Vendee GlobeRegelkunde – Warum schon kleine Fehler das Nonstop-Rennen entscheiden können

Jochen Rieker

 · 06.11.2024

Vendee Globe: Regelkunde – Warum schon kleine Fehler das Nonstop-Rennen entscheiden könnenFoto: Alea/J.L. Carli
Hier wird über die Einhaltung der Regeln gewacht: Die Wettfahrtleitung der Vendée Globe arbeitet in den kommenden drei Monaten 24/7
Im Prinzip ist die Vendée Globe simpler als das Silverrudder. Es gibt nur eine Klasse, einen Start, und der Kurs führt von West nach Ost einmal um alle großen Kaps. Doch die Tücke liegt im Detail. Wir haben uns für Sie durch die Regelwerke gefräst. Aber keine Angst: Es wird nicht akademisch!

Wer sich mit den Segelanweisungen, Wettfahrtregeln, Klassenvorschriften und allen anderen Regularien auseinandersetzen will, die für das größte Solorennen der Welt gelten, braucht Zeit. Sehr, sehr, sehr viel Zeit!

Allein die von den Veranstaltern vorgegebenen offiziellen Dokumente samt Anhängen und Querverweisen summieren sich schon auf (bisher!) 17. Übermorgen, zum Skipper’s Briefing, folgt die nächste Version. Zusammen sind das weit mehr als 100 Seiten teils harter Stoff.

Nur eines von bisher 17 Regelwerken für die Vendée Globe 2024Foto: VG2024Nur eines von bisher 17 Regelwerken für die Vendée Globe 2024

Für die Regatta gelten aber auch externe Regelwerke als bindend, darunter die Imoca Class Rules, Offshore Special Regulations nach Kategorie 0, die internationalen Wettfahrtregeln von World Sailing sowie die Kollisionsverhütungregeln (KVR), wobei es hier und da Vendée-spezifische Abweichungen gibt.

Wir nennen hier nur einige der für Skipper und Fans relevantesten, und dazu ein paar für Regatta-Nerds. Steigen wir also ein - und durch!


1. „Solo“ ist klar. Allein heißt bei der Vendée Globe: allein!

Die Einfachheit ihres Konzepts gilt als einer der Erfolgsgaranten der Vendée Globe. Ein Mensch, ein Boot, einmal ohne Anhalten um die Erde, von Les Sables nach Les Sables, von West nach Ost. Das ist ein kühnes, archaisches Projekt, eine gleichermaßen eingängige wie ehrfurchtgebietende Formel. Der Mount Everest ohne Sherpas, ohne Sauerstoff.

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Aber was, wenn Skipper wegen Verletzung oder Bruch anhalten müssen? Was, wenn Sie Rat brauchen, um weitersegeln zu können?

Da wird es knifflig.

In den Notice of Race (Ergänzung 7 vom 30. Oktober) stellen die Veranstalter unter Punkt 4 („Grundlagen“) klar, dass die Vendée Globe nur dem „generellen Prinzip“ nach ein „Einhand-Nonstop-Rund-um-die Welt-Rennen ohne Unterstützung von außen“ sei. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Ausnahmen.

Nur in einem nicht: Allein heißt wirklich mutterseelenallein. Damit niemand auf falsche Gedanken kommt, wird in Punkt 4.1 sogar die Mitnahme von Tieren ausgeschlossen. „Zugereiste“ wie Seevögel, die mal an Deck verschnaufen wollen, fallen natürlich nicht unter das Verbot, ebenso wenig wie fliegende Fische. Guirec Soudée dürfte hingegen nicht sein Huhn mitnehmen, mit dem er schon mal um die Welt gesegelt ist, und Boris Herrmann muss seine unerschrockene Hündin „Stormy Lilly“ daheim lassen.

2. Aber wie steht es mit „nonstop“? Und definiert die Vendée Globe „sans assistance“?

Filigraner als die Vorgabe, einhand zu segeln, sind die sonstigen Regelungen. Auf inzwischen zweieinhalb Seiten steht unter Punkt 4.3, welche Hilfe von außen erlaubt, vor allem aber, welche strikt verboten ist.

Die Skipperinnen und Skipper müssen auf einem eigens dafür vorgesehenen Formular (Annexe 1) „per Unterschrift und Ehrenwort“ erklären, dass sie selbst, aber auch ihre Teams, Sponsoren, Familien und Freunde diesen Bestimmungen folgen werden. So soll der Sport sauber bleiben, was in Zeiten der Breitband-Vernetzung über Inmarsat und Starlink gar nicht so trivial erscheint.

