Vendée GlobeRekord erneut geknackt – wird Herrmann trotz Aufholjagd abgehängt?

Max Gasser

 · 20.11.2024

Mit gutem Speed in den Sonnenuntergang: Dieses Bild sendete Boris Herrmann gestern Abend
Foto: Boris Herrmann/VG2024
Der elfte Tag der zehnten Vendée Globe brachte erneut Spannung ins Feld der 39 verbliebenen Imoca-Skipper. Boris Herrmann konnte in der Annäherung an die Doldrums mächtig Meilen gut machen, während Yoann Richomme den erst wenige Tage alten 24-Stunden-Rekord überbot. Jetzt wird es allerdings knifflig.

“Es tut mir leid, ich bin wirklich traurig für dich. Aber ich habe dir deinen Weltrekord geklaut, Mann!”, schrie ein sichtlich euphorisierter Yoann Richomme heute Morgen in seine Kamera. Kurz zuvor war klar geworden: Der 24-Stunden-Rekord von Ex-Malizia-Navigator Nico Lunven aus der vergangenen Woche ist schon wieder Geschichte. “Paprec Arkea”-Skipper Richomme überbot ihn um 5,24 Meilen, legte bei flachem Wasser und rund 18 Knoten Wind von gestern 8:30 Uhr bis heute 8:30 Uhr eine Distanz von 551,84 Seemeilen zurück.

Vendée Globe: Rauscht Goodchild nach den Doldrums davon?

“Ich habe hart gepusht, denn ich habe wirklich Angst, den Anschluss zu verlieren”, erklärte der 41 Jahre alte Franzose später in der täglichen Vendée-Globe-Live-Sendung. Gemeint ist der entscheidende Absprung aus den leichtwindigen Doldrums in den Südost-Passat im gleichen Wetterfenster wie die Führungsgruppe um Sam Goodchild. “Es ist eine langsame Reise bisher. Ich weiß, ich habe den Rekord gebrochen und wir haben ihn zweimal überboten, aber zwischen diesen Tagen ist es so langsam”, beklagte Richomme, der nach seiner Rekordfahrt aktuell auf Rang acht liegt. Wie die gesamte Spitze der Flotte hatte er über den Tag hinweg mit sehr flauen Winden zu kämpfen, war “nicht wirklich zufrieden mit der Situation”.

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Ganz anders dagegen Boris Herrmann, der heute von hinten angerauscht kam, zeitweise die besten Speedwerte über vier Stunden loggte. So konnte er sich bis auf Rang 16 vorarbeiten. Mit noch immer 116,7 Seemeilen Rückstand zur Führung, dürfte das von Yoann Richomme befürchtete Schicksal in den Doldrums abgehängt zu werden, für den deutschen Hochseesegler allerdings kaum noch abzuwenden sein.

Boris Herrmann bei zweiter Vendée-Globe-Teilnahme vor großer Herausforderung

Schon in den vergangenen Tagen hatte der “Malizia - Seaexplorer”-Skipper stark mit den anspruchsvollen Bedingungen samt plötzlichen Windlöchern und herausfordernden Wolkenformationen zu kämpfen. Über 260 Seemeilen Rückstand dokumentierte der Tracker zeitweise. Die innertropische Konvergenzzone, die der 43-Jährige heute erreichte, dürfte mit weiteren Herausforderungen aufwarten und ihn noch einige Stunden aufhalten.

Herrmann erreichte die Doldrums zudem früher als von ihm selbst erwartet. “Ich dachte, ich hätte etwas mehr Zeit, um schnell zu segeln”, erklärte er am Abend. Neben Flauten werden die Segler in den Doldrums allerdings auch von Starkregen und heftigen Squalls sowie insgesamt sehr inkonstanten Winden heimgesucht. “Es gab bereits ein paar riesige Regenwolken mit großen Winddrehungen von 90 Grad. Erst 22 Knoten Wind, dann nur acht, aber das ist okay.”

Diese Bedingungen zwingen die Segler zu viel Trimmarbeit sowie zu zahlreichen Kurs- und Segelwechseln. Auch Herrmann bereitet sich daher auf eine intensive Nacht vor. Dabei wird es in den kommenden Stunden trotz der heutigen Aufholjagd wohl auf eine Konstellation getreu dem Motto “die Reichen werden reicher” hinauslaufen. Denn sobald die Spitze, insbesondere Sam Goodchild in absoluter Pole-Position, den Doldrums entkommt, erwartet sie nahezu optimale Bedingungen im Südatlantik bis zum Kap der Guten Hoffnung, während der erweiterte Führungskreis dahinter Mühe haben wird, auf dieses Wetterfenster aufzuspringen.

Le Cams Ostroute gescheitert, Kiel-Problem bei Amedeo

Auch die zunächst mit hohen Erwartungen verbundene Ost-Strategie von Jean Le Cam zahlte sich schlussendlich nicht aus. Der Bretone liegt aktuell auf Rang 15 und hat nun eine anspruchsvolle Aufgabe, geprägt von leichten Winden und schwierigen Winkeln, vor sich.

Landsmann Fabrice Amedeo musste seit gestern Abend derweil im Sicherheitsmodus mit reduzierter Geschwindigkeit segeln. Grund war wohl ein Ölleck in der Kielhydraulik seines Imocas “Nexans - Wewise” aus dem Jahr 2007, das er mittlerweile aber behoben hat.


Im Video: Boris Herrmann meldet sich nach dem Eintritt in die Doldrums von Bord:

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