Tatjana Pokorny
· 11.03.2017
Sébastien Destremau ist angekommen. Nach 124 Tagen allein auf See lautet sein Premierenfazit: "Die Vendée Globe ist was für Leute mit mentalen Problemen"
Er wollte es schaffen. Die Runde um die Welt. Allein. Nonstop. Einfach ankommen. Jetzt ist es vollbracht. Am Wochenende feierte der Franzose Sébastien Destremau seine gelungene Vendée-Premiere im Start- und Zielhafen Les Sables d'Olonne. 50 Tage nach dem Sieger beendete der Allround-Segler und Sportjournalist seinen 124 Tage währenden Törn um die Welt. Am Wochenende berichtete der aufgrund über Wochen rationierter Nahrung schmal gewordene Franzose über die Strapazen, die Herausforderungen, die technischen Probleme und die Erfüllung seiner Mission, bei der er erfolgreicher als elf Mitbewerber war, die hatten aufgeben müssen.
"Ich bin heute sehr stolz", sagte der 52-Jährige bei seiner ersten Pressekonferenz auf festem Boden. Weil er als junger Mann Probleme beim Rudern hatte, hatte er sich einst fürs Segeln entschieden. "So bin ich Profi geworden." Eine Olympia-Kampagne und mehrere Starts im America's Cup und im Volvo Ocean Race hatte Destremau vor seiner Vendée-Premiere bereits hinter sich. Das Solo-Rennen um die Welt war der vierte Gipfel, den er erobern wollte. Das hat er mit seinem Boot "TechnoFirst – FaceOcean" geschafft.
In seiner ersten Bilanz sagte Destremau: "Die Vendée ist ein Rennen für Menschen mit mentalen Problemen. Da ist dieser enorme Druck, das Rennen unbedingt beenden zu wollen. Du spürst ihn Tag und Nacht. Weil es eben jeden Moment zu Ende sein kann. Dann sind da noch die zeitweiligen Probleme, die sehr schwierig sein können. Aber man kann mit ihnen umgehen. Wenn du allein auf einem Boot bist, kannst du machen, was du willst. Du kannst singen, wenn du willst. Oder weinen, wenn dir danach ist. Ich habe zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und Kap Hoorn jeden Tag geheult. Wie lange auch immer dieses Rennen für dich dauert: Du musst mit dem zurechtkommen, was du bei dir hast. Du hast keine Wahl. Du musst eine Lösung finden. Wenn nicht, musst du aufgeben. Also findest du eine innere Stärke, diese Dinge zu bewältigen. Ich bin kein guter Mechaniker. Ich bin in vielen Dingen nicht gut. Aber es ist mir gelungen, die Dinge zu reparieren, wenn ich es musste. Ich habe keine Ahnung, wie ich das geschafft habe. Ich bin auch niemand, der gerne allein ist. Ich wollte eigentlich nie einhand segeln. Es war der Schwierigkeitsgrad der Vendée, der mich dazu motiviert hat. Das hier ist ein riesiger Sieg für mich! Du kannst die Vendée gewinnen oder sie beenden. Sie beendet zu haben ist für mich ein Sieg. Armel hat die Vendée 50 Tage vor mir beendet. Ich denke also, dass ich nicht so gut gesegelt bin... (lacht). Aber ich war besser als die, die das Rennen nicht beenden konnten. Das Rennen selbst ist nur ein kleiner Teil des Abenteuers. Für uns dauert die Vendée Globe nicht nur vier Monate, sondern vier Jahre mit allem, was man dafür tun muss."
Als Letzter im Ziel ließ Destremau keinen Zweifel an seiner Haltung zur schwersten Segel-Prüfung für Mensch und Material: "Ich gratuliere den Siegern! Armel und Alex haben ein großes Rennen gesegelt. Eine unglaubliche Leistung! Die Menschen, die mich in Les Sables d'Olonne begrüßt haben, wollten sicher eher den Abenteurer als den Sportler feiern. Ich habe diese Vendée nicht als Rennen behandelt, sondern als Abenteuer, das ich mit anderen teilen wollte."
Hier geht es zum Abschluss-Klassement der achten Vendée Globe 2016/2017.