Am Freitag um 16 UhrStart zur 2. Etappe im Mini-Transat!: "Alles ist möglich!"

Tatjana Pokorny

 · 28.10.2021

Am Freitag um 16 Uhr: Start zur 2. Etappe im Mini-Transat!: "Alles ist möglich!"Foto: Vincent Olivaud/MiniTransat EuroChef 2021
Der 19-jährige Serienboot-Etappensieger Melwin Fink ("SignForCom"/Pogo 3) und auch erst 23 Jahre alte Lennart Burke ("Vorpommern"/Pogo 3) freuen sich auf ihre Transatlantik-Premiere. Für den erfahrenen 44-jährigen Österreicher Christan Kargl ist es mit dem Maxi 650 "All Hands on Deck" bereits die zweite Mini-Transat-Teilnahme nach 2005

Spannung vor dem Start in die entscheidende Transatlantik-Etappe: drei deutsche Premieren, ein österreichischer Angreifer und eine lose Kielbombe

Der Startschuss fällt am Freitag um 16 Uhr deutscher Zeit: Für 63 Serienboot-Steuerleute und 24 Proto-Skipper geht es auf in die zweite und entscheidende Etappe im Mini-Transat EuroChef 2021. Statt der 1350 Seemeilen der ersten Etappe, gilt es nun mit dem Sprung über den großen Teich rund 2700 Seemeilen bestmöglich zu absolvieren. Viele der Miniisten blicken dabei ihrer Premiere entgegen. Dazu zählen auch Etappensieger Melwin Fink und der Etappen-Neunte Lennart Burke im Serienfeld. Beide können und wollen um eine starke Top-Ten-Platzierung kämpfen. Genau wie der nach Etappe eins zweitplatzierte Österreicher Christian Kargl. Das deutschsprachige Trio hat auch Chancen auf die Podiumsplätze. "Alles ist möglich!", sagte Christian Kargl nach dem langen Etappenbriefing am Donnerstagabend in Santa Cruz de La Palma.

  Das letzte Briefing vor dem Etappenstart mit theatralischer NoteFoto: Vincent Olivaud/Mini Transat EuroChef 2021
Das letzte Briefing vor dem Etappenstart mit theatralischer Note

Die meisten Miniisten haben sicherheitshalber Proviant für bis zu 20 Tage dabei, die schnelleren rechnen aber eher mit einer Etappendauer von 15 bis 18 Tagen. Zwei Wegepunkte haben die Wagemutigen auf ihrem Kurs von Santa Cruz de La Palma auf den Kanaren nach Saint-François auf Guadeloupe zu berücksichtigen: Die kleine Kanareninsel El Hierro wird ebenso an Steuerbord gelassen wie der virtuelle Wegepunkt 30 Grad West, 25 Grad Nord. Danach sind die Atlantik-Herausforderer in ihren kleinen Booten bis fast ins Ziel frei in ihrer Kurswahl.

"Die Strategieaufgaben sind interessant: Auf der einen Seite gibt es eine Art Beschleunigungszone vor der afrikanischen Küste, auf der anderen Seite drückt das Hochdruckgebiet rein. Das biegt die Bahn sehr schön. Da kann man mit hübschem Winkel rein- und wieder rausfahren", frohlockt Meteorologie-Experte Christian Kargl. Bei der anstehenden Aufgabe setzt er auf seine Erfahrung und "meine Gelassenheit" und hat sich einiges vorgenommen: "Vollgas, natürlich! Ich weiß, dass es schnellere Minisegler gibt, aber es ist voraussichtlich mein letztes großes Mini-Rennen… Daher werde ich versuchen, wenig zu schlafen und viel zu steuern. Ich brauche etwa viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden Schlaf pro Tag. Mein großer Plan beinhaltet, jeden Winddreher und jede Regenwolke mitzunehmen."

  Startet mit viel Segellust, Erfahrung und der ihm eigenen Gelassenheit, aber ohne Schlafsack und Isomatte in die zweite Etappe, weil er jedes Gramm Gewicht sparen will: der "All Hands On Deck"-Skipper Christian KarglFoto: Alexis Courcoux/Mini Transat EuroChef 2021
Startet mit viel Segellust, Erfahrung und der ihm eigenen Gelassenheit, aber ohne Schlafsack und Isomatte in die zweite Etappe, weil er jedes Gramm Gewicht sparen will: der "All Hands On Deck"-Skipper Christian Kargl

Mit Glückwünschen von Jean Le Cam und Boris Herrmann in Etappe zwei

Auch "SignForCom"-Skipper Melwin Fink ist bestens auf seine Transatlantik-Premiere vorbereitet. Dass sein auf dem Wasser ersegelter großer Vorsprung in Folge der Protestflut auf knappe zwei Stunden vor dem nächsten Verfolger zusammengeschmolzen ist, ändert nichts an seinem Plan: "Das erste Mal über den Atlantik ist für mich ein großes Brett. Ich werde mich wieder auf mich fokussieren, mein eigenes Rennen segeln und mir nicht zu viel Druck machen. Die erste Etappe war mega. Mein erstes Ziel bleibt das Ankommen. Dann hätte ich schon etwas ganz Großes geschafft. Dass ich dabei den bestmöglichen Platz erreichen möchte, das ist ja klar."

