Tatjana Pokorny
· 26.01.2022
Romain Pillard und Axel Pella segeln in Doppel-Mission gegen die vorherrschenden Winde um die Welt: Sie jagen den Rekord und werben für die Kreislaufwirtschaft
Sie sind seit dem 4. Januar zu einem der eher seltenen Rekordversuche unterwegs: Romain Pillard und Alex Pella umsegeln die Welt in „falscher“ Richtung, gegen die vorherrschenden Winde auf Kurs Ost nach West. Auf den Spuren von Ferdinand Magellan und Juan Sebastián Elcano, dem vor rund 500 Jahren als Erstem eine Weltumsegelung mit Mannschaft gelang, kämpft das französisch-spanische Duo um eine neue Bestmarke.
Den zu schlagenden Rekord hält seit 2004 Luc Van Den Heede mit 122 Tagen und 14 Stunden. Seit der Ausnahmeleistung des Golden-Globe-Gewinners ist weder einem anderen Solisten noch einer Mannschaft eine schnellere Nonstop-Weltumsegelung auf dieser anspruchsvollen und kaum gewählten Runde um die Erde gelungen. Eindrucksvoll auch diese Statistik: 11.000 Menschen haben den Mount Everest erklommen, 3000 Menschen waren im Weltall, 300 Männer und Frauen haben die Vendée Globe bestritten, aber nur fünf gelang es, sich in die kurze Rekordliste der „Falschherum-Weltumsegler“ einzutragen. Den offiziellen Auftakt machte Joshua Slocum 1895 auf seiner „Spray“ mit einer Segelzeit von 3 Jahren, 2 Monaten und 3 Tagen. Es folgten Chay Blyth (1970), Mike Golding (1994), Philippe Monnet (2000) und zuletzt Jean-Luc Van Den Heede.
Mit ihrem Vorhaben werben der Franzose Pillard und der Spanier Pella unter dem Projekt- und Bootsnamen „Use it again!“ auch für den Schutz der Meere, Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft. Die Möglichkeiten dazu demonstrieren sie selbst, indem sie bei ihrer Herausforderung mit dem betagten Trimaran von Ellen MacArthur unterwegs sind. 2005 hatte Dame Ellen MacArthur mit dem Tri „B&Q/Castorama“ einen neuen Solo-Rekord für die schnellste Weltumrundung in „normaler“ östlicher Richtung aufgestellt. Seit ihrem Rücktritt vom Profisegelsport kämpft MacArthur selbst mit der von ihr gegründeten Ellen-MacArthur-Stiftung für eine nachhaltige globale Kreislaufwirtschaft. Jetzt soll ihr wiederhergerichteter Trimaran noch einmal zu neuem Glanz kommen. Hier geht es zu einem spanischen Bericht über den Rekordversuch (bitte anklicken), der auch ohne Spanischkenntnisse sehenswert ist, weil Crew, Route, Boot und die harte Arbeit an Bord, ebenso aber auch die Freude der Segler an der Herausforderung optisch gut nachvollziehbar werden.
Der Auftakt zu ihrem Segelabenteuer verlief für Romain Pillard und Alex Pella holpriger als erhofft, denn in den ersten drei Wochen sind die wagemutigen Rekordjäger bereits viermal mit sogenannten „Ufos“ (engl.: Unknown Floating Objects) kollidiert! Bislang hat die Zweihand-Crew jeden dieser Schocks weggesteckt. Einmal hat das Backbordruder einen heftigen Schlag bekommen, funktioniert aber weiterhin.
Während in den kommenden Tagen die berüchtigte Kap-Hoorn-Passage bevorsteht, berichtet Romain Pillard von den Erlebnissen auf See: „Dieser Abstieg vom Südatlantik verlief nicht so schnell wie erwartet, aber er bietet uns wunderbare Momente. Es ist verrückt, wie auf See die Gefühle verzehnfacht werden. Wir haben Zeiten der Euphorie in totaler Symbiose mit dem Ozean und dem Boot. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so schöne Sonnenaufgänge und -untergänge erlebt. Diese unglaublichen Farben sind fast nicht real. Besonderes Augenmerk schenken wir auch dem schönen Surfen. Oder einem gut durchgeführten Manöver im Alleingang, während dein Segelpartner friedlich schläft. Unsere Tage werden von einer Vielzahl kleiner, einfacher Glücksgefühle in einen Rhythmus gebracht. Und dann gibt es auch die harten Schläge. Genauso kann ein kleines Problem sehr schnell größere Ausmaße auf einem Boot annehmen. Unsere nächste Etappe auf dieser Welttour rückwärts ist das mystische Kap Hoorn. Christian Dumard, Meteorologe und Router unseres Teams, beobachtet und analysiert die verschiedenen Wettermodelle für das Kap seit Tagen, damit wir als Crew die bestmögliche Passage finden. Im Moment sieht es mindestens kompliziert aus. Fortsetzung folgt…“
Hier geht es zur interaktiven Karte des Teams, wo sich jederzeit nachsehen lässt, wo sich der Trimaran auf seiner Rekordjagd gerade befindet (bitte anklicken!). Unten sind die jüngsten Koordinaten vom 26. Januar zu sehen. Das Team nähert sich in diesen Tagen Kap Hoorn.