Vendée GlobeWie lange kann Boris am Kapstadt-Express dranbleiben?

Jochen Rieker

 · 26.11.2024

So könnten die Kurse von Charlie Dalin (grün) und Boris Herrmann bis zum Wochenende verlaufen. Die schwarzen Punkte symbolisieren dabei jeweils die Position um Mitternacht
Foto: Dorado-Sail/J. Jerman
Routings für Charlie Dalin (Grün) und Boris Herrmann (rot) bis Montag, 2. Dezember
Wie erwartet zieht sich die Spitzengruppe in der dritten Woche der Vendée Globe immer weiter auseinander. Dem Tempo von Spitzenreiter Charlie Dalin konnte seit gestern nur Thomas Ruyant folgen. Und hinter Platz acht hat niemand Etmale von 500 Seemeilen oder mehr geloggt. Wie aber geht es weiter?

Es war eine kostspielige Nacht. Selbst diejenigen, die bisher noch einigermaßen Anschluss halten, mussten sich zuletzt dem Tempo von Spitzenreiter Charlie Dalin und seinem Verdier-Design “Macif” beugen.

Der Favorit für den Sieg wird das südatlantische Tief am längsten und absehbar am besten nutzen können, um auf Steuerbordbug mit womöglich nur zwei Halsen bis auf die geografische Länge von Kapstadt zu fliegen. Möglicherweise schafft das auch Thomas Ruyant, der heute Früh allerdings auch langsamer wurde.

Yoann Richomme äußert Bedenken

Für Yoann Richomme, der beim Wechsel vom großen auf den kleinen Gennaker gestern ungewollt auf einen südlicheren Kurs abkam, wird es dagegen schon schwieriger. Er lag heute Früh mehr als 80 Seemeilen zurück und äußerte bereits Zweifel, ob er die zunehmend holperigere Fahrt sich und seinem Boot noch allzu lange zumuten wolle.

“Es ist echt hart”, sagte er. Die See sei noch nicht einmal sehr fordernd. “Aber das Boot kracht in alle Richtungen - nicht sehr vertrauenerweckend.”

Ich glaube nicht, dass wir so zwei Monate durchhalten!” Yoann Richomme, “Paprec-Arkéa”

Hinter Paul Meilhat auf “Biotherm”, der sich auf Platz acht hält, dehnt sich das unsichtbare Gummiband, an dem die Imoca-Skipper nach Südost katapultiert werden, zunehmend. So verlor der Vendée-Sieger von 2020/21, Yannick Bestaven, seit gestern allein 60 Seemeilen auf Charlie Dalin; auf Rang neun segelnd hat er schon 220 Seemeilen Rückstand. Sam Davies auf Platz zehn liegt knapp 350 Seemeilen hinter dem Führenden.

Vendée Globe: Boris Herrmann hält bis Kapstadt einigermaßen Anschluss

Nur Boris Herrmann kam mit einem Etmal von 483 Seemeilen nahe an die Pace der Spitze heran. Er verbesserte sich um zwei Plätze auf Rang elf. Sein Rückstand von fast 400 Seemeilen wird weiter anwachsen - wenn auch wahrscheinlich nicht so sehr, wie von ihm selbst befürchtet. Er war bis Kapstadt von bis zu 1.200 Meilen Abstand auf Charlie Dalin ausgegangen. Wahrscheinlicher ist, dass es mehr als die Hälfte wird.

Das jedenfalls zeigen die Routings, die der Meteorologe Jure Jerman gestern Abend für die YACHT gerechnet hat. Sein Cloud-basiertes Navigations-Tool Dorado Sail, mit dem auch die Top-Skipper der Vendée Globe sowie die Wettfahrtleitung arbeiten, sieht den Hamburger in der Nacht von Sonntag auf Montag 665 Seemeilen hinter dem Führenden. Es bleibt also spannend, zumal die rauen Bedingungen im Indischen Ozean der “Malizia - Seaexplorer” mehr liegen dürften als der eher Flachwasser-tauglichen “Macif”.

An dieser Stelle noch ein Hinweis zu dem aktualisierten Windy Plug-in für die Vendée Globe. Wer es im Browser neu installiert (wie das geht, zeigen wir hier!), erhält jetzt auch eine Art Routing für die nächsten Tage in Form einer nach vorn verlängerten Kurslinie. Dies ist jedoch mit großen Ungenauigkeiten behaftet, weil es nicht auf Basis eines Ensemble-Routings erstellt wird und ohne auch nur annähernd verlässliche VPP-Daten.

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