Auf dem Index steht alles, was die Leistung der Boote oder Skipper beeinflussen könnte: Wetterrouting von Land aus, ebenso taktische Hinweise oder praktische Tipps zu Segelwahl und Trimm. Dazu zählt explizit auch Mentalcoaching und psychologische Beratung durch Profis auf diesem Gebiet; das aufmunternde Gespräch mit dem Partner fällt dagegen nicht unter die Verbote. Auch dürfen die Segler Netflix-Videos gucken, Spotify hören oder gar ein DFB-Pokalspiel streamen, wenn ihnen danach ist.

Die Detailierung der Verbote ist eine Folge von Verdachtsfällen der Vergangenheit. So wurde Clarisse Cremer nach der vergangenen Vendée Globe zu Unrecht beschuldigt, mit ihrem Mann, Tanguy Le Turquay, der dieses Mal selbst am Start ist, das Routing diskutiert zu haben. Die beiden mussten ihre gesamte Kommunikation über WhatsApp offenlegen, um sich gegen den Vorwurf zu verteidigen.

Auch für diese zehnte Auflage gilt: Die Wettfahrtleitung kann bei Bedarf jederzeit den kompletten Umfang des Austauschs zwischen Skipper und Angehörigen oder Teammitgliedern anfordern. Vom alten Gentlemen-Prinzip, dass man im Sport schon nicht schummelt, entfernt sich die Vendée damit ein Stück weit, was im Zuge der Professionalisierung und horrend hoher Budgets wohl zwangsläufig ist.

Wie sensibel das Thema ist, lässt sich auch daraus ableiten, dass ein bei der Vendée Globe 2020 noch erlaubtes Routing-Programm, „Dorado“, zwischenzeitlich verboten worden war. Jetzt ist es doch wieder zugelassen, weil der Hersteller eigens für das Rennen einer Freischaltung nur über individuelle Dongles zugestimmt hatte. Einige Teams hatten Sorge, dass andernfalls mit ein und derselben Lizenz nicht nur der Skipper, sondern auch ein Routingexperte an Land arbeiten könne und der eine vorbereitet, was der andere dann nur noch abzurufen braucht. Was einigermaßen absurd ist, weil Dorado ohnehin viele Prozessschritte automatisiert hat.

Selbst bei medizinischen Notfällen ist das Protokoll strikt. Wer Hilfe braucht, darf sich nur an einen der Rennärzte wenden oder an einen vorher festzulegenden persönlichen Doc.

Technischer Rat ist zwar zugelassen, um Probleme an Bord zu reparieren oder Havariefolgen zu beheben. Aber auch hier liest die Wettfahrtleitung mit, dann etwa, wenn One-Design-Komponenten betroffen sind wie Mast, Baum, Deckssaling oder Kielhydraulik, oder wenn das Problem Kurs und Geschwindigkeit des Teilnehmers beeinflusst.

Notstopps unterliegen ebenfalls strengen Auflagen: Sie sind nur vor Anker möglich oder vor Landleinen, wenn diese an Bäumen oder Felsen innerhalb des Ufersaums vertäut werden. An Stegen oder Bojen ist Festmachen dagegen grundsätzlich verboten.

3. Die Regularien für Start und Zieldurchgang bei der Vendée Globe

Dass „nonstop“ nicht wirklich ohne jeden Stopp bedeutet, wird auch in Punkt 5 der Notice of Race deutlich. Nach Abstimmung mit der Wettfahrtleitung können Teilnehmer bei frühen Problemen kurz nach dem Start zurück nach Les Sables segeln; innerhalb von 100 Seemeilen dürfen die Boote sogar eingeschleppt werden. Nach dem Anlegen bleiben dann maximal zehn Tage für Reparaturen. Wer länger braucht, wird als DNF gewertet (Did Not Finish).

Diese Ausnahme ist der Tatsache geschuldet, dass das Wetter in der Biskaya Anfang November oft biestig sein kann, und weil sonst der ganze Aufwand einer vierjährigen Kampagne nach wenigen Stunden verloren wäre. Sie ist schon einige Male genutzt worden.

Unvergessen bleibt die Rückkehr von Michel Desjoyeaux, der 2008 zusammen mit vier weiteren havarierten Skippern Les Sables ansteuerte; 41 Stunden später ging er wieder auf Kurs – und siegte am Ende noch.