Der jüngste Teilnehmer der gesamten Flotte, dessen Leistung infolge der Massen-Wiedergutmachung für die Konkurrenz nach deren Sturmstopps deutlich geschmälert wurde, hat in den vergangenen Wochen viel Rückenwind bekommen. Boris Herrmann und Jörg Riechers haben ihm gratuliert. Und auch "König" Jean Le Cam und der Schweizer Vendée-Globe-Benjamin Alan Roura, der gerade die ehemalige "Hugo Boss" von Alex Thomson übernommen hat, bezeugten persönlich ihren Respekt für den jungen Deutschen. "Heute hatte ich dann noch ein Interview mit einer Pariser Zeitung. Die haben mir ausdrücklich Grüße von der Imoca-Klassenvereinigung und vom Designer Manuard ausgerichtet, die sich für mich freuen", erzählte Fink am Abend vor dem Start, den er bei einer letzten Pizza genossen hat.

  Melwin Fink beim Tracker-CheckFoto: Vincent Olivaud/Minitransat EuroChef 2021
Melwin Fink beim Tracker-Check

"Wer von einem Ultime überholt wird, der muss ein Bier ausgeben"

Gescherzt hat Fink in den letzten Tagen vor dem Start auch mit einigen Mini-Seglern darüber, ob die schnellsten Boote des erst am 7. November startenden Transat Jacques Vabre die Minis wohl noch werden einholen können. "Vermutlich maximal die Ultimes", sagt Fink und grinst. "Wir haben gesagt, dass jeder, der von einem Ultime überholt wird, ein Bier ausgeben muss." Zunehmend beliebt und hochfrequentiert war im Etappenhafen Santa Cruz de La Palma Finks kleiner Werkstattbulli mit eigener Werkbank und Material, den der Fahrer eines Sponsors freundlicherweise auf die Kanaren gebracht hatte: "Darüber haben sich auch viele Franzosen gefreut", sagt Fink. "Ich hatte alles dabei, was man hätte brauchen können, nur brauchte ich es glücklicherweise selber kaum. Es ist aber schön, wenn man helfen kann."

Rixgens kämpft mit loser Kielbombe

Sich selber helfen musste 24 Stunden vor dem Start zur zweiten Etappe "Avanade"-Protoskipperin Lina Rixgens, die bei einem Tauchgang am Donnerstag nach dem doppelten Ruderschaden auf Etappe eins erneut eine böse Entdeckung machte: "Ich habe heute festgestellt, dass meine Kielbombe lose ist." Dem Schrecken ließ sie umgehend Taten folgen. Am Abend war sie mit Blick auf den Start am Freitagnachmittag schon wieder etwas zuversichtlicher: "Wir sind dran. Es könnte klappen." Verbessern will sich auf dieser zweiten Etappe Marc Siewert, der bei der erst zweiten Soloregatta seines Lebens in der Protowertung auf Platz 24 liegt.

  Hier arbeiten Lina Rixgens und Sverre Reinke am Ruder der "Avanade". Das Bild ist schon älter. Da wussten sie noch nicht, dass ein weiterer Schaden sie kurz vor dem Etappenstart auf die Probe stellen würdeFoto: Vincent Olivaud/Mini Transat EuroChef 2021
Hier arbeiten Lina Rixgens und Sverre Reinke am Ruder der "Avanade". Das Bild ist schon älter. Da wussten sie noch nicht, dass ein weiterer Schaden sie kurz vor dem Etappenstart auf die Probe stellen würde
  Startet hoffnungsfroh in Etappe zwei: Marc SiewertFoto: Vincent Olivaud/Mini Transat EuroChef 2021
Startet hoffnungsfroh in Etappe zwei: Marc Siewert

Unter besseren Vorzeichen startet Serienboot-Skipper Lennart Burke in die zweite Etappe: "Meine Ausgangslage ist sehr gut für mein Ziel, in die Top Ten zu segeln. Es wäre extrem cool, wenn ich Sechster oder Siebter werden könnte. Aber wird hart. Da sind auch hinter mir noch einige Leute, die genauso gut vor mir sein könnten." Burke segelt wie Fink eine Pogo 3. Die Boote sind bekannt für ihr gutes Leistungsvermögen in leichteren Winden, die für die Transatlantik-Etappe über weite Abschnitte erwartet werden. "Da sind die Maxis zumindest nicht bevorteilt", sagt Burke. Sein Ausblick auf das bevorstehende Rennen: "Es wird spannend! Und anfangs auch gleich sehr anstregend, denn es wird darum gehen, wer sich absetzen kann. Wem das gelingt, der wird dann auch vorn sein. Deswegen ist ein guter Start extrem wichtig, aber gar nicht leicht, weil um die Kanaren herum tendenziell immer weniger Wind herrscht." Die Live-Übertragung des Starts beginnt um 15.50 Uhr auf der Facebook-Seite der Veranstalter (bitte anklicken!)

  "Vorpommern"-Skipper Lennart Burke startet am Freitag gut gerüstet und mit viel Vorfreude in die zweite Etappe – sein erstes Solorennen über den AtlantikFoto: Alexis Courcoux / Mini Transat EuroChef 2021
"Vorpommern"-Skipper Lennart Burke startet am Freitag gut gerüstet und mit viel Vorfreude in die zweite Etappe – sein erstes Solorennen über den Atlantik