Obwohl sie im Voraus gewarnt wurden und die Position und der Kurs an die Skipper übermittelt wurden, passierten einige die Eisberge in Sichtweite. Mindestens zwei Eisberge wurden per Satellit außerhalb der antarktischen Ausschlusszone (AEZ) gesichtet, und man rechnete damit, dass sie sich ganz in der Nähe der Vendée-Globe-Teilnehmer befinden würden. Die Eis-Ausschlusszone wurde eingerichtet, um zu verhindern, dass die Skipper zu nahe an Eisberge herankommen. Nachdem die ersten Teilnehmer an dieser vorbeigefahren sind, darf die Ausschlusszone jedoch nicht mehr verändert werden, um die Bedingungen für alle gleich zu halten. Nachdem dier ersten Boote aber schon lange durch sind, haben sich mindestens zwei Eisberge nördlich über die Ausschlusszone bewegt.
Einer der ersten Betroffenen war Sébastien Marsset („Foussier“) auf Platz 22. Er berichtet: "Dreißig Minuten nachdem ich mit der Rennleitung telefoniert hatte, ging mein Radaralarm los und ich hatte ein Echo vier Meilen vor mir. Ich steckte meinen Kopf heraus und sah sofort den Eisberg. Da hieß es alle Mann an Deck, denn ich war mit 17 Knoten unter dem kleinen Gennaker unterwegs! Ich luvte an, was mich vorübergehend noch mehr auf den Eisberg zusteuern ließ, rollte den Gennaker ein und war 2,5 Meilen vom Eisberg entfernt. Ich musste ein zweites Reff nehmen, um wirklich langsamer zu werden. Ich bin direkt auf ihn zugesteuert!“
Marsset war hin- und hergerissen zwischen Faszination und Stress in Anbetracht des etwa hundert Meter langen Blocks: "Ich gebe zu, dass ich letzte Nacht nicht viel geschlafen habe, aber jetzt... ist es angespannt! Es ist nervenaufreibend, weil wir alles unter die Lupe nehmen, ich habe alle meine Alarme an , ich weiß nicht, wie viel Zeit ich draußen verbracht habe, um auf den kleinsten Schaum zu achten, weil ich dachte, es sei ein Stück Eis! Ich muss durchatmen, alles ist in Ordnung, weiter östlich ist noch einer, aber ich denke, ich werde mehr Abstand zwischen ihn und seine theoretische Position bringen. Meine Idee ist es, von der Eiszone wegzusteuern, ich gebe zu, dass es mich umgehauen hat! Das Jahr 2025 beginnt sehr intensiv, ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Eisberg gesehen!“
Ein paar Stunden später war es Eric Bellion („Stand As One – Altavia“, 23.), der das eisige Monster auf 54° Süd filmte. Er sagte: „Ich bewundere unsere Pioniere, die sich auf ihren ersten Weltumrundungen dorthin begeben haben, dazu gehörte eine gehörige Portion Mut und sicher auch ein bisschen Wagemut, Respekt an sie! Es ist beängstigend. Mein Rumpf 3,6 Millimeter dick, ich kann es mir nicht leisten, das zu treffen. Eisberge sind schön für Expeditionsboote mit Stahlrümpfen, aber nicht für unsere Carbon-Rennboote.“
Weiter hinten sah der Neuseeländer Conrad Colman (MS Amlin, 27.) einen Eisberg. Als die Sonne langsam unterging, kurz vor der Dämmerung, tauchte eine gigantische Silhouette am Horizont auf, sodass der Kiwi sogar seine Drohne starten konnte, um den Eisberg aus der Nähe zu filmen.
Währenddessen kämpfen die beiden Führenden wieder mit leichtem Wind, ein Hochdruckgebiet steht zwischen ihnen und dem Südost-Passat. Charlie Dalin („Macif Santé Prévoyance“) liegt knapp 26 Meilen vor Yoann Richomme („Paprec Arkèa). Beide sind aktuell auf Nordkurs mit etwa zehn Knoten unterwegs.
Auf Platz drei segelt Sèbastien Simon („Groupe Dureuil“) ein eigenes Rennen. Er liegt etwa 346 Meilen zurück und hat sich dicht unter der brasilianischen Küste positioniert.
Auf den Rängen vier und fünf folgen Thomas Ryant („Vulnerable“, 1370 Meilen zurück) und Paul Meilhat („Biotherm“, 1557 sm). Sie sind zwischen den Führenden und der Verfolgergruppe positioniert.
Diese wird angeführt von Nicolas Lunven („Holcim-PRB“, 1657 sm), dicht gefolgt von Jérémie Beyou („Charal“, 1688 sm), Sam Goodchild („Vulnerable“, 1733 sm) und Boris Herrmann („Malizia-Seaexplorer“, 1737 sm). Ihm ist noch Justine Mettraux („TeamWork-Team Snef“, 1800 sm) auf den Fersen, bevor sich ein größeres Loch von rund 745 Meilen zu den nächsten Booten auftut. Die Gruppe kreuzt momentan in der Mitte zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet. Sam Goodchild beschreibt die Situation so: „Boris ist mir im Moment am nächsten, und ich komme im Allgemeinen gut gegen ihn zurecht. Aber es ist schwer zu vergleichen, was Bootsgeschwindigkeit und was Windverschiebungen sind, was das richtige Spiel mit den Wolken ist und wie man die richtigen Wolken zur richtigen Zeit erwischt. Aber als wir zusammen aufgereiht waren, lief es ganz gut, ich konnte mit ihm mithalten oder war manchmal sogar ein bisschen schneller, was ermutigend ist. Ich versuche also einfach, weiter dranzubleiben und mich zu steigern."
Nach einer Aufholjagt sieht es für Boris Herrmann derzeit nicht aus. Er hatte in den vergangenen 24 Stunden mit 184 Meilen und 7,7 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit das zweitgeringste Vorankommen in seiner Gruppe. An der Spitze schaffte Nicolas Lunven 203 Meilen bei 8,5 Knoten, seine derzeit direkter Konkurrent Sam Goodchild war allerdings als einziger etwas langsamer mit 175 Meilen und 7,3 Knoten. Zwischen diesen beiden läuft demnach ein Duell.
"Die Bedingungen sind schwierig”, schreibt Boris. “Ich habe 28 Knoten Wind in Luv, und die See ist sehr kurz. Es schüttelt uns sehr, wir suchen unseren Weg zwischen diesem stürmischen Tiefdruckgebiet, das im Westen auf uns zukommt, und diesem Antizyklon, das im Osten liegt. Dazwischen gibt es eine Strömung aus dem Norden, zwischen 25 und 30 Knoten, aber mit einer kurzen und kabbeligen See. Ich habe zwei Reffs und J3. Ich glaube, Malizia, Vulnerable und Holcim machen es ähnlich wie ich, wir versuchen, die stürmische Zone zu vermeiden und die Zone mit leichtem Wind hinter der Front, indem wir uns im Süden aufhalten . Biotherm ist genau in diese Zone hineingegangen, das scheint mir ein bisschen gewagt zu sein! Und Justine ist auch am Limit! Aber einen Weg hindurch zu finden ist nicht einfach, wir kommen kaum voran, die Wetterbedingungen sind wirklich nicht günstig."
14 Boote haben das dritte große Kap dieser Vendée Globe passiert. Die Durchgangszeiten: