Es ist wirklich ein Mischmasch an Gefühlen. Nachdem es passierte, war ich einfach nur am Boden zerstört. Das Wort ist vielleicht sogar noch zu schwach. Aber da ist einfach dieses gewaltige Gefühl der totalen Trauer. Ein riesiger Verlust, so ein riesiger Verlust! Und es kam so schnell, es geschah so unmittelbar, es gab keine Vorbereitung darauf. Ein Sekundenbruchteil und alles ist vorbei. Brutal!
Zunächst schaltete ich in den Überlebensmodus. Das ging wie von allein. Ich schnitt mit einer Säge Segel und Mast frei, stellte ein Notrigg. Ich kann gar nicht glauben, wie schnell das ging: Drei Stunden und ich war wieder am Segeln. In dieser Zeit war ich fast schon zufrieden, dass ich es geschafft hatte, dass ich klar genug war, das Nötige zu tun. Ich habe alle meine Gefühle beiseitegeschoben, getan, was ich tun musste. Ich habe einfach weitergearbeitet. Erst danach war ich niedergeschlagen. Einen Tag lang habe ich mich dann mit meinem Verlust herumgeplagt, mit Schuldgefühlen.
Nein, aber bei diesem ganzen Projekt habe nicht nur ich so hart gearbeitet, um an den Start zu gehen. Da sind ja auch meine Sponsoren, mein Team, wir hatten eine Crowdfunding-Kampagne. Das Innere meines Bootes ist mit den Namen der einzelnen Unterstützer bedeckt. Und ich fühle mich ihnen gegenüber sehr verantwortlich. Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war. Aber ich habe das Rennen eben nicht beendet. Und ich bin traurig, dass ich alle im Stich gelassen habe.
Weißt Du, ich hatte im Laufe meiner Karriere viele, viele Rückschläge. Aber ich bin immer wieder aufgestanden und habe weitergemacht. Und in diesen 24 Stunden, nachdem ich das Notrigg gestellt hatte, wusste ich wirklich nicht, ob ich es noch einmal packen würde, weil ich mich so schlecht fühlte.
Aber das Gute daran, hier draußen festzusitzen und langsam, wiiiirklich langsam zu segeln, ist, dass ich Zeit für mich habe, um zu verarbeiten, was ich fühle, was ich will. Während meiner gesamten Segelzeit – vom Ostar und Minitransat, der Class 40 bis zur Imoca-Klasse - habe ich mich immer gefragt, wenn ich etwas geschafft hatte: Habe ich den Willen und die Fähigkeit, weiterzumachen. Und jedes Mal war da dieses Feuer in mir, dieser Drang, immer besser zu werden, immer wieder. Und jetzt, nach 24 Stunden völliger Trauer, glaube ich, dass ich das Feuer wieder spüren kann! Aber ich glaube nicht, dass es jemals nicht wehtun wird. (schnappt nach Luft)
Die Erinnerung überkommt mich immer wieder. Ich habe nach dem Verlust des Riggs 36 Stunden lang nicht geschlafen, weil ich wohl noch jede Menge Adrenalin in mir hatte. Und als ich dann schlief, war das Aufwachen beim ersten Mal wirklich furchtbar: Erstmal kommt dir alles vertraut vor, als wäre nichts geschehen. Und du wünschst dir, es wäre so. Aber natürlich ist es das nicht. Und ja, ich habe diese Rückschläge. Jedes Mal, wenn ich auf den Tracker schaue oder das Wetter checke, denke ich: Wo wäre ich gewesen. Es kommt in Wellen. Man darf dem nicht nachgeben. Aber natürlich ist es da.
Zum Glück habe ich andere Dinge, die mich beschäftigen. Im Moment denke ich daran, mein Notrigg zu optimieren. Und ich versuche, so viel wie möglich für meine Ankunft in Melbourne zu organisieren. Es ist gar nicht so einfach, weil Medallia das Sponsoring beendet hat. Ich muss mir also überlegen, wie ich mein Boot zurückbekomme, wie wir Sponsoren für die Zukunft finden.
Was mich geprägt hat, ist, dass ich immer mein eigenes Team hatte. Und zwar deshalb, weil ich keine andere Wahl hatte. Niemand würde mir jemals die Rolle eines Skippers in einem anderen Team anbieten. Also musste ich mir meine eigenen Möglichkeiten schaffen. Und was ich auf diesem Weg erkannt habe, ist: Ich schufte härter als jeder andere. Wenn ich etwas erreichen will, dann ist mein Weg der, die Ärmel hochzukrempeln und zu arbeiten und zu arbeiten und zu arbeiten. Das werde ich wieder tun. Ich weiß, dass ich eine weitere Vendée Globe machen will. Das hier ist unvollendet.
