50. Rolex Fastnet Race“Mayday”-Rufe, gesunkene Yacht, Mastbrüche

Tatjana Pokorny

 · 23.07.2023

Harte Bedingungen zum Fastnet-Auftakt
Foto: Paul Wyeth/pwpictures.com
Die Veranstalter des größten Offshore-Rennens der Welt haben nach der schweren Auftaktnacht eine Schadensbilanz veröffentlicht. Die Bedingungen haben sich inzwischen beruhigt. Zuvor aber haben “Mayday”-Rufe, eine gesunkene Yacht, Mastbrüche und Verletzte Organisatoren, Retter und Teilnehmer in Atem gehalten. Das Video zeigt, wie brutal die Bedingungen waren

Eine sehr harte erste Nacht auf See hat bei der 50. Auflage des Rolex Fastnet Race zu zahlreichen Rettungsmissionen und Ausfällen geführt und viele weitere Teilnehmer vorübergehend Schutz vor den stürmischen Bedingungen im Ärmelkanal suchen lassen.

Die Bedingungen waren mehr als fordernd: Am Samstagabend wurden um 21.10 Uhr deutscher Zeit in Hurst Castle 38 Knoten Wind gemessen, in Böen 43 Knoten. Etwa zeitgleich hatte die Besatzung der J/120 “Scream II” von Stuart Lawrence vor St Albans Point 46 Knoten Wind vermeldet.

Inzwischen haben mehr als 100 Mannschaften das Rennen aufgegeben. Hinzu kommen jene 15 der ursprünglich gemeldeten Teams, die mit Blick auf die Wetterprognosen erst gar nicht gestartet sind. Die britische Küstenwache hatte bis Sonntagmittag 28 Zwischenfälle, darunter einen Untergang, gemeldet.

Evakuierung nach Wassereinbruch

Zu Letzterem erklärte die Rennleitung der 50. Jubiläumsauflage des Rolex Fastnet Race in einem offiziellen Statement: “Gestern Nachmittag (Redaktion.: 22. Juli, Starttag) verzeichnete die Crew auf der Sun Fast 3600 ‘Vari’ gegen 16.30 Uhr Ortszeit südwestlich der Needles Wassereinbruch. Dank des schnellen Eingreifens der Rettungsdienste konnten beide Besatzungsmitglieder nach Yarmouth auf der Isle of Wight evakuiert werden und sind wohlauf. Es wird angenommen, dass das Boot gesunken ist, obwohl die genauen Hintergründe und Umstände noch nicht geklärt sind.”

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Über Funk lief ‘Mayday’ in Dauerschleife” (Melwin Fink)

Mehrere Anrufe bei der HM Coastguard, so berichten die Veranstalter vom Royal Ocean Racing Club, betrafen verletzte Besatzungsmitglieder. Die “SignForCom”-Co-Skipper Lennart Burke und Melwin Fink haben die Informationen zu den Unglücken wie die anderen Teilnehmer über Funk mitgehört. Oft sei es dabei um Verletzungen gegangen. Der 24-jährige Lennart Burke und der 21-jährige Melwin Fink kamen mit einer gerissenen Tackline für die J2 “glimpflich” davon.

Die junge Zweihand-Crew erlebte 30, 35 Knoten im Mittel. “Als wir auf dem Solent raus sind, waren es dann durchweg über 40 Knoten, bevor es später in der Nacht wieder weniger wurde”, sagte Burke. Sein Team hatte teilweise Ballast abgeworfen, um mehr Schräglage zu erreichen und den Rumpf zu schonen. “Das müssen wir mit dem Plattbug auch machen, sonst zerschmettern wir ihn”, sagte Lennart Burke.

“Wir wollten auf Nummer sicher gehen, und das war auch richtig, denn über Funk lief ‘Mayday’ in Dauerschleife”, beschrieb Melwin Fink das bedrohliche Szenario, “hinter uns haben wir mitbekommen, dass ein Boot untergeht.” Lennart Burke ergänzte: “Es gab auch noch andere Schiffe, die Risse im Rumpf hatten und Häfen ansteuerten. Auch einen Mastbruch und eine Reihe von Personenschäden haben wir über Funk mitbekommen.” Während des Gesprächs über die folgenschwere Nacht segelte die junge Class-40-Crew bereits wieder in besseren Bedingungen.

Die erste Nacht war stressig, teilweise niederschmetternd. Aber wir sind auch glücklich, auf dem Wasser zu sein” (Lennart Burke)

Lennart Burke sagte am frühen Sonntagabend: “Es sind Traumbedingungen, außer dass es Upwind ist. Wir segeln bei zwölf bis 15 Knoten am Wind in der Sonne. Die Welle ist klein, wenn auch noch etwas durcheinander. Am Horizont sehen wir die ‘Störtebeker’ und die ‘Haspa’. Von Fastnet Rock bis fast ins Ziel kommt noch ein Downwind-VMG-Stück. Das sind die besten Bedingungen für unser Schiff. Ich glaube, wir sind superhappy, wenn wir noch ein paar Boote einholen und den Abstand verringern können”, sagte Lennart Buke zu den nächsten Zielen seines Teams.

Vier Yachten haben indessen ihren Mast verloren: Heather Tarrs Sun Fast 3600 “Yoyo” aus Irland, Nick Martins Sun Fast 3600 “Diablo”, Bertrand Daniels’ Sun Fast 3200 “Mirabelle” und Tapio Lehtinens Swan 55 “Galiana”, die in Kürze am Ocean Globe Race teilnehmen soll, verloren ihr Rigg in den ersten 24 Stunden des Fastnet-Rennens. Hinzu kamen Steuer-, Decks- und andere Schäden auf vielen weiteren Booten.

Die starken Winde in der vergangenen Nacht sind lange im Voraus vorhergesagt worden” (Steve Cole)

15 gemeldete Teilnehmer waren gar nicht erst an den Start gegangen, darunter mit Peter Mortons Maxi 72 “Notorious” eine der Rennfavoritinnen in IRC Super Zero. Viele Mannschaften hatten nach dem Start Schutz gesucht. “Die starken Winde in der vergangenen Nacht sind lange im Voraus vorhergesagt worden”, kommentierte Rolex Fastnet Race Director Steve Cole die Ereignisse.

Weiter sagte Steve Cole vom Royal Ocean Racing Club (RORC): “Der Club möchte sich bei der HM Coastguard und der RNLI für ihre Hilfe bedanken. Ihrem Einsatz und ihrem Können ist es zu verdanken, dass die Zwischenfälle professionell gehandhabt und diejenigen, die Hilfe benötigten, sicher geborgen werden konnten. Jetzt, wo die Front vorbeigezogen ist, haben Wind und Seegang nachgelassen. Auch für die nächsten 24 Stunden sind leichte Bedingungen zu erwarten.”

Leichtwindige Passage zum Fastnet-Felsen

Bereits am Sonntagvormittag war der Wind im westlichen Ärmelkanal auf zehn bis 15 Knoten abgeflaut und wird für die Passage zum Fastnet Rock in der Keltischen See voraussichtlich noch weiter auf fünf bis zehn Knoten abnehmen. Als bestes deutsches Boot in der IRC-Gesamtwertung lag Dirk Klasens Humphreys 39 “Ginkgo” vom Kieler Yacht-Club am Sonntagabend auf Platz zwölf.

Erster rund Fastnet Rock

Als Erste hatte bereits am Sonntagmorgen um 9.04 Uhr deutscher Zeit die von François Gabart geskipperte Ultim “SVR Lazartigue” nach nur 19 Stunden, 4 Minuten und 31 Sekunden den Fastnet-Felsen gerundet. Die Halbzeitrekordzeit, die 2019 von “Maxi Edmond de Rothschild” mit einer Zeit von 18 Stunden, 3 Minuten und 38 Sekunden aufgestellt worden war, blieb damit ungebrochen.

Must see: Unwirkliche Bedingungen bei Hurst Castle – wie die Crews zu kämpfen hatten:

Meistgelesen in der Rubrik Regatta