Tatjana Pokorny
· 31.12.2021
Der Australier Matt Allen und seine Crew auf «Ichi Ban» haben das Rolex Sydney Hobart Race zum dritten Mal nach berechneter Zeit gewonnen. Nach Siegen 2017 und 2019 gelang der dritte Triumph bei der 76. Edition des Langstrecken-Klassikers, bei dem in einem Jahrhundertsturm 1998 sechs Segler gestorben waren. Vor «Ichi Ban» konnten in der Renngeschichte seit der Premiere 1945 mit «Freya» (1963, 1964, 1965) und «Love & War» (1974, 1978, 2006) nur zwei Boote dreimal siegen.
Die aktuelle Auflage hatte nach dem Traditionsstart am "Boxing Day" (2. Weihnachtstag) in Sydney in Winden mit Böen bis zu 40 Knoten Wind stürmisch begonnen. Hoher Wellengang hatte die Flotte der ursprünglich 88 gemeldeten Yachten stark gefordert. Nur 50 Boote haben das Ziel erreicht oder werden es in den kommenden Stunden noch erreichen. Als schnellste Yacht hatte Peter Harburgs 100-Fuß-Maxi «Black Jack» den 628 Seemeilen langen Kurs bereits nach 2 Tagen, 12 Stunden, 37 Minuten und 17 Sekunden absolviert. Die halb so große Botin 52 «Ichi Ban» benötigte 3 Tage, 3 Stunden, 42 Minuten und 29 Sekunden. Diese Zeit war in der IRC-Handicap-Wertung den Gesamtsieg wert.
Sam Haynes Team auf der berechnet noch schnelleren TP 52 «Celestial», einem Design der Bremerhavener Yachtkonstrukteure von Judel/Vrolijk, verlor den schon greifbaren Gesamtsieg nach zwei Protesten der Sieger und der Wettfahrtleitung am grünen Tisch. Die Proteste hatten sich im Kern gegen die Nichterreichbarkeit der «Celestial»-Crew nach ihrem versehentlichen Auslösen eines PLB-Notsignals gewendet. Sowohl die Wettfahrtleitung als auch – in deren Auftrag – die "Ichi Ban"-Crew und später noch die Crew der "Quest" hatten über mehr als eineinhalb Stunden vergeblich versucht, die "Celestial"-Mannschaft auf See und in vermeintlicher Notlage zu erreichen.
Die australische Rettungszentrale AMSA hatte die Wettfahrtleitung um 23.53 Uhr Ortszeit über den Empfang des PLB-Notsignals von der "Celestial" informiert. Die "Celestial"-Crew hatte weder auf Funkrufe noch auf eine von der "Ichi Ban" in Absprache mit der Rennleitung gezeigte weiße Leuchtfackel reagiert. Auch die danach von der "Ichi Ban"-Crew abgefeuerte rote Signalrakete erzielte zunächst keine Rückmeldung der "Celestial"-Crew, die erst um 1.30 Uhr Kontakt mit "Ichi Ban" aufnahm und sich danach erst bei der Wettfahrtleitung meldete, um das versehentliche Auslösen des PLB-Signals zu erklären und die Unversehrtheit der gesamten Crew zu versichern. Später an Land erklärte die "Celestial"-Crew, dass sie die Funkrufe im Lärm des laufenden Motors und bei eingeschaltetem Watermaker in übermüdetem Zustand nicht gehört habe.
In der Protestentscheidung gegen die "Celestial" wurde unter anderem angeführt, dass während des Rennens zwölf weitere PLB-Signale auf anderen Booten versehentlich ausgelöst worden waren und sich alle betroffenen Mannschaften binnen 25 Minuten zurückgemeldet hätten. Dem Protest der "Ichi Ban"-Crew wurde stattgegeben, ihrer gesegelten Zeit drei Minuten abgezogen. Vor allem aber wurden nach dem Urteil der sehr erfahrenen sechsköpfigen Jury als Bestrafung 40 Minuten zu "Celestials" tatsächlich gesegelter Zeit addiert. So fiel Sam Haynes Crew im Kampf um den Tattersall Cup auf Platz zwei der Gesamtwertung zurück. Hier geht es zu den Ergebnissen in allen zehn Wertungsdivisionen (bitte anklicken!).
"Es ist natürlich immer schöner, ohne den Gang in den Protestraum zu gewinnen, aber Regeln sind ein wichtiger Teil unseres Sports", sagte Sieger Matt Allen im Zielhafen Hobart, wo er und seine Crew den begehrten Tattersall Cup glücklich in den Himmel hoben. Allens Erfolgsrezept: "Ich habe eine Mischung aus jungen, alten und weisen Crew-Mitgliedern. Es ist ein Sieg, den wir alle nie vergessen werden."
Die "Line Honors" in der Zweihand-Wertung hat sich in diesem Jahr die Akilaria RC 2 "Sidewinder" gesichert. In der Zweihand-IRC-Wertung siegte "Disko Trooper_Contender Sailcloth" von Jules Hall. Viel diskutiert wurde in Sydney und Hobart die getrennte Wertung von Mannschaften und Zweihand-Teams. Hier wollen die Veranstalter für das kommende Jahr neue Möglichkeiten schaffen.
Dass die Doublehanded-Segler nicht um den Tattersall Cup hatten kämpfen können, begründeten die Ausrichter mit Problemen damit, den Faktor der Autopiloten ins Handicap einzubeziehen. Dazu hatte der im Kampf um die Crew-"Line Honors" drittplatzierte "Scallywag"-Skipper David Witt gesagt: "Das ist doch lächerlich! Man kann nun einmal einen Zweihänder nicht ohne Autopiloten haben. Wenn man sie also am Rennen teilnehmen lässt, sollte das auch kein Diskussionspunkt sein. Es ist doch albern, dass man an einem Rennen teilnehmen kann, es aber nicht gewinnen darf." Auch "Black Jack"-Skipper Mark Bradford brach eine Lanze für die Zweihandsegler: "Wir nutzen als Crew doch auch alle möglichen Kontrollsysteme an Bord. Meine Ansicht nach ist es nichts anderes, ob man nun einen Schwenkkiel oder einen Autopiloten hat. Wir sollten diese Zukunft des Seesegelns mehr umarmen."