Admiral’s CupGreifswalder Familien-Crew genießt Powerplay mit Goliaths

Tatjana Pokorny

 · 25.07.2025

"Imagine" im englischen Solent-Revier.
Foto: Rick Tomlinson/RORC
Beim Admiral’s Cup hat am dritten Inshore-Tag die TP52 “Imagine” vom Regatta Verein Greifswald ihre Bilanz deutlich verbessert. Vater und Eigner Holger Streckenbach, die Söhne Felix und Theo Streckenbach und ihre Crew kamen von zwei anspruchsvollen Rennen mit den Rängen sechs und acht in den Hafen. Glücklich über ihre Teilnahme am Revival waren sie vorher schon.

Qualität und Quantität sind hoch beim Comeback des Admiral’s Cup. Das hat die Serie im Channel Race und bei den kürzeren Wettfahrten deutlich gezeigt. “Du suchst Dir bei anderen Regatten vielleicht mal ein langsameres Boot, neben dem du startest, aber die sind hier einfach nicht existent. Es gibt keine schwachen Teams”, beschreibt “Imagine”-Skipper Felix Streckenbach die hochkarätige Flotte nach dem bislang erfolgreichsten Renntag für seine Crew.

Admiral’s Cup: “Imagine” im Aufwärtstrend

Im Wettstreit der großen Boote in Klasse AC 1 ist die Greifswalder TP52 “Imagine” am Donnerstag nach langem Segeltag mit den Rängen sechs und acht auf Platz elf unter 15 großen Booten vorgerückt. Schlagen konnten sie am letzten Tag der der Inshore-Phase im Central Solent auch Boote wie Peter Harrisons TP52 IRC “Jolt 3” oder Maximilian Klinks Botin 52 “Caro”.

Auf die bisherige Serie mit dem Channel Race und insgesamt sechs kürzeren Rennen blickt die “Imagine”-Crew positiv zurück. “Wir hatten anfangs vielleicht ein bisschen viel Respekt vor den vielen Cup-Profis. Es ist schon ein bisschen verrückt: Man segelt hier gegen Leute und Boote, die du sonst nur bei Instagram oder Facebook siehst. So wie einen Ed Baird (Red.: America’s-Cup-Gewinner, “Jolt 3”). Inzwischen haben wir den Respekt aber ein bisschen abgelegt”, berichtet Felix Streckenbach auch von der eigenen Lernkurve beim Sommergipfel der internationalen Seesegelteams.

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Ich glaube, wir haben unsere beste Mannschaft aller Zeiten auf dem Boot.” Felix Streckenbach

Es mache schon Spaß, “die auch mal zu schlagen”. “Das ist eine Riesenmotivation”, sagt Felix Streckenbach nach dem Inshore-Kräftemessen beim Admiral’s Cup im britischen Revier. Mit den drehenden und auch unbeständigen Winden der letzten Tage hatten alle 29 Crews in den beiden Admiral’s-CupKlassen AC 1 und AC 2 alle Hände voll zu tun. “Die Bedingungen machen es unfassbar schwer, eine gut ersegelte Position auch zu halten. Du fährst einen guten Start und verteidigst, aber die anderen kommen immer und immer wieder auf”, erklärt Felix Streckenbach das schwere Spiel.

Es macht krass Spaß, auch wenn man nicht vorne segelt.” Felix Streckenbach

Am Donnerstag erlebte auch die Crew auf Peter Harrisons co-favorisierter “Jolt 3” mit den Rängen neun und fünf einen für sie schwächeren Tag, verlor dadurch die Führung im AC-1-Klassement an die mit den Rängen vier und eins erfolgreichere Wally Rocket 51 “Django WR51”. Karl Kwoks co-favorisierte TP52 “Beau Geste” folgt nach zwei zweiten Rängen auf Platz drei. Niklas Zennströms Carkeek CF 520 “Rán” kehrte mit gemischter Bilanz der Ränge drei und neun als Gesamt-Sechste in AC 1 in den Hafen von Cowes zurück.

Das anspruchsvolle Solent-Revier

Das zentrale Solent-Revier präsentierte sich über alle drei Inshore-Renntage stark fordernd für Segler und Wettfahrtleitung. Felix Streckenbach sagt: “Es ist Manöver-technisch wirklich anspruchsvoll. Wir müssen 110 Prozent geben, um hier im Mittelfeld zu liegen. Der Wind war heute etwas konstanter und sogar ein bisschen mehr als angesagt, so acht, neun Knoten aufwärts.”

Weiter sagte der “Imagine”-Antreiber: “Bei vorherigen Rennen hatte uns immer Flaute zwischendurch gekillt. In jedem dieser Rennen stehst du plötzlich – wie auch die anderen – mal zwei, drei Minuten auf der Stelle. Solche Bedingungen –  totaler Stillstand und oder auch 50-Grad-Winddreher – sind wir nicht gewohnt. Da haben wir dann Probleme, uns durchzumogeln.”

Am Donnerstag ging es im Admira’S-Cup-Powerplay aufwärts für “Imagine”. “Wir hatten heute super gute Starts, da sind wir richtig zufrieden. Und dann haben wir es im weiteren Rennverlauf auch geschafft, das bei relativ konstantem Wind zu verteidigen. Das war eine wirklich gute Mannschaftsleistung. Alle in der Crew haben den gleichen Ansatz: Vollgas geben”, erzählt Felix Streckenbach.

Admiral’s Cup: zwei Jahre Vorbereitung

Sein Team hat sich und die “Imagine” über fast zwei Jahre auf den Segelhöhepunkt in England vorbereitet. “Es ist eine extrem aufwändige Veranstaltung. Wir haben alles stehen- und liegengelassen, weil wir Lust drauf hatten”, so Streckenbach.

Wir lieben diese Inshore- und Offshore-Kombination!” Felix Streckenbach

Als sie sich vor zwei Jahren entschlossen hatten, angesichts der Sturmwarnungen für das ins Visier genommene Rolex Fastnet Race zu passen, war der Wunsch nach einem erneuten Fastnet-Anlauf ein wichtiger Baustein auf dem “Imagine”-Kurs zur Teilnahme am jetzt erfolgreich wiederbelebten Admiral’s Cup. Ihr Projekt läuft schon seit 2020. Anfangs gab es nur wenige Regatta-Optionen. “Ab 2022 ging es dann richtig los”, erinnert sich Felix Streckenbach.

Wir freuen uns total, gegen diese Boote hier und diese Leute auf höchstem Level segeln zu können.” Felix Streckenbach

Wie sein Bruder und “Imagine”-Boat Captain Theo Streckenbach (Maritimer Service Greifswald) ist auch der Radiologe Felix Streckenbach als Projektleiter und Skipper im Intensiv-Einsatz für das “Imagine”-Projekt. Beide haben einst über mehrere Jahre auf “Silver Neo” in der Fast40+-Klasse gesegelt. Während der heute 28 Jahre alte Theo mehrere Jahre in Sydney und Auckland lebte, dort für North Sails und Hood Sails arbeitete, haben die Brüder 2016 auch ein Sydney-Hobart-Race bestritten – jeder der Brüder auf einem anderen Boot, Felix mit dem Vater.

Eine segelsportliche Familienangelegenheit

Jetzt fließt alle Streckenbach-Segelenergie ins Projekt “Imagine” – und aktuell in den Admiral’s Cup. Als Eigner und Crew-Mitglied segelt Vater Holger Streckenbach (56) mit. Auch die 31 Jahre alte Schwester Anna unterstützt die Mannschaft in der Shore Crew. “Imagine” ist eine sportlich-leidenschaftliche Familienangelegenheit.

“Wir segeln das beste Boot, das wir je hatten. Der Zustand ist wirklich gut! Wenn wir nach den Rennen in den Hafen kommen, sind noch ein paar Handgriffe zu tun, aber nichts Aufwendiges mehr wie früher.”, beschreibt Felix Streckenbach den hervorragenden technischen Zustand der “Imagine”.

Wir können jetzt richtig Gas geben mit unserem Boot.” Felix Streckenbach

Auch die Streckenbachs haben für den Admiral’s Cup aufgerüstet, aber nicht auf dem Level der Konkurrenz, die fast durchweg mit komplett neuer Segelgarderobe auf dem Solent aufgekreuzt ist. “Bei uns ist etwa ein Drittel der Segel neu”, gibt Felix Streckenbach einen Einblick. Zur neuen Garderobe zählen auch zwei Großsegel. Einige gute gebrauchte Vorsegel haben sie von den TPs der 52 Super Series kaufen können.

Finale im Admiral’s Cup: das Rolex Fastnet Race!

Acht bis zehn Segel werden sie ins Rolex Fastnet Race mitnehmen, dessen 51. Auflage am Samstag 100 Jahre nach der Premiere mit einer Rekordflotte von voraussichtlich 450 Booten beginnt. “Dieses Mal scheint es eine lange, lange Kreuz zu werden. Mit eher weniger Reach-Anteilen”, sagt Felix Streckenbach. Die “Imagine” ist ein gutes “Up & Down”-Boot, während Rennmaschinen wie die französische TP52 “Teasing Machine” oder “Rán” auch für Reaching optimiert wurden.

VMG-Downwind und Kreuzen zählen zu den Schokoladenseiten der “Imagine”, weshalb zumindest die jüngeren Windprognosen dem deutschen Boot mit der Segelnummer GER 280 im Finale des Admiral’s Cup beim Rolex Fastnet Race mit Dreifach-Wertung entgegenkommen könnte. Die Streckenbachs haben noch eine Rechnung offen mit dem größten und bekanntesten Offshore-Rennen der Welt.

Die Windprognosen empfinden sie als “Riesenglück”. “Es scheint so, als würde sich das Fastnet bis maximal 20 Knoten abspielen. Wir freuen uns sehr darauf”, sagt Felix Streckenbach, dessen Crew den britischen Segel-Gipfel auf dem Wasser und an Land maximal genießt. “Das Revier ist stark fordernd, die Kommunikation hier mit den Seglern und die Gastfreundschaft sind mega”, so der “Imagine”-Skipper, der auch die Arbeit der Wettfahrtleitung lobt.

