Tatjana Pokorny
· 27.10.2021
Vom Vendée-Globe-Sieger über prominente Top-Favoriten bis hin zu kampfstarken Mixed-Teams: Das TJV wird ein winterlicher Segel-Krimi
Klangvolle Namen in hoher Dosis, darunter Vendée-Globe-Gewinner Yannick Bestaven, „Charal“-Skipper Jérémie Beyou oder auch Eric Tabarlys Tochter Marie Tabarly bei ihrer Premiere: Insgesamt knapp 80 Boote werden die 15. Auflage des Zweihand-Klassikers Transat Jacques Vabre (kurz: TJV) zum hochspannenden Saisonabschlussfinale machen. Dabei bilden die 23 Imoca-Yachten hinter 45 Class40-Crews und vor den sieben Ocean Fifties sowie den fünf Ultime-Giganten die zweitgrößte der vier Wertungsgruppen. Die Imoca-Klasse lässt mit vielen bekannten Gesichter aus der zu Jahresbeginn zu Ende gegangenen neunten Auflage der Vendée Globe das zurückliegende Abenteuer noch einmal aufleben.
Ursprünglich sollte im TJV 2021 auch die deutsche Flagge wehen, denn Jörg Riechers hatte an der Seite des Schweizers Beat Fankhauser auf dessen Imoca „The Mountain Man“ gemeldet. Doch in der vergangenen Woche hatte das Team Fankhauser Racing seine Teilnahme aufgrund technischer Probleme wieder absagen müssen. Nach dem Ausscheiden beim Rolex Fastnet Race infolge eines Problems mit dem Fallenschloss-System trifft das Aus die beiden Segler unglücklich. Jörg Riechers hatte sich auf das Rennen und die transatlantische Herausforderung gefreut, wollte das TJV zur Vorbereitung auf seinen geplanten Vendée-Globe-Start 2024 mit dem Alva Blue Team nutzen. „Nur auf dem Wasser sammelt man als Skipper die wirklich wichtigen Erfahrungen“, so Riechers. Einen Vorteil sieht er im Rückzug dennoch: „Nun kann ich mich in den kommenden Wochen voll und ganz auf die Entwicklung unserer Imoca 60 mit dem Alva Yacht Team konzentrieren.“
Boris Herrmann dagegen hatte nie für das TJV in diesem Jahr gemeldet. Nach dem Verkauf der „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco“, die nun von Romain Attanasio und Sébastien Marsset als „Fortinet – Best Western“ ins TJV geführt wird, ist der 40-Jährige aktuell ohne Boot stark in den Entstehungsprozess seiner neuen Imoca für das kommende The Ocean Race und die Vendée Globe 2024/2025 eingebunden, pendelt häufig zwischen seinem Heimathafen Hamburg und der Bretagne. Hier brodelt es nun wieder zunehmend in den Basiscamps der großen Rennställe und auch in den Herzkammern der kleineren Projekte. Emsig bereiten sich die Teams auf den 5800-Seemeilen-Kurs von Le Havre in der Normandie nach Martinique in der Karibik vor. Bei vielen Teams gehen die Lichter wie in Lorient auch nachts kaum mehr aus. Während die Minitransat-Flotte bereits am 29. Oktober in die zweite und entscheidende Etappe geschickt wird, fällt eine gute Woche später am 7. November der Startschuss für die "Großen" und ihren Sprung über den großen Teich.
Zu den Favoriten in der Imoca-Klasse zählen die „Apivia“-Antreiber Charlie Dalin (Vendée-Globe-Zweiter) und Paul Meilhat, die „LinkedOut“-Crew Thomas Ruyant und Morgan Lagravière, Jérémie Beyou mit Christopher Pratt auf „Charal“ und einige . In der Imoca-Flotte sind fünf Mixed-Teams am Start, darunter Sam Davies und Nicolas Lunven auf „Initiatives-Cœur“, die Deutsch-Französin Isabelle Joschke mit Fabien Delahaye auf „Macsf“ und Simon „Sifi“ Fischer mit Justine Mettraux auf „11th Hour Racing-Alaka’I“. Auch Louis Duc und Marie Tabarly, die ihre Imoca-Premiere auf „Kostum-Lantana Paysage“ vor dem Bug hat, greifen im gemischten Doppel an. Vendée-Globe-Sieger Yannick Bestaven segelt seine „Maître Coq IV“ mit Jean-Marie Dauris.
Was das Transat Jacques Vabre neben seiner prominenten Besetzung regelmäßig so spannend macht, ist der fordernde Kurs: Der führt im ungemütlichen November zunächst vom Ärmelkanal durch die im Spätherbst oft launische und rockige Biskaya, bevor wärmeres Klima und die Passatwinde im Süden Linderung, aber auch neue Hürden verheißen. Schwierig machen die Herausforderung gleich zwei Passagen durch den Kalmengürtel, während die Imocas zunächst die Inselwelt von Fernando de Noronha ansteuern, bevor sie wieder nordwestlich in Richtung Ziellinie segeln. Favorit Charlie Dalin, der mit seinem Segelpartner Paul Meilhat schon das Fastnet Race und das Défi Azimut 48 Hours gewonnen hat, sagt: „Ja, es wäre großartig, wenn wir unseren Titel verteidigen können. Das wäre ein sicher ein Riesenerfolg. Es gibt in diesem Rennen aber definitiv mehr Hürden als im Fastnet oder im 48-Stunden-Rennen – eine davon sind die Doldrums, die andere ist die Müdigkeit. Das Rennen ist länger und diese Boote fordern Tribut von den Seglern, wenn sie über weite Strecken bei hohem Tempo gesegelt werden." Hier geht es zur Vorstellung der Teilnehmer am TJV 2021 (bitte anklicken!).
Abschied nimmt Sam Davies mit dem TJV von ihrem Boot „Initiatives-Cœur“ von 2012. Die 47-jährige Britin, eine von neun nicht-französischen Startern und Starterinnen bei dieser Edition, bekommt 2022 ein neues Manuard-Design. Sie sagt vor dem Transat-Start: „Ich denke, da ist eine einmalige Flotte für dieses Rennen beisammen. Das ist ungewöhnlich für eine Auflage in der Vendée-Globe-Nachsaison, in der er sonst eher stiller ist. Schon im Hafen von Le Havre dabei zu sein wird ein ziemlich unglaubliches Erlebnis werden. Es wird ein potenziell enges Rennen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es fast 6000 Seemeilen lang ist. Es wird also nicht nur um pure Bootsgeschwindigkeit gehen.“