Bei der letzten Vendée war es Jérémie Beyou, der mit „Charal“ in den Starthafen zurücklief, nachdem er Schäden am Deck erlitten hatte. Die Reparaturen dauerten mehr als neun Tage; Beyou, der als Topfavorit gestartet war, musste das Feld von ganz hinten aufrollen und belegte schließlich Platz 13.

Frühstarts lohnen sich im übrigen auf gar keinen Fall. Denn sie dürfen explizit nicht bereinigt werden, was ein heilloses Chaos auslösen würde. Wer zu früh über der Linie ist, kassiert direkt eine Vier-Stunden-Stopp-Strafe, die vor Passieren der Breite von 40 Grad 40 Minuten Nord abzusitzen ist, in einem vom Race Management per GPS-Tracker überwachten Seeraum von 10 Meilen Durchmesser.

Auch für die Zielankunft lässt das Reglement wetterbedingt Freiräume. Sollte ein Kuhsturm auf die westfranzösische Küste treffen und brechende Seen vor Les Sables ein Einlaufen verhindern, kann die Wettfahrtleitung ein virtuelles Gate definieren, bei dem gezeitet wird. Die Skipper müssten dann weiter draußen auf See beiliegen oder dem gröbsten Wetter ausweichen.

4. Der Kurs – und warum No-go-Zonen das Rennen entscheiden könnten

Anders als in den ersten Wettfahrten der Kult-Regatta, während der die Skipper frei waren bei der Routenwahl, gleicht die Vendée Globe inzwischen einem Slalom durch mehr als ein halbes Dutzend Sperrgebiete, insbesondere im Nord- und Südatlantik.

Zwar waren Verkehrstrennungsgebiete schon früher zu respektieren. Jetzt aber gelten erstmals Meeresschutzzonen, die zu umschiffen sind. Die bedeutendste Rolle spielt aber die Eisgrenze. Sie engt die taktischen Möglichkeiten der Teilnehmer, nach Süden auszuweichen und so den Kurs zu verkürzen, so stark ein, dass es keinesfalls sicher ist, ob trotz der deutlich höheren Leistungsfähigkeit der aktuellen Foiler ein neuer Streckenrekord zu erwarten ist.

Die genaue Lage der Eisgrenze wird erstmals am Donnerstag, den 8. November, im Skippers Briefing mitgeteilt. Sie wird aber anhand von Satellitenbildern laufend an die tatsächliche Gefährdungslage angepasst.

Die Wettfahrtleitung kann den Kurs übrigens auch bei Sturm oder politischen Konflikten anpassen. Jede Änderung muss zuvor allen betroffenen Teilnehmern sowie deren Teammanagern per Mail mitgeteilt und von diesen bestätigt werden.

5. Warum wird die Ziellinie am 7. März um 0800 UTC geschlossen?

Die schnellsten Boote werden gegen Mitte/Ende Januar zurückerwartet, das Gros im Februar. Damit die Veranstalter und die Offiziellen nicht monatelang auf eventuelle Nachzügler warten müssen, wird jeweils die Zeit des letzten Finishers der vorangegangenen Vendée Globe als Zeitlimit festgeschrieben. Das war 2021 die des Finnen Ari Husela, der als 25ster nach Les Sables d’Olonne zurückgekehrt war – nach 116 Tagen und 18 Stunden. Er setzte damit das diesmal geltende Zeitlimit. Ari brauchte eine Woche länger als Titouan Lamazou, der erste Sieger der Vendée-Geschichte 1989-90.

6. Penalties: Was, wenn’s bei der Vendée Globe kracht?

Was bei Frühstart droht, haben wir schon besprochen. Es gibt aber natürlich noch eine ganze Litanei weiterer möglicher Vergehen, die geahndet werden können oder müssen, darunter auch ein Bruch der Vorgaben zum Thema „non-assistance“ oder eine Missachtung der Ausschluss-Gebiete.

Kommt es zu einer Kollision unter Teilnehmern, die einen der beteiligten Skipper bevorteilt, kann dieser die Jury um eine Zeitstrafe statt Disqualifikation bitten.

Für Zeitstrafen gibt es je nach Seegebiet, in der der Betroffene zum Zeitpunkt des Jury-Spruchs gerade segelt, klar definierte Breitengrade, bis zu denen die Bereinigung erfolgt sein muss.

Darunter fallen auch Strafen für den Bruch der Siegel an der Antriebswelle des Propellers (bis zu 120 min), am Notvorrat für Diesel oder Trinkwasser, Anker und Rettungsfloß (je bis zu 60 min).

