Dirk Clasen sagte im Hamburger Rathaus: “Vielen Dank für diesen wunderschönen Preis! Wir haben damit überhaupt nicht gerechnet.” Am Rande der Preisverleihung verriet Dirk Clasen neben einem vollgepackten Regattaprogramm für 2024 mit deutschen und skandinavischen Schwerpunkten auch noch, dass er mit seiner Crew und der süddeutschen “Red Bandit” als Team für den neu aufgelegten Admiral’s Cup 2025 plant.

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Einer der ersten Glückwünsche für die “Ginkgo”-Crew kam im Großen Festsaal von einem, der selbst das Sturm-Fastnet erlebt hatte. Melwin Fink hatte die Langstrecke mit Lennart Burke auf der Class 40 “Sign for Com” bestritten, das Ziel als schnellstes deutsches Boot erreicht und Platz vier in der Klasse erreicht. Melwin Fink sagte bei der Verleihung des German Offshore Award: “’Gingko’ wurde sehr gut gesegelt, hat auch größere Boote hinter sich gelassen. Das war im Fastnet eine starke Leistung.”

Staatsrat Christoph Holstein sagte in seiner Laudatio für das “Ginkgo”-Team: “Bei dieser Regatta mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihre Grenzen gehen. Mehr können, als ihr Schiff schnell zu segeln. Gute Seemannschaft war gefragt. Ein ausgeprägter Teamgedanke. Durchhaltewillen. Die Bereitschaft, sich mehrere Tage lang zu schinden und bei widrigsten Bedingungen das Schiff auf Kurs zu halten.”

Komplizierte Formel, prominente Nominierte

Hinter sich ließ die KYC-Yacht “Ginkgo” bei der von einer komplizierten Formel gesteuerten Wahl zur besten deutschen Hochseeyacht, die viele Elemente wie die Größe der Teilnehmerfelder bei Regatten und die Wetterbedingungen berücksichtigt, eine Reihe prominenter Nominierter. Harm Müller-Spreer (Norddeutscher Regatta Verein) und seine TP52-Weltmeisterin “Platoon” konnte sich bei der Wahl unter dem Dach der German Offshore Owners Association ebenso wenig durchsetzen wie Boris Herrmann und seine im Transat Jacques Vabre 2023 zweihand mit Will Harris auf Platz sieben gesteuerte “Malizia – Seaexplorer”.

Nominiert waren außerdem die J/112E „Aquaplay“ (Verein Wassersport Lesum) mit Skipper Max Habeck für Platz sechs in der Wertungsgruppe ORC 3 bei der ORCi WM vor Kiel und die JPK 10.80 „Rockall VIII“ von Christopher Opielok (Norddeutscher Regatta Verein) für IRC-Platz 14 bei seinem zweiten Rolex Sydney Hobart Race, das ihm nach der unglücklichen Aufgabe bei der Premiere das erhoffte Happy End des Zieldurchgangs brachte.

Den Life Time Award für sein seglerisches Lebenswerk erhielt am Abend im Zeichen des Seesegelsports vor rund 200 Gästen Dr. Wolfgang Schäfer, der über Jahrzehnte mit seinen “Struntje”-Yachten fester Bestandteil der deutschen Hochseeregattaszene war. Die launige Laudatio hielt mit Albert Schweizer ein langjähriger Segel-Wegbegleiter des mehrfachen Admiral’s-Cup-Teilnehmers und späteren Farr-40-Weltmeisters, der über 15 Jahre zusammen mit ihm im Ausschuss Seesegeln des DSV die Interessen der deutschen Seesegler vertrat.

Lebenswerk-Ehrung für Wolfgang Schäfer

So hatte Albert Schweizer in Vorbereitung seiner Rede mit dem italienischen America’s-Cup-Steuermann Francesco “Cecco” Bruni telefoniert, der auch schon für Wolfgang Schäfer segelte, beispielsweis beim California Cup 2015 vor Los Angeles. Brunis Kommentar, so von Albert Schweizer zitiert: “Der Dottore, sagte Bruni mir, der ist ja ein unglaublicher Segler. Aber nicht mit dem Hintern. Der macht alles mit dem Kopf.” Wolfgang Schäfer, der mit seiner Ehrung nicht gerechnet hatte, feierte den Preis für sein Lebenswerk mit seiner Frau und langjährigen Navigatorin Angela Schäfer.

Auf der Bühne sagte Schäfer: “Ich bin völlig überrascht. Es hat mir keiner irgendwas gesagt. Die ‘Struntje’ ist im letzten Jahre 50 Jahre alt geworden. Bis vor zwei Jahren haben wir noch Nordseewoche gesegelt.” Die Verneigung der Jury und den Beifall des Publikums reichte Wolfgang Schäfer direkt an seine Frau weiter und schloss seine Dankesrede mit den Worten: “Herzlichen Glückwunsch, Angela!”

Für jugendliche Dynamik sorgten am Festabend nicht nur Carolina Werner und Paul Farien aus Kiel, die für ihr deutsches Engagement im Puig Women’s America’s Cup und im Unicredit Youth America’s Cup warben. Den besten Film des Abends zeigte die junge Crew der Sun Fast 3600 „Löwe von Bremen“ der Segelkameradschaft Das Wappen von Bremen (SKWB).

Deutscher Seesegelnachwuchs: gefördert und umworben

Das Team hatte seine Überführung und das wilde 50. Rolex Fastnet Race trotz Verletzung und Ausfall seines Steuermanns noch vor Rennbeginn bei einem Altersdurchschnitt von 22 Jahren gemeistert. Für alle fünf Crew-Mitglieder war es die Fastnet-Premiere. Für ihre Leistung wurden sie mit dem Wehring & Wolfes Jugendpreis ausgezeichnet. In seiner Laudatio rückte Geschäftsführer Rainer Kugler die Neuausrichtung der Jugendausbildung der 90 Jahre alten Segelkameradschaft Das Wappen von Bremen” ins Rampenlicht. Sie zielt darauf ab, jungen Crews früh Verantwortung zu übertragen und sie dazu zu motivieren, selbstständig mit einem modernen, konkurrenzfähigen Schiff an Hochseeregatten teilzunehmen.

Mona Küppers, Präsidentin des Deutschen Segler-Verbandes, ging in ihrem Grußwort am Abend ebenfalls aufs Thema Nachwuchs ein und berichtete von den Anstrengungen des DSV, die Attraktivität von Hochseeregatten hochzuhalten und den Seeseglernachwuchs mit verschiedenen Projekten unter anderem im Rahmen der Kieler Woche zu fördern.

Dazu verwies Mona Küppers auch auf drei deutsche Meisterschaften, die 2024 im Seesegelsport ausgetragen werden: „Im Rahmen der Nordseewoche und der anschließenden Langstrecke Rund Skagen geht es um den Offshore-Titel, beim Blue Ribbon Cup segeln die Doublehanded-Crews um den Meistertitel und im Rahmen der Flensburger Fördewoche sind die Inshore-Spezialisten gefragt. Echte Allrounder haben also dieses Jahr die Chance, mit ihrer Yacht dreimal Deutscher Meister zu werden.“

Wer Lust auf Seeregatten hat, der findet bei der Regatta Vereinigung Seesegeln (RVS) hier alle Saisontermine im Überblick.


Es begann brutal und endete für viele sanft – der Rückblick aufs stürmische 50. Rolex Fastnet Race:

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