50. Rolex Fastnet RaceDalins Imoca siegt, Burke und Fink greifen an

Tatjana Pokorny

 · 25.07.2023

"Macif" war der schnellste Imoca im Fastnet-Rennen und hat einen Streckenrekord aufgestellt
Foto: Paul Wyeth/pwpictures.com
Im 50. Rolex Fastnet Race kommen immer mehr Boote ins Ziel. Entschieden ist das packende Duell um den Imoca-Sieg zwischen Dalin/Bidegorry auf “Macif” und Richomme/Eliès auf “Paprec Arkéa”. In der Class40 sind Lennart Burke und Melwin Fink auf “SignForCom” bei rund 150 Seemeilen bis ins Ziel auf Platz vier vorgeprescht, könnten sogar aufs Podium segeln …

Bei der Jubiläumsauflage des 50. Rolex Fastnet Race fallen immer mehr Entscheidungen. So wie bei den Imocas, wo Charlie Dalin und Pascal Bidegorry auf “Macif” das spannende Duell mit Yoanne Richomme und Yann Eliès auf “Paprec Arkéa” für sich entscheiden konnten. Nur 4 Minuten und 6 Sekunden trennten die Sieger und die Zweiten nach ihrem Fastnet-Krimi-Duell im Ziel.

Im Langstreckenklassiker von Cowes via Fastnet-Felsen in der Irischen See nach Cherbourg war gut zu sehen, dass die zehnte Edition der Vendée Globe bereits im kommenden Jahr stattfindet: Neue wie ältere Imocas ließen die Muskeln spielen. Allen voran die Foiler der Favoriten: der amtierende Imoca-Klassenmeister Charlie Dalin mit Pascal Bidegorry auf “Macif Santé Prévoyance” und das mit Spannung erwartete Duo Yoanne Richomme und Boris Herrmanns Ocean-Race-Mitstreiter Yann Eliès auf der neuen “Paprec Arkéa”.

Junge kraftstrotzende Imocas, erfahrene Bändiger

Charlie Dalin und Pascal Bidegorry hatten vor dem Fastnet-Start gerade einmal fünf Tage Zeit, um ihr neues, von CDK gebautes Verdier-Design einzusegeln. Doch das war noch viel im Vergleich zu Yoann Richomme und Yann Eliès auf der ebenfalls neuen Groupe-Finot-Konstruktion “Paprec Arkéa”. Das französische Duo hatte zwar schon eine kurze Regattateilnahme hinter sich, musste dabei aber strukturelle Probleme feststellen, die das Team zurück auf die Werft zwangen. Der Neustart hatte sie direkt an die Startlinie des 50. Rolex Fastnet Race geführt.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Die neuesten Imocas segeln mit riesigen Foils und geschlossenen Cockpits, aus denen die Sicht nach draußen eingeschränkt ist. Sie sind nicht für kurze Wendemanöver in engen Gewässern ausgelegt. Schon gar nicht bei massivem Druck am Wind, wie ihn die Teilnehmer am 50. Rolex Fastnet Race nach dem Start am Samstagnachmittag im Solent erleben und bändigen mussten. “Macif Santé Prévoyance” hatte den Solent zunächst neben “Charal” mit Jérémie Beyou und Franck Cammas verlassen.

Wie sich das Duell zwischen “Macif” und “Paprec Arkéa” zuspitzte

Anstatt wie 2021 direkt zur französischen Küste hinüberzusegeln, wählten die führenden Imoca-Teams das Spiel mit den Strömungen nahe der englischen Küste. “Paprec Arkéa” führte die Gruppe an, die nach den Needles nach Süden segelte, um dann nach Westen zu wenden, und kreuzte vor der Gruppe, die den Solent über den Nordkanal verlassen hatte. Richomme und Eliès passierten Start Point als Erste und bauten ihren Vorsprung langsam aus. Draußen in der Keltischen See hatten sie 18 Meilen Vorsprung vor den Verfolgern. Die Führung aber währte nicht lange, die Verfolger kamen immer näher.

Auf dem Rückweg vom Fastnet-Felsen zum Bishop Rock konnte “Macif” den gesamten Vorsprung von “Paprec Arkéa” egalisieren. Ab den Scilly-Inseln lieferte sich das Führungsduo ein intensives wie sehenswertes Matchrace in abflauenden Winden. Auf den letzten Seemeilen mussten sich die Rivalen bei wenig Wind im starken Tidenstrom durchbeißen. “Macif Santé Prévoyance” überquerte die Ziellinie am Montagabend um 21:31:26 Uhr deutscher Zeit mit nur 4 Minuten und 6 Sekunden Vorsprung vor “Paprec Arkéa”. Wie spannend es im Imoca-Finale zuging, zeigt auch, dass die ersten sechs Boote aufgrund der finalen Flottenkompression innerhalb von 45 Minuten ins Ziel kamen.

Die Imocas gewinnen den Kampf um die Line Honors

Dabei waren beide führenden Imocas schneller als Bryon Ehrharts 88-Fuß-Renner “Lucky”. Das gilt auch dann noch, wenn man die zusätzlichen 30 Minuten berücksichtigt, die durch den späteren Start der Boote in der Gruppe IRC Super Zero einbezieht. So gewann “Macif Santé Prévoyance” die Line Honors bei den Einrumpfbooten. Das gelang zum ersten Mal in der Geschichte des Rolex Fastnet Race einem Imoca.

Mit einer gesegelten Zeit von nur 2 Tagen, 7 Stunden, 16 Minuten und 26 Sekunden stellte “Macif Santé Prévoyance” zudem einen Streckenrekord für den Fastnet-Kurs nach Cherbourg auf. Geschlagen haben die Franzosen die Zeit der ClubSwan 125 “Skorpios” aus dem Jahr 2021, die den Kurs in 2 Tagen, 8 Stunden, 33 Minuten und 55 Sekunden absolviert hatte.

Mit fast 40 Knoten Speed zum Sieg

“Es war von der ersten Sekunde an ein sehr intensives Rennen mit über 30 Knoten Wind im Solent”, sagte Dalin. “Es war unglaublich mit den großen Wellen und Winden, die aus dem Kanal kamen. Dann war da noch der Abschnitt vom Fastnet-Felsen zu den Scillys, als wir mehrmals fast 40 Knoten Speed erreichten. Verrückte Geschwindigkeiten! Das Boot flog einfach. Dann der irre Kampf am Ende mit Yoann und Yann. Wir haben sie eingeholt, sie sind wieder abgeflogen. Wir haben sie wieder eingeholt und konnten sie überholen, und dann, als wir einen Vorsprung von zwei Meilen hatten, hat sich unser Kiel Seetang eingefangen! Als wir den endlich los waren, konnten wir bis ins Ziel fahren.”

Dalin zollte seinem Team und seinem Co-Skipper viel Anerkennung: “Es ist ziemlich schwer zu beschreiben, wie talentiert und geschickt sie sind. Ich dachte, ich würde den größten Teil des Kurses mit einem dauerhaft geöffneten Werkzeugkasten bestreiten. Aber wir haben erlebt, dass wir Speed haben und das gar nicht nötig war. Das ist einfach unglaublich! Ich bin wirklich glücklich. Pascal und ich haben ein gutes Team gebildet - er ist außergewöhnlich talentiert.” Charlie Dalin fügte hinzu, dass er sich keine Sorgen wegen der heftigen Bedingungen in der ersten Nacht gemacht habe, da die Imocas dafür ausgelegt seien.

Imoca-Podiumsteams im Glück

Auch die so knapp geschlagene Crew auf “Paprec Arkéa” war mit dem Verlauf des Rennens zufrieden. “Unser Boot hat sich wirklich gut verhalten. Wir hatten vor dem Rennen einige Verstärkungen eingebaut. Das war eine gute Entscheidung, da wir keine größeren technischen Probleme hatten”, sagte Yoanne Richomme. Imoca-Veteran Yann Eliès, gerade noch im Ocean Race mit Boris Herrmann auf “Malizia – Seaexplorer” unterwegs, unterstrich, wie schnell die neue Generation der Imocas am Wind sei. “Wir sind so schnell wie ein Mehrrumpfboot und machen fast 18 bis 20 Knoten in Drei-Meter-Wellen.”