7. Gibt es das „Rote Telefon“ wirklich?

Gibt es, wenn auch nur symbolisch. Tatsächlich haben alle Teammanager und Skipper eine vertrauliche Notfallnummer, um Tag und Nacht die Wettfahrtleitung anrufen zu können. Diese Nummer muss auch im Iridium-Handy gespeichert sein, das Teil der Ausrüstungspflicht ist. Parallel dazu besteht die Möglichkeit, die Offiziellen über eine E-Mail-Adresse direkt zu erreichen.

In den Tagen bis zum Start finden mehrere Briefings statt, in denen die Regeln für die Kommunikation bei Unfällen oder Havarien zwischen Wettfahrtleitung und den Teamchefs besprochen werden. Die Ernsthaftigkeit und Methodik, mit der dabei über mögliche Worst-Case-Szenarien gesprochen wird, erinnert an eine Seite der Vendée Globe, die in der fröhlich-bunten Betriebsamkeit des Race Village zwischen Mastkletterübungen und Grillwurst leicht verlorengehen kann.

Wie schnell das Rennen einen „Code-Red-Vorfall“ haben kann, zeigte sich vor vier Jahren, als Kevin Escoffier binnen Minuten seine komplett kollabierte „PRB“ verlassen und im Südmeer in die Rettungsinsel steigen musste. Jean Le Cam fand ihn schließlich, was einem kleinen Wunder glich. Hoffen wir, dass die Vendée diesmal ohne solches Drama bleibt. Die „normalen“ Abenteuer sind allemal genug.

8. Ich packe meinen Seesack… Was bei der Vendée Globe so alles mit auf Törn muss?

Den Aspekt der Klamotten klammern wir mal aus, weil es der einzige ist, der kaum Vorschriften unterliegt. Nur ein Überlebensanzug gehört zur Pflichtgarderobe auf den Imocas, plus Lifeline und Rettungsweste. Aber auch so gibt es noch genug an Bord zu bringen. Sprit zum Beispiel.

Um die 200 Liter Diesel bunkern die Skipperinnen und Skipper. Zwar haben sie mit Hydrogeneratoren und Solarpaneelen auch alternative Stromquellen, aber im grauen Südmeer reicht die Lichtintensität oft nicht für hohe Solar-Erträge, und bei schneller Fahrt drohen die Hydros abzureissen. Deshalb braucht es einstweilen noch den Jockel, der im übrigen auch laut Klassenregel nötig ist.

Denn Imocas müssen, um notfalls anderen Hilfe leisten zu können oder sich nach einer Havarie von Legerwall freizufahren, fünf Stunden lang mindestens fünf Knoten laufen – auch noch zum Ende des Rennens, weshalb nach dem Zieldurchgang mindestens 20 Liter Diesel im Tank zu sein haben. Sonst, Sie ahnen es: Zeitstrafe.

Maximal acht Segel sind auf der Vendée erlaubt, eins davon muss eine Sturmfock in Signalfarbe sein. Mit Groß, den rollbaren Focks J3 und J2 sind dann schon vier der acht gesetzt. Die anderen vier sind Code-Segel und asymmetrische Spis. Wir besprechen das Repertoire im Rennverlauf noch detaillierter.

Freitag ist Deadline für die Auswahl der Tücher; die meisten Skipperinnen und Skipper haben sich aber schon länger festgelegt. Nur reden sie nicht drüber. Eine der wichtigsten Fragen, die den Wettbewerb fraglos brennend interessieren würde, ist: Wer nimmt einen großen A2-Spi mit für tiefe Kurse bei Leicht- und Mittelwind?

Der kann in den Kalmen ein echtes Plus sein, aber er bleibt sonst meist im Sack und ist zudem extrem schwer und sperrig. Außerdem will man ihn nicht im Rigg haben, wenn plötzlich eine Schauerbö mit 25 Knoten über das Schiff herfällt. Wird interessant sein, zu sehen, wer die „dicke Bertha“ an Bord hat. So nennt Pip Hare ihr Monster.

Und sonst so? Reichlich!

Insgesamt kommt knapp eine halbe Tonne an Ausrüstung und Proviant an Bord für die Runde um die Welt: Werkzeug, Segeltuch, Laminatstreifen, Kohlefaser-Segellatten und Paneele, Tapes, Kleber, Harz – allein der DIY-Bereich füllt mehrere Stautaschen. Die Bordapotheke hat einen Wert von gut 2.500 Euro und könnte vermutlich die gesamte Bevölkerung einer Südsee-Insel für ein halbes Jahr versorgen.

Freunde der klassischen Seefahrt wird möglicherweise verwundern, vor allem aber freuen, dass die Veranstalter auch allerlei nautisches Handwerkszeug vorschreiben: etwa ein Leuchtfeuerverzeichnis, Seekarten für den gesamten Kurs sowie Detailkarten wichtiger Inseln und Hafenansteuerungen entlang des Wegs. Vorbildlich! Da kann hinter Kap Horn ruhig die WaschPo kommen…

9. Was Skipper und Co. vorweisen müssen

Nicht nur für Boote und Ausrüstung gelten Mindestkriterien, auch für die Crew. So müssen Skipper oder Skipperin ein medizinisches Gutachten samt umfassender Laborwerte vorlegen, das nicht älter sein darf als zwei Jahre, ferner eine Ultraschalluntersuchung des Herz/Kreislaufsystems und beim Vorliegen von Vorerkrankungen ein gesondertes Zertifikat. Sogar ein erfolgreich absolvierter Stresstest wird verlangt.

Die Ersatzleute kommen leichter davon. Wichtigstes Qualifikationskriterium für sie ist, dass sie mindestens eine der Vorregatten in der Imoca Globe Series absolviert haben. Für Will Harris, der bei Team Malizia den Seesack gepackt hat, falls sein Chef kurzfristig ausfallen sollte, war dies das Transat Jacques Vabre. Für Yoann Richomme steht Yann Ellies bereit, für Clarisse Cremer der Brite Alan Roberts. Praktisch alle Top-Teams haben einen Plan-B-Skipper. Dafür sind die Budgets, die zwischen 15 und 25 Millionen Euro für einen kompletten Vier-Jahres-Zyklus umfassen, einfach viel zu groß.

10. Warum Schwänzen bei Pflichtterminen teuer werden kann

Die Regularien der Vendée Globe sind auch deshalb so umfassend, weil die wohl bedeutendste Offshore-Regatta der Welt ihre Teilnehmer in ein enges Korsett aus Pflichtterminen einbindet. Manche dieser Must-be-Events dienen lediglich der Vermarktung und TV-gerechten Präsentation, was auch für die Teamsponsoren von Interesse ist.

So haben die Teams samt Boot seit Mitte Oktober im Starthafen zu sein, um die Bühne für die drei bis vier Millionen Besucher zu bilden, die in Les Sables d’Olonne erwartet werden – einem Städtchen von nicht mal 50.000 Einwohnern. Auslaufen geht nur für Testschläge, die vorher angekündigt werden müssen.

In den drei Wochen bis kommenden Sonntag reihen sich etliche PR-Termine aneinander, so etwa das obligatorische Gruppenfoto. Wer schwänzt, wird mit teils empfindlichen Geldstrafen belegt. Vielleicht schauen Sie ja mal genau hin, ob sie die Lücke im diesjährigen Bild unten gleich entdecken.

Einer fehlt...Und Sie haben den Namen schon mal gehört. Gruppenfoto der Vendée-Globe-Skipperinnen und Skipper - nur einer von zahlreichen Pflichtterminen in Les Sables d’OlonneFoto: Alea/O. BlanchetEiner fehlt...Und Sie haben den Namen schon mal gehört. Gruppenfoto der Vendée-Globe-Skipperinnen und Skipper - nur einer von zahlreichen Pflichtterminen in Les Sables d’Olonne

Andere Verpflichtungen dienen dem reibungslosen Ablauf der Veranstaltung. Wir hatten schon die Briefings zur Notfall-Kommunikation erwähnt. Es gibt aber noch ein gutes Dutzend mehr, etwa für die Fahrer der Begleitboote, die beim Start innerhalb eines bestimmten Korridors bleiben müssen, oder am Montag das Treffen zur Bekanntgabe der Eisgrenze, und natürlich am Freitag das „Departure Briefing“ für die Skipper, bei dem auch die Lage der Startlinie bekanntgegeben wird.

Verpasst ein Team einen der wichtigen Pflichttermine, hagelt es Geldstrafen, die leicht 5.000 bis 10.000 Euro erreichen. Für die Großen mag das im Bereich „Portokasse“ bleiben, die Kleinen aber kann das hart treffen, weshalb deren Beteiligung meist mustergültig ist.

Nur bei einem Termin sind sie dann auch ohne Zwangsgelder und Strafzeiten alle mit dabei: Sonntag, 10. November, 13.02 Uhr. Dann geht’s endlich los!

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