53. La Solitaire du FigaroErbarmungsloses Rennen für Jörg Riechers

Tatjana Pokorny

 · 08.09.2022

53. La Solitaire du Figaro: erbarmungsloses Rennen für Jörg RiechersFoto: Alexis Courcoux/La Solitaire du Figaro
Jörg Riechers mit seiner “Alva Yachts”

17 Jahre nach seiner Premiere 2005 hat der Hamburger Profisegler sein zweites Figaro absolviert. Nach herausragendem Auftakt (Rang 4) belegt er im Gesamtklassement des fordernden Dreiteilers Platz 21

Der 53-Jährige vom Hamburger Segel-Club hat wieder Feuer gefangen, will weiter in der Klasse segeln, bis der geplante Imoca voraussichtlich im Herbst 2023 fertig sein soll. “Das Figaro ist erbarmungslos.” So lautet Jörg Riechers’ erste Bilanz nach den brutalen drei Etappen der 53. Auflage. Der Hamburger Solosegler hatte die dritte und letzte Etappe in der Nacht zum 8. September mit Rang 22 beendet. Im Gesamtklassement bedeutet das für den mit Rang vier in Etappe eins so formidabel ins Rennen gestarteten deutschen Skipper Platz 21. “Diese letzte Etappe habe ich taktisch verhauen”, räumt er ehrlich ein. Und so ist es passiert: “Ich bin nach gutem Start bei Arcachon unter Gennaker weiter nördlich gesegelt, die anderen tiefer unter Spinnaker. Das, was ich an direktem Kurs rausholen konnte, war leider nicht so effektiv wie der Bootsspeed, den die anderen hatten. Danach war der Etappenverlauf weitgehend definiert.”

Jörg  Riechers in Aktion auf seiner “Alva Yachts”Foto: Jörg Riechers Sailing
Jörg Riechers in Aktion auf seiner “Alva Yachts”

Jörg Riechers: “Im Figaro musst du immer ein bisschen im Mainstream bleiben”

Riechers’ Lernkurve verlief steil. Auf Etappe zwei hatten ihn der Wassereinbruch durch eine defekte Inspektionsklappe in Folge der Nachvermessung und ein “Blackout” des Bordrechners unverschuldet ausgebremst. Zu den wichtigsten Erkenntnissen des “Alva Yachts”-Angreifers zählt diese: “Du kannst im Figaro nicht so viel Risiko gehen wie beispielsweise im Mini oder in der Class 40, wo es mehr Optionen zur Aufholjagd und zum Überholen gibt. Im Figaro hast du das so nicht. Da musst du immer ein bisschen im Mainstream bleiben, die Optionen nach links und rechts eher kleinformatig nutzen.” Mit den dazugewonnenen Erfahrungen will Jörg Riechers auch im kommenden Jahr in der Klasse weitermachen. “Es bleibt der beste Circuit zur Vorbereitung auf das Imoca-Segeln”, sagt der in Frankreich mit seiner Frau Tiphaine Riechers lebende Routinier. Er wird jetzt zwei Wochen pausieren und dann wieder ins Training einsteigen.

Hier ist Sieger Tom Laperche im Glück zu sehen. Der Franzose und auch seine Konkurrenten lassen den Champagner knallen.

Den Gesamtsieg sicherte sich bei dieser 53. Edition des französischen Klassikers im Endspurt doch noch der erst 25 Jahre alte Tom Laperche auf “Région Bretagne – CMB Performance”. Unwiderstehlich war erneut die Bootsgeschwindigkeit des Franzosen bei dessen vierter Figaro-Teilnahme. 2019 war er als Elfter durchgestartet, 2020 und 2021 hatte er jeweils als Dritter schon auf dem Podium gestanden. Jörg Riechers sagt mit Respekt vor der Leistung von Laperche: “Tom ist ein Meister seines Fachs. Er geht nie Risiken ein, seine Taktik hat nicht den Touch des Genialen. Er kriegt es mit herausragendem Bootsspeed hin. Das ist die ganze Saison schon so.”

Strahlender Sieger des 53. La Solitaire du Figaro: Tom LapercheFoto: Alexis Courcoux/La Solitaire du Figaro
Strahlender Sieger des 53. La Solitaire du Figaro: Tom Laperche

Ein packendes Spitzenduell hat dieses Figaro geprägt

Angreifer Guillaume Pirouelle (“Région Normandie”), der so furios ins Rennen eingestiegen war und das Klassement nach zwei von drei Etappen über jeweils 630 bis 700 Seemeilen anführte, musste sich in der Endabrechnung dem großen Vorstart-Favoriten Tom Laperche doch noch geschlagen geben. Dennoch ist es auch für Guillaume Pirouelle ein Riesenerfolg.

Sieger Tom Laperche auf seiner “Région Bretagne – CMB Performance”, wie alle in der Figaro-Klasse ein Boot vom Typ Beneteau Figaro 3Foto: Arnaud Pilpre/La Solitaire du Figaro
Sieger Tom Laperche auf seiner “Région Bretagne – CMB Performance”, wie alle in der Figaro-Klasse ein Boot vom Typ Beneteau Figaro 3

Der Jugend-470er-Weltmeister ist erst seit zwei Jahren sehr aktiv in der Klasse. Nach Addition der drei Etappenzeiten und Abzug der erkämpften Speed-Boni – insgesamt 11 Minuten für Laperche und 5 Minuten für Pirouelle – trennten den strahlenden Sieger und den fast ebenso glücklichen Zweitplatzierten im finalen Klassement gerade einmal 1 Stunde, 5 Minuten und 54 Sekunden. Laperche gewann das Figaro mit einer Gesamtsegelzeit von 10 Tagen, 20 Stunden, 20 Minuten und 22 Sekunden. Platz drei sicherte sich Achille Nebout auf “Amaris – Prime Energie” in insgesamt 10 Tagen, 21 Stunden, 55 Minuten und 19 Sekunden.

Guillaume Pirouelle strahlt auch über Platz zwei, obwohl er nach zwei Etappen noch Spitzenreiter war. Sein Duell mit Sieger Tom Laperche hat bei dieser Figaro-Auflage für viel Spannung gesorgtFoto: Alexis Courcoux/La Solitaire du Figaro
Guillaume Pirouelle strahlt auch über Platz zwei, obwohl er nach zwei Etappen noch Spitzenreiter war. Sein Duell mit Sieger Tom Laperche hat bei dieser Figaro-Auflage für viel Spannung gesorgt

Erfolgreichste Seglerin dieser Edition war Elodie Bonafous, die als Dritte der Abschlussetappe im Endspurt noch einmal ins Rampenlicht segelte und im Gesamtklassement Platz acht erkämpfte. Die 26-jährige “Queguiner La Vie en Rose”-Skipperin war bei ihrer dritten Figaro-Teilnahme über alle drei Abschnitte in der Addition nur rund dreieinhalb Stunden langsamer als der Sieger. Hier geht es zum Abschlussklassement.

Elodie Bonafous glänze auf der dritten Etappe mit Rang drei und insgesamt als AchteFoto: Alexis Courcoux/La Solitaire du Figaro
Elodie Bonafous glänze auf der dritten Etappe mit Rang drei und insgesamt als Achte

Sanni Beucke zahlt viel Lehrgeld, gewinnt aber an Erfahrung

Neueinsteigerin Susann Beucke vom Norddeutschen Regatta Verein segelte am 8. September noch in der Schlussphase von Etappe drei, auch wenn dem offenbar etwas aus dem Ruder gelaufenen Live-Tracker dazu unterschiedliche Angaben zu entnehmen waren. Die 49er-FX-Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele von Japan ist erst im Januar 2022 mit ihrer Kampagne “This race is female” in die Figaro-Klasse umgestiegen. Für ihren Aufstieg als Solo-Seeseglerin hat sie sich bewusst die forderndste aller Klassen gewählt. Fernziel ist die Vendée-Globe-Teilnahme 2028.

Dass ihr Weg von der 470er- und Skiff-Vorschoterin zur Seesegel-Solo-Steuerfrau steil und dornenreich sein würde, wusste sie bei ihrer Entscheidung. Beucke wird das Ziel der letzten Etappe voraussichtlich als Vorletzte erreichen. Diesen 28. Platz würde sie nach insgesamt vier Aufgaben anderer Konkurrenten bei ihrer Figaro-Premiere dann auch im Gesamtklassement belegen.

Susann Beucke bei ihrer Figaro-Premiere. Noch segelt sie dem Establishment hinterher, sagt aber: “Ich habe das Gefühl, dass ich bei diesem Rennen so viel gelernt habe in den letzten Tagen. Ich bin jetzt imstande, meine neuen Fähigkeiten in einigen Situationen einzusetzen.”Foto: Pilpre Arnaud/La Solitaire du Figaro
Susann Beucke bei ihrer Figaro-Premiere. Noch segelt sie dem Establishment hinterher, sagt aber: “Ich habe das Gefühl, dass ich bei diesem Rennen so viel gelernt habe in den letzten Tagen. Ich bin jetzt imstande, meine neuen Fähigkeiten in einigen Situationen einzusetzen.”