Vendée GlobeVon Aufsteigern, Unglücksraben und einem neuen Rekord

Tatjana Pokorny

 · 13.11.2024

Schnell, schneller, "Holcim - PRB": Nico Lunven hat das Gaspedal durchgedrückt
Foto: Nico Lunven/Team Holcim - PRB/VG2024
Das Feld der 10. Vendée Globe bleibt auch nach der dritten Nacht auf See stark bewegt. Die Führung hat „Paprec Arkéa“-Skipper Yoann Richomme übernommen. Boris Herrmann hatte sich nach effizienter Leistung schon auf Platz fünf vorgearbeitet, lag am Mittwochvormittag wieder auf Platz acht. Andere haben mehr Ungemach zu ertragen. Und einer raste ganz unauffällig zu einem fabelhaften Rekord, der noch wachsen könnte!

Nach der dritten Nacht auf See hat die Vendée-Globe-Flotte einen neuen Spitzenreiter: „Paprec Arkéa“-Skipper Yoann Richomme führte das Feld am Mittwochvormittag vor Charlie Dalin, Sam Goodchild und Jérémie Beyou an. Boris Herrmann hatte sich mit effizienter Leistung bei wenig Halsen schon auf Platz fünf vorgearbeitet. Beim 11-Uhr-Update war er Achter.

Neu angekommen in den Top-Fünf ist mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 22,7 Knoten über 24 Stunden Boris Herrmanns Ex-Navigator Nico „The Brain“ Lunven. Der Franzose heimst aktuell nicht nur die Früchte seiner Westkurve ein. Nur er hatte diese krasse Außenbahn gewählt. Unter anderem, weil ihm in Küstennähe das Verkehrsaufkommen zu hoch erschien.

Nico Lunven holt 24-Stunden-Rekord

Bei seiner “Rückkehr zur Flotte” fand Nico Lunven dann “ideale Bedingungen” vor, wie er selbst berichtete. Das fast unauffällig erzielte Ergebnis: der noch offiziell zu ratifizierende 24-Stunden-Solo-Rekord! Nico Lunven hat bislang in 24 Stunden sagenhafte 546,6 Seemeilen gemeistert, übertraf die alte Bestmarke von Thomas Ruyant damit im mehr als sechs Seemeilen. “Nico Lunven hat den Rekord gebrochen – das ist sicher. Im Moment liegt er bei 546,6 Seemeilen. Er könnte noch mehr machen, aber in jedem Fall: der Rekord ist gebrochen”, sagte Yann Groleau vom Team Holcim - PRB.

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Zu seinem auffälligen Außenkurs um das Verkehrstrennungsgebiet bei Kap Finisterre herum hatte Nico Lunven vorher gesagt: „Ich wollte die Dinge einfach halten. Ich fand die Idee der Innenpassage mit Blick auf den Küstenverkehr, die starken Winde und die raue See nicht so angenehm. Ich habe die simplere Route bevorzugt, auch wenn ich dadurch etwas Zeit verloren habe. Unglücklicherweise hatte ich in der vergangenen Nacht ein kleines Problem mit dem Ruder, als der Pinnenausleger abbrach. Die Reparatur hat mich einige Zeit gekostet.“

Für die kleinen Rückschläge hat sich Nico Lunven nun selbst mit einer starken Bestmarke belohnt. Das Gerangel um die Top-Ten-Plätze hält beim aktuellen Kurs der Flotte Richtung Azoren weiter an. Vor Boris Herrmann lagen im Klassement noch Thomas Ruyant („Vulnerable“) und Louis Burton („Bureau Vallée“) auf den Plätzen sechs und sieben. Die Flotte hat eine weitere ruppige Nacht hinter sich.

Isabelle Joschke noch nicht im Vendée-Globe-Rhythmus

Doch lange nicht alle Herausforderer sind mit ihrem Auftakt zufrieden. Auch Isabelle Joschke haderte auf Platz 35 mit dem bisherigen Verlauf. Die in München geborene „Macsf“-Skipperin sagte: „Der Beginn der Vendée Globe war an Bord von Macsf nicht einfach, ich hatte ein bisschen den Eindruck, dass ich viele Dinge tat, aber nicht das Richtige! Im Grunde war ich die ganze Zeit über dabei, aber ich habe mir die Dinge eher erschwert, als sie zu vereinfachen!“

Die Folgen daraus beschrieb Isabelle Joschke eindrücklich: „Das hat mich erschöpft und ich konnte nicht schnell genug navigieren. Mir ist wirklich klar, dass es diese Sache mit den ersten Tagen der Vendée Globe ist, die ich schon beim letzten Mal so beeindruckend fand. Es ist so anders als bei einer Transatlantikregatta, dass man sich erst einmal daran gewöhnen muss! Ich muss mich an den Rhythmus dieses Rennens gewöhnen, das sehr speziell ist. Im Moment habe ich es eindeutig verpasst? Das ist ein bisschen frustrierend!“

Noch frustrierender sind erste Bruchmeldungen und Verletzungen für die betroffenen Skipper: Bereits am Dienstag traf es beispielsweise Maxime Sorel. Der "V und B – Monbana – Mayenne“-Skipper hat Probleme mit seinem Großsegel vermeldet. Er hatte bei der Kap-Finisterre-Passage die Außenbahn gewählt. In der Folge hatte er 35, in Böen auch 40 Knoten Wind erlebt. "Am Ende der Nacht, als der Wind nochmal wieder zugenommen hatte, wollte ich mein Großsegel vom ersten aufs zweite Reff verkleinern", berichtete Sorel in einer Nachricht von See. Dabei hatte ein Großfall-Schloss blockiert.

Doppel-Herausforderung für Everest-Bezwinger Sorel

Beim Reparieren auf dem Großbaum hat sich Maxime Sorel in einer Welle den Knöchel verdreht. Der Knöchel ist unbeweglich. Sorel hatte schnell Kontakt mit den Rennärzten, die nun in regelmäßigen Abständen seinen Zustand aus der Ferne überprüfen.

Am Morgen des 13. November berichtete Maxime Sorel von einer „unangenehmen Nacht“. Er habe versucht, sich auszuruhen. Das sei aber nicht einfach gewesen. Gleichzeitig fahndet der Franzose fieberhaft nach Lösungsmöglichkeiten für das Problem mit seinem Großsegel.

Der 38-Jährige aus Saint-Malo hatte die neunte Vendée Globe 2020/2021 als Zehnter abgeschlossen. Danach hat er 2023 als erster Absolvent des “Everest der Meere” im Mai 2023 auch den echten Mount Everest bestiegen. Als seine größte Furcht vor der zweiten Vendée-Globe-Teilnahme hatte Maxime Sorel vor dem Start "Bruch" angegeben. Jetzt muss er schon am dritten Tag nach dem Start mit verletztem Knöchel und Großsegel-Problem an zwei Fronten kämpfen.

Clarisse Crémer verliert großen Gennaker

Auch „L’Occitane en Provence“-Skipperin Clariss Crémer hat eine gemeine Nacht hinter sich. Die Französin, die seit der neunten Auflage mit 87 Tagen und 2 Stunden den weiblichen Vendée-Globe-Streckenrekord hält, hat über Nacht ihren großen Gennaker (MH O)verloren. „Ohne dieses Segel werden die nächsten Tage mit weniger Wind nicht lustig. Ich habe mit dem Segel viel Energie verloren, aber das Rennen ist noch lang.“

Nahaufnahme! Hier hatte Nicolas Lunven schon am Vortag von den “idealen Bedingungen” gesprochen, die er auf dem Weg zu seinem neuen Rekord erlebte:

Team Malizias Rückblick auf die ersten Tage der zweiten Solo-Weltumseglung für Boris Herrmann:

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