Auf dem Rückweg vom Fastnet Rock hatte “Paprec Arkéa” eine Bootsgeschwindigkeit von 37 Knoten erreicht. Richomme hob hervor, dass die Startgeschwindigkeit der Konkurrenten beim Foilen etwa bei 13 Knoten läge, während sein Team 17 bis 18 Knoten erreiche. Richomme sagte: “Der Schritt von der letzten Generation zu dieser ist groß. Die Boote sind viel seetüchtiger als die vorherige Generation.”

Es ist eine großartige Rennstrecke mit vielen Herausforderungen. Der neue Kurs nach Cherbourg ist fantastisch!” (Bryon Ehrhart)

Für Sam Goodchild bedeutete Platz drei in einem seiner ersten großen Imoca-Rennen eine willkommene Überraschung. Goodchild sagte: “Das war nicht wirklich, was wir erwartet hatten. Das war gut! Wir haben im April angefangen, dieses Boot zu segeln. In unserem ersten Rennen waren zwölf Boote am Start, und wir wurden Dritte. Bei unserem zweiten Rennen mit 29 Booten haben wir nicht gedacht, ebenfalls Dritte zu werden, nehmen das aber sehr gerne.”

Bryon Ehrharts “Lucky” – die ehemalige Rekordjägerin “Rambler 88” – verpasste die Line Honors nach dem gelungenen Powerplay der Imocas um nur 15 Minuten. Die von America’s-Cup-Legende Brad Butterworth geführte Crew hatte alles gegeben. Ehrhart sagte im Ziel: “Es war wirklich beeindruckend, die Imocas aus der Nähe zu sehen und zu erleben, wozu sie fähig sind. Es ist eine großartige Rennstrecke mit vielen Herausforderungen. Der neue Kurs nach Cherbourg ist fantastisch. Was für ein toller Ort. Dieses Rennen war eine unglaubliche Erfahrung.”

Es hat uns jedes Quäntchen Seemannschaft gekostet, das Boot in einem Stück zu halten” (Bryon Ehrhart)

Weiter sagte der “Lucky”-Eigner: “Die Bedingungen kurz nach dem Start waren abscheulich. Dieses Boot ist nie zuvor mit einem J6-Vorsegel und drei Reffs im Groß gesegelt. Es hat uns jedes Quäntchen Seemannschaft gekostet, das Boot in einem Stück zu halten, aber schließlich haben wir die Überlebensphase hinter uns lassen können und sind in die echte Regatta eingestiegen. Und ich muss sagen: Das Rennen war wirklich sehr, sehr gut. Den Fastnet Rock erneut zu runden war etwas ganz Besonderes, und einige der Bedingungen danach waren sehr aufregend.”

Nach den Imocas kämpfen nun die Class-40-Besten um den Sieg im 50. Fastnet-Rennen. Und da sorgen aus deutscher Sicht Lennart Burke und Melwin Fink für gute Nachrichten. Die Jungprofis rückten am Dienstagmorgen immer weiter vor, lagen kurz nach 11 Uhr bereits auf Platz vier. Man darf als Fan der Crew auf der Pogo 40 S4 “SignForCom” im Hinterkopf behalten, dass zwei der drei der zu diesem Zeitpunkt vor dem deutschen Team liegenden Crews – ”Edenred Enjoy Racing 2” und “Ibsa” – nach ihren Frühstarts von einer zweistündigen Zeitstrafe belastet sind, die der gesegelten Zeit im Ziel hinzugefügt wird.

Lennart Burke und Melwin Fink attackieren das Class-40-Podium

Lennart Burke und Melwin Fink rauschen dem Ziel aktuell in guter Stimmung entgegen. Sie hatten den Fastnet-Felsen bei ihrem ersten gemeinsamen Fastnet-Rennen bei Tageslicht gerundet und profitieren aktuell von guten Segelbedingungen für ihre Pogo. Die schnellsten Class-40-Boote werden in der Nacht zum 26. Juli im Ziel vor Cherbourg erwartet. Kommen Burke und Fink weiter so gut voran, ist ihnen sogar ein Podiumsplatz zuzutrauen.

Auf Platz 13 segelte mit “Cantaloop40” die zweite deutsche Class 40 von und mit Sebastian Ropohl, Co-Skipper David Rowen und Per Dalheimer dem Ziel entgegen. Der Vorstand Offshore im Norddeutschen Regatta Verein hatte bereits zum Auftakt des 50. Rolex Fastnet Race berichtet: “Der Start der Class40 verlief etwas überraschend, als circa die Hälfte der Gruppe eine Minute zu früh über die Linie fuhr.”

Das Wasser ergoss sich meterhoch über Crew und Schiff, wir fielen in teils unendlich tiefe Wellentäler, es war ein tosender Lärm” (Sebastian Ropohl)

Sebastian Ropohl hatte auch berichtet, wie es dann zur Sache ging: “Noch herrschten moderate 20 Knoten Wind, aber unsere Entscheidung, mit zweitem Reff und Staysail zu starten, sollte sich schon Minuten später auszahlen. Schon im Solent überfielen uns die ersten Böen mit 30 Knoten Wind, aber die Kreuz nach Westen zum Ausgang des Solents verlief nach Plan und ohne Probleme. Wir entschieden uns aber bei den zunehmend brutaleren Bedingungen und einer zunehmend chaotischen See, nicht durch die Needles, sondern durch den North Channel zu laufen.”

Weiter schrieb Ropohl: “Auch hier kochte das Wasser, aber es war beherrschbar, trotz erster Böen bis 40 Knoten, und das bei Wind gegen Strom! Eine schier unvorstellbare See, kaum auszusteuern. Zur Nacht hin nahm der Wind weiter zu, und die Wellen erreichten teils vier Meter Höhe bei einer unglaublichen Kreuzsee, und das weiter bei Wind gegenan. Uns brach leider recht früh die Tackline vom Staysail, sodass wir zu wenig Vorliekspanung hatten und kaum Höhe fahren konnte. Wir konnten das zwar provisorisch reparieren, aber waren doch in Speed und Höhe erheblich eingeschränkt. Das Wasser ergoss sich meterhoch über Crew und Schiff, wir fielen in teils unendlich tiefe Wellentäler, es war ein tosender Lärm.”

“Gingko” ringt als bestes deutsches IRC-Boot um eine Top-Ten-Platzierung

Die Zustände gingen nicht spurlos an der “Cantaloop40” vorbei: “Unsere Rettungsinsel riss aus der Verankerung, der brandneue DanBuoy brach aus seiner Halterung. Immerhin konnten wir die Rettungsinsel retten. Es blieb bis gegen Mitternacht einfach brutal. Dann flaute der Wind etwas ab, die See beruhigte sich, die Crew fand etwas Ruhe, teils sogar Schlaf. Zum Morgen dann beste Segelbedingungen, eine herrliche Kreuz bei 17 Knoten Wind, 9 Knoten Bootsspeed, J1 und vollem Groß.”

Während sich das Class-40-Feld dem Ziel nähert, kämpfte die Crew auf der Humphreys 39 “Gingko” vom Kieler Yacht-Club als bestes deutsches Boot in der IRC-Gesamtwertung als 13. bei für sie verbliebenen rund 200 Seemeilen bis ins Ziel noch um eine Top-Ten-Platzierung im 50. Rolex Fastnet Race. Auf Platz 23 im Feld der noch im Rennen verbliebenen 207 von gestarteten 364 IRC-Yachten lag die Carkeek 47 “Störtebeker” mit Max Gärtner am Dienstagvormittag gut im Rennen. Ihre Ankunftszeit ist für Mittwochnachmittag berechnet.


Hier schaut auch Boris Herrmann genau hin, denn das ist einer seiner starken Gegner für die Vendée Globe 2024/2025 – Charlie Dalin über das Fastnet-Rennen und die Imocas:

Von Line-Honors-Gewinnern und Rekordbrechern im 50. Rolex Fastnet Race:


Meistgelesen in der Rubrik Regatta