Komplizierte Winde fordern Segler und Rennleitung

“Die Wettfahrtleitung hat es hier schon sehr, sehr schwer. Gerade im Flachwasser des Solents. Wir haben hier ja auch Boote mit vier Metern Tiefgang dabei… Die Winde waren so kompliziert, dass teilweise auf der Kreuz Gennaker hochgezogen wurden. Aber die haben ein gutes Team und super Tonnenleger. Alleine heute mussten sie angesichts der schwierigen Bedingungen bestimmt zehn Tonnen und dreimal den Kurs verlegen. Das geht alles so zackig wie ich es noch nie erlebt habe. Die sind sehr erfahren und auch sehr motiviert.”

Dazu kommt das bildgewaltige Spektakel im Solent, das in den vergangenen Tagen auch die “Imagine”-Crew beeindruckte. Felix Streckenbach erzählt: “Die riesigen Ultims und Katamarane fahren hier auch schon, bereiten sich aufs Fastnet vor. Da schauen dann auch alle Crews mal hin, wenn die über den Solent rasen. Das ist imposant!” Der Hafen von Cowes sei, so Streckenbach, so etwas wie “der spirituelle Heimathafen des Segelsports”. Alles im kleinen Ort auf der südenglischen Isle of Wight, wo in manchen Gassen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, steht im Zeichen von Admiral’s Cup und Fastnet Race.

Felix Streckenbach sagt: “Du gehst durch diesen voll beflaggten Ort und wirst überall davon begleitet. In jedem zweiten Schaufenster sind Helly Hansen oder Henri Lloyd oder Fastnet-Poster und vieles mehr ausgestellt. Es ist einzigartig. Die Gastgeber sind superglücklich, dass wir alle da sind. Im RORC gibt es jeden Abend Drinks und etwas zu Essen. Harken, Southern Spars oder andere sind hier gerne Gastgeber. Alle freuen sich, dass man hier zusammenkommt.”

Der Fastnet-Start am Samstag

Zum letzten großen sportlichen “Zusammenkommen” bei diesem gelungenen Revival des Admiral’s Cup fallen die Startschüsse ab Samstagmittag. Das Rolex Fastnet Race beginnt am 26. Juli. Hier geht es am Samstag ab 11.45 Uhr zur Live-Übertragung vom Fastnet-Start. Für die Admiral’s-Cup-Flotte markiert der Segel-Blockbuster mit voraussichtlicher Rekordflotte von rund 450 Boote das dreifach gewertete Finale mit dem Zeug, einige der bisherigen Ergebnisse noch auf den Kopf zu stellen.

Die Karten vorab sind im Admiral’s Cup so verteilt: In der Teamwertung haben Karl Kwoks TP52 “Beau Geste” und die kleinere Botin 41 “Beau Ideal” gemeinsam die Nase mit 36 Punkten vorne. Es folgen nach dem Dämpfer am Donnerstag in guter Schlagdistanz “Jolt 3” und “Jolt 6” für das Team vom Yacht Club de Monaco (44 Punkte) und – schon mit etwas Abstand – die Djangos vom Yacht Club Costa Smeralda (59 Punkte) und “Caro” und “Callisto” für die Royal New Zealand Yacht Squadron (62 Punkte). Die Zwischenergebnisse der Boote finden sich für Klasse AC 1 hier, für Klasse AC 2 hier.

Das Team vom Regatta Verein Greifswald (150 Punkte) liegt vor dem Rolex Fastnet Race mit “Imagine” und “X-Day” auf Platz elf. Das nach dem traurigen “Red Bandit”-Mastbruch auf Dirk Clasens Humpheys 39 “Ginkgo” reduzierte Team vom Bayerischen Yacht-Club ist auf Platz 13 zurückgefallen, obwohl auch der “Ginkgo”-Crew am Donnerstag in Rennen sechs ein starker fünfter Rang gelungen war. “Ginkgo” ist in Klasse AC 2 wie “Imagine” in Klasse AC 1 Elfte. Schlusslicht der Teamwertung bleibt das Hamburg Sailing Team (198 Punkte) mit “Elida” und “Edelweiss”. Hier geht es zu den Teamständen im Admiral’s Cup.

Vorfreude auf das Rolex Fastnet Race

Dem Rolex Fastnet Race blickt die “Imagine”-Crew mit enormer Segelfreude entgegen. “Es ist selten, dass sich ein Fastnet bis 20 Knoten Wind abspielt. Ein Riesenglück für die Flotte, hier so ein Wetterfenster abzugreifen. Wir freuen usn drauf, bereiten alles vor. Dann kann es losgehen. Uns liegen Langstrecken”, sagt Felix Streckenbach und drückt im Geiste schon mal das Gaspedal durch.

Das Jahrhundertrennen startet am 26. Juli – eine weitere schöne Vorschau aufs Rolex Fastnet Race:

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