Und noch etwas: Im Vereinigten Königreich ist es nicht einfach, solche Projekte auf die Beine zu stellen. Wir haben weder die Infrastruktur noch die Kultur wie in der Bretagne. Aber wir haben im Kleinen etwas geschaffen, das zu etwas Größerem heranwachsen und andere Menschen dazu ermutigen könnte, Projekte in England durchzuführen. Und auch das möchte ich nicht aufgeben. Ich habe das Gefühl, dass, wenn ich jetzt aufhöre, wir auch diesen Schwung verlieren. Ich schätze, ich verdränge meine Traurigkeit, indem ich an die Zukunft denke.
Ach, ich glaube nicht, dass ich gerade etwas Besonderes tue...
Nun, jeder hätte einen Outrigger aufgestellt, um eine Sturmfock zu setzen. Ich segle jetzt ganz langsam in Richtung Australien. Es ist nichts Besonderes daran.
Ja, keine Sorge. Wir können stundenlang reden.... (lacht). Ich habe genug Treibstoff, mein Wassermacher läuft, es gibt genug zu essen, ich habe zwei Bücher, Starlink und einen Netflix-Account...
(Kichert)
Es war in der Nacht. Ich saß in meinem Cockpitsessel in Lee. Die Brise kam von schräg achtern. Ich dachte gerade darüber nach, die Segelfläche zu verkleinern - ich war auf J0 und vollem Groß und im Bereich für die J2 (Arbeitsfock) und für das erste Reff im Groß. Ich wartete auf den richtigen Zeitpunkt. Und auf einmal beschleunigte das Boot und flog schließlich über den Scheitelpunkt einer Welle. Das Geräusch bei der Landung war anders, nicht so hart wie sonst. Und der Mast klappte einfach zusammen.
Nein. Ich glaube, wir werden nie erfahren, was das Rigg zum Kollabieren brachte. Meiner Meinung nach war es eine Ermüdung des Kohlefaser-Profils, nicht der Beschläge oder des stehenden Guts. Der Mast war schon weg, als ich an Deck war. Also wirklich schwer zu sagen!
Gar nicht mal so schlecht. Die Wellen gingen nur zwei bis zweieinhalb Meter hoch.
Anfangs, ja. Denn zuerst hing ein Teil des Riggs über die Steuerbordseite und ich konnte hören, wie es an der Oberseite des Bootes knirschte. Ich habe einfach eine Säge genommen und alles so schnell wie möglich abgetrennt. Der Baum lag an Deck, und so sägte ich zuerst alle Reffleinen und Stropps durch, um ihn zu retten, danach die Wanten. Dann rettete ich die leeseitige Deckssaling, die zu meinem Notrigg wurde. Ich bin froh, dass ich den Baum retten konnte, denn das ist ein ziemlich teures Teil; er ist am Lümmelbeschlag ein wenig lädiert, aber ansonsten intakt.
Ja, mir geht es gut, wirklich! Die einzige Schwierigkeit ist, dass ich mit dem Wind und den Wellen zu kämpfen habe, um einigermaßen voranzukommen. Gestern war ich nicht in der Lage, in einem Tiefdruckgebiet, das über mich hinweg zog, meine Position zu halten; da bin ich nach Südost versetzt worden. Aber inzwischen hat der Wind gedreht und ich werde Richtung Melbourne geschoben. Ich habe das Wetter langfristig studiert, und es sieht gar nicht so schlecht aus. Ich werde noch ein zweites Vorsegel basteln, mit mehr Fläche, dann sollte ich wenn nötig bis auf etwa 75 Grad zum wahren Wind segeln können und auch etwas schneller sein.
Ich habe mir gesagt, dass ich jeden Tag ein Projekt haben werde, um mich zu beschäftigen. Ich mache Inventur oder putze das Boot, trimme die Segel, pimpe das Rigg, und wenn der Wind nachlässt, will ich sogar den Notmast abbauen, um sicherzustellen, dass er das Deck nicht beschädigt. Es gibt viel zu tun.
Ich habe so viel gelernt! Ich bin erst vor anderthalb Jahren auf die neuen Foils umgestiegen, und es ist eine große Umstellung, wie man segelt. Ich hatte meine Regattasegel erst seit drei Monaten; der vorherige Satz war nicht für die großen Foils ausgelegt. Ich bin zwar rausgefahren, um richtig zu trainieren, aber ich war noch am Anfang der Lernkurve. Außerdem habe ich am Anfang eines Rennens immer Probleme. Ich verliere irgendwie mein Selbstvertrauen. Ich muss segeln, damit ich an meine Fähigkeit zu segeln glauben kann. Und das ist bei der Vendée Globe besonders schwierig, da man drei Wochen vor dem Start nicht aufs Meer hinausfahren kann. Deshalb habe ich mich in der Anfangsphase des Rennens ein bisschen gequält. Ich habe zum Beispiel mit meinem A2 (dem großen asymmetrischen Spinnaker) angefangen und bin wirklich gut gefahren, habe ihn dann aber im Nachhinein viel zu früh eingeholt. Ich habe mich wohl einfach nicht sicher genug gefühlt, um ihn oben zu lassen. Und das habe ich bedauert. Das war meine erste Lektion, die ich gelernt habe, nämlich dass ich mit einer "Ich-kann-das"-Einstellung an die Sache herangehe.
Aber dann war ich sehr zufrieden, wie ich im Nordatlantik zurückkam, mit den richtigen Segeln, mit einem Kurs, der für mich und das Boot richtig war.
Am meisten gelernt habe ich im Indischen Ozean, wo wir eine Art Feuertaufe bestehen mussten. Dafür gibt es keine Übung, kein Training, um zu verstehen, wie es sein könnte. Ich habe mich mit anderen Skippern unterhalten, die den Indischen Ozean bereits während The Ocean Race erlebt haben. Und alle haben gesagt, wie brutal es dieses Mal war. Es hängt davon ab, in welcher Gruppe man ist, aber für mich und Romain (Attanasio) und Benjamin (Dutreux) gab es einfach keine Ruhepause. Es war einfach ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen. Es gab keine Auszeit, nichts dazwischen. Wir wurden nur getreten und getreten und getreten. Zu lernen, damit umzugehen, war eine große Sache für mich.
Und natürlich gibt es eine Schwierigkeit bei diesen Booten mit den großen Foils: Irgendwann muss man zurückstecken, aber dann ist es wirklich schwierig, das Tempo adäquat zu drosseln. Manchmal ist es unmöglich, das richtige Gleichgewicht zu finden. Du bewegst dich entweder mit 50 Prozent des theoretischen Potenzials, was zu langsam ist, oder 150 Prozent – nichts dazwischen.
Ja! Selbst wenn man all die Dinge tut, die man tun sollte, die Segelfläche reduziert, die Foils einfährt, kann man das Boot kaum bremsen. Ich erinnere mich an einen Moment, in dem ich die Foils auf 60 Prozent eingezogen und meinen Segelplan konservativ gestaltet hatte, und ich war immer noch 33, 34 Knoten schnell! Da denkst du: Was muss ich noch tun? Was ist mein nächster Schritt? Soll ich noch mehr reffen, die Fock komplett einfahren?
Und dann machst du das, und auf einmal loggst du nur noch 15 Knoten. Das fühlt sich natürlich auch nicht richtig an, weil du in einem Rennen bist. Ich habe also eine Menge über die feinen Unterschiede gelernt, die es erträglicher machen.
Ich habe auch die andere Seite kennengelernt. Ich habe verstanden, wann ich mich nicht zurückhalten muss. Es gibt Zeiten, besonders bei flachem Seegang vor einer Front, in denen du das Boot einfach von der Leine lassen kannst. Wenn man das Vertrauen dafür hast, sind die Gewinne astronomisch. Das ist das schönste Gefühl: Wenn du merkst, dass du mit der gleichen Geschwindigkeit wie das Wettersystem unterwegs bist, dich die Front einfach nicht einholt und du einfach immer weiterfoilen kannst.
Ich glaube, ich bin immer noch in der Rangliste der 10 besten Skipper, was den Top Speed über 30 Minuten betrifft, mit einem Durchschnitt von 28 Knoten. Im Durchschnitt! 28 Knoten!!! (gluckst ungläubig). Unglaublich!!! Und wenn du dir die Boote um mich herum anschaust, sind das alles Imocas der neuesten Generation. Also habe ich wohl gelernt, wie man das macht!
Das ist wahrscheinlich ein Gutteil meiner Trauer - dass es so früh zu Ende ging. Denn ich wusste, dass ich immer besser werde. Das wusste ich wirklich. Ja, nun... (seufzt)
Das stimmt. Ich habe auch meine persönliche Höchstgeschwindigkeit getoppt, mit 39,6 Knoten. Und das nicht im Solent oder vor Lorient, sondern im tiefen Süden. Wenn ich einen Schritt zurücktrete, denke ich: Das ist verrückt! Ich mache das Tausende und Abertausende von Meilen weit weg vom Land, ganz allein.
Ahh, ich kann mich nicht erinnern. Wahrscheinlich endete es mit einem Nosedive, ja. Diese spannenden Momente enden immer so. (lacht)
Ja, natürlich! Alles davon. Wenn es nicht so wäre, würde ich es nicht tun. Für mich steckt in jeder Sekunde etwas Gutes. Sicher: Es ist hart. Es ist körperlich und geistig anstrengend. Diese Boote können einem manchmal Angst einjagen, sie sind stressig. Aber es ist auch eine unglaubliche Erfahrung. Man muss als Mensch antreten, man muss alle seine Fähigkeiten einsetzen, man muss proaktiv sein. Und die ganze Zeit über ist man von dieser unglaublichen Energie umgeben. Man ist mitten in der spektakulärsten Natur. Mal abgesehen von dem Mastbruch war ich, glaube ich, noch nie unglücklich beim Segeln.
(denkt nach...) Ich schätze, für mich wäre es das: "Ich brauchte es". Ich brauchte dieses Rennen, um die Tatsache zu bestätigen, dass ich wettbewerbsfähig sein kann - nicht nur als Abenteