Arkea Ultim ChallengeZwei Duelle auf der Südhalbkugel, sechs Gourmets und ein Pitstop

Tatjana Pokorny

 · 14.01.2024

Gitana-Skipper Charles Caudrelier liefert sich auf der Südhalbkugel weiter ein Spitzenduell mit Tom Laperche
Foto: Charles Caudrelier
Eine Woche nach dem Start der historischen Premiere der Arkea Ultim Challenge habe vier der sechs Boote bereits den Äquator gekreuzt. Mit “SVR Lazartigue”-Skipper Tom Laperche führt der jüngste Skipper das Quartett vor dem zweimaligen Ocean-Race-Gewinner Charles Caudrelier auf “Maxi Edmond de Rothschild” an. Co-Favorit Armel Le Cléac’h hat indessen mit technischen Problemen zu kämpfen. MIT UPDATE

Mit rund 50 Seemeilen Vorsprung und einer durchschnittlichen Bootsgeschwindigkeit von knapp 35 Knoten donnerte Tom Laperche mit der “SVR Lazartigue” am Sonntagabend bereits die brasilianische Ostküste hinunter. Dicht gefolgt von dem nicht locker lassenden Gitana-Skipper Charles Caudrelier auf “Maxi Edmond de Rothschild”, führte das Duo die Flotte bei der Arkea Ultim Challenge gut eine Woche nach dem Start am 7. Januar an.

1.600 Seemeilen trennen Spitzenreiter und Schlusslicht nach einer Woche auf See

Das Feld ist inzwischen viergeteilt: Vorn geben Laperche und Caudrelier das Tempo vor. Etwa 430 und 480 Seemeilen hinter ihnen rangen am Abend des 14. Januar “Sodebo Ultim 3”-Skipper Thomas Coville und Armel Le Cléac’h auf “Banque Populaire XI” um Rang drei. Rund 900 Seemeilen hinter der Spitzenreiterin “SVR Lazartigue” kämpfte Anthony Marchand auf “Actual Ultim 3” als Fünfter um Anschluss. Mehr als 1.600 Seemeilen hat in nur einer Rennwoche Éric Péron auf Top-Akteur Tom Laperche verloren.

Dass Le Cléac’h zum Ende der ersten Woche der Arkea Ultim Challenge nur auf Platz vier liegt, ist technischen Ärgernissen geschuldet, die den Mann mit dem Spitznamen “Der Schakal” ausgebremst haben. Am Wochenende sprach Armel Le Cléac’h in einer aktuellen TV-Sendung der Veranstalter erstmals ausführlicher über sein Handicap, sagte: “Es geht mir besser! Vor zwei, drei Tagen war ich noch in Kontakt zu den führenden Booten. Ich hatte dann ein Problem mit einem Segel, das mich viel Zeit gekostet hat. Ich musste daran herumbasteln und bin dadurch leider zurückgefallen. Jetzt habe ich wieder Bedingungen, die es mir erlauben, schnell zu segeln.”

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Weiter erklärte Armel Le Cléac’h: “Ich habe ein Problem mit meinem größten Vorsegel, dem J0. Ich kann es noch nicht wieder einsetzen, muss tüfteln, um es wieder benutzen zu können. Es ist aber kein Segel, das man dauernd braucht, also kann ich momentan wieder die normalen Geschwindigkeiten des Bootes erreichen. Ich hoffe, dass ich eine Lösung finden kann, um es wieder hochziehen zu können, sobald ich es brauche.”

Arkea Ultim Challenge: zu jeder Sekunde ein Wettkampf

Dass Thomas Coville nicht allzu weit vor ihm liege, sei gut für ihn, so Armel Le Cléac’h. “Ich habe ihn noch vor Kurzem gesehen. Es ist gut, jemanden in der Nähe zu haben, denn so können wir uns in Sachen Geschwindigkeit messen, weil wir die gleichen Windbedingungen haben.” Der Wettkämpfer Le Cléac’h, Sieger der Vendée Globe 2016/2017, lässt in einem Rennen nie locker.

Während die erste Woche dieser historischen Premiere der Arkea Ultim Challenge mit den sechs 32-Meter-Riesenfoilern am Sonntag zu Ende ging, wurde einmal mehr das Thema Ernährung an Bord diskutiert. Die Veranstalter griffen es auf und fragten bei den Teams nach. Gitana-Frontmann Charles Caudrelier hat dazu eine einfache Meinung: “Um langfristig durchzuhalten, gibt es kein Geheimnis: Man muss gut essen und gut schlafen.”

Caudrelier mag kein Tütenfutter

Gerade bei der Planung seines Proviants für die Arkea Ultim Challenge wurde nichts dem Zufall überlassen. Zwar haben alle Skipper rund 150 Kilogramm Lebensmittel mit an Bord genommen, aber nicht alle den gleichen Mix. Es ist spätestens seit seinem Ocean-Race-Sieg mit dem Dongfeng Race Team 2018 bekannt, dass Caudrelier ein Problem mit “Tütenfutter” hat. Zu seiner Aversion haben “unangenehme Erinnerungen an die Schulkantine” und auch die Erfahrungen im Ocean Race beigetragen, die ihm während der ersten Etappen massiv aufs Gemüt drückten.

Insbesondere im Ocean Race haben sich seine Probleme mit dem Essen damals sogar auf seine Leistungsfähigkeit ausgewirkt. Das berichteten seine Teamkameraden. Weshalb die Mannschaft mitten im Rennen ihre Strategie änderte und für ihren Skipper Charles Caudrelier eigene, von einem Koch zubereitete Malzeiten mit an Bord nahm, die erstaunlich positive Wirkung erzielten.

Tom Laperche steht auf Thunfisch aus der Dose, Trockenfleisch und Sojamilch

Seine Haltung hat Charles Caudrelier auch für die Arkea Ultim Challenge beibehalten. Mit Lächeln sagt er: “Es ist wichtig, qualitativ hochwertiges Essen zu haben, an dem man sich erfreuen kann.” Caudreliers Proviant besteht seit inzwischen zwei Jahren aus Gerichten von Lise di Giulio (Nomad’s Kitchen) und Gerichten des Sternekochs Éric Guerin (La Mare aux oiseaux).

Im Team SVR Lazartigue arbeitet man mit einer Ernährungswissenschaftlerin zusammen und stützt sich dabei vor allem auf die Erfahrung aus mehreren Regattajahren mit François Gabart. “Die Verpflegung von Tom und François ähnelt sich”, verrät Isabelle Magois, die für die Logistik zuständig ist. Beide Skipper, sagt sie, hätten den gleichen Appetit auf Thunfisch aus der Dose, Trockenfleisch und Sojamilch.

Der Benjamin hütet frische Eier an Bord wie einen Schatz

Nicht selten käme es vor, dass Tom seine Gerichte in seinem Schnellkochtopf selbst zusammenstelle und Soße, Thunfisch, Parmesan sowie weitere Zutaten hinzufüge. Der mit 26 Jahren jüngste Skipper der Arkea Ultim Challenge habe sich mit Käse und Wurstwaren aus einer Hütte in Les Gets in den Hochsavoyen (Marie-Louises Hütte) eingedeckt. Aber auch mit solchen aus der Schweiz von den Gebrüdern Ravussin.

Schließlich findet sich noch eine Kuriosität an Bord der “SVR Lazartigue”: Tom Laperche hat drei Schachteln mit je sechs Eiern an Bord, mit denen er sich Omeletts zubereiten kann. “Die Schachteln sind in Tupperboxen verpackt”, erklärt Isabelle Magois. “Wir haben das auf dem Rückweg vom Transat Jacques Vabre getestet, und es hat gehalten.” Ob die Eier auch den Belastungen der Arkea Ultim Challenge standhalten, bleibt abzuwarten.

Thomas Coville liebt Süßes zum Tee

An Bord von “Sodebo Ultim 3” ist das Thema Ernährung ein Beispiel für die Kooperation zwischen Spikker und Partner, weil das Forschungs- und Entwicklungslabor der Marke gefriergetrocknete Gerichte für den Skipper entwickelt. Caroline Pommeret, die für die Verwaltung und Logistik des Teams zuständig ist, erzählt: “Wir arbeiten seit mehr als 20 Jahren zusammen. Es reicht von Gerichten wie ‘Schinken mit Kartoffelpüree’ bis hin zu einem Hülsenfrüchte-Dal mit Korallenlinsen. Darüber hinaus passen wir uns dem Geschmack und den Wünschen von Thomas an.”

Nach acht Weltumsegelungen kennt Coville seine Bedürfnisse genau und kann sich den Umständen anpassen. Viele Lebensmittel an Bord wurden in Brest gekauft: Baguettes, die zweimal gebacken werden, damit sie mehrere Wochen lang genießbar sind, Obst und Gemüse. Thomas Coville ist auch ein Schokoladenliebhaber, weshalb sich ein Sortiment des Chocolatiers Becasso aus Erdeven an Bord befindet. Sein ultimatives Vergnügen ist beinahe britischer Natur: eine Tasse Tee und etwas Süßes dazu. Das kann auch eine Portion der Fruchtpasten sein, die ihm seine Schwester mitgegeben hat.

Ein begabter Koch, Nutella und Haribo an Bord

Armel Le Cléac’h ist als sehr begabter Koch bekannt. Sein Team Banque Populaire verrät, dass der schlanke Skipper viel isst. Zu den kulinarischen Kuriositäten, die er an Bord hat, gehören Scamorza, ein italienischer Käse aus Pasta Filata, Kichererbsenchips, Trockenfleisch aus Spanien und Wolfsbarsch-Rillette mit Yuzu aus dem Feinkostladen Albert Ménès.

“Actual Ultim 3”-Skipper Anthony Marchand setzt ebenfalls auf Käse und Wurst aus der Bretagne und passt seine häufig von Nomad’s Kitchen stammenden Gerichte den Wetterbedingungen an. Eine Schwäche hat Marchand für Nutella und Haribo. Dass Éric Péron auf “Adagio” angesichts seiner Außenseiterrolle nicht bereit war, beim Proviant Abstriche zu machen, ist nachzuvollziehen. Péron sagt: “Man weiß, dass man viel geben wird, dass man manchmal körperlich und geistig leiden wird, also ist für mich der wahre Trost das Essen.”

Was mochte ich als Kind, was mag ich jetzt?” Éric Péron

Péron versichert, dass er sich “etwas gegönnt” habe, indem er Lebensmittel an Bord genommen habe, die er wirklich mag. “Die Planung hat mich dazu gebracht, mich selbst zu erforschen, indem ich mich fragte: “Was isst du eigentlich gern?”. Pérons Proviantliste ist eine leckere Mischung aus “was ich als Kind mochte”, “was ich jetzt mag” und “vielen kleinen Annehmlichkeiten”. Am liebsten isst Éric Péron “Nudeln mit Olivenöl” – aus seiner Sicht eine ideale Mahlzeit, um sich vor der Rückkehr an den Steuerstand zu stärken.

So unterschiedlich die Ernährungsvorlieben der Protagonisten der Arkea Ultim Challenge sind, zu denen wir an diesem Sonntag einen ausführlichen inhaltlichen Ausflug gemacht haben, so differenziert sind sie auch ins Rennen gestartet und bestreiten es mit großem Können und viel Herzblut auf ihren gigantischen Trimaranen. Was alle eint, ist die ultimative Herausforderung, der sie sich über mehr als 40 Tage stellen. Sieben dieser einzigartigen Tage sind bereits gemeistert. Der achte läuft!

UPDATE, 14. Januar, 20.45 Uhr: Am späteren Sonntagabend gab es doch noch schlechte Kunde von See. “Banque Populaire XI”-Skipper Amel Le Cléac’h plant einen Pitstop in Recife, um den Bugkorb von seinem Hauptrumpf aus Sicherheitsgründen zu reparieren und den Halsleinenenbeschlag (Tackline-Beschlag) für den Gennaker zu ersetzen, der bei einem Manöver mit dem J0 beschädigt wurde. Vor dem Eintauchen ins Südpolarmeer hält Team Banque Populaire diese Reparaturen für unvermeidlich. Armel Le Cléac’h wird bereits Montag in Recife erwartet und dort sein Technik-Team treffen. Die Regeln schreiben vor, dass er in diesem Fall das Rennen mindestens 24 Stunden unterbrechen muss.


Prost, Neptun! Mit Sonntagsgrüßen und Champagner-Schluck von “Banque Populaire XI”-Skipper Armel Le Cléac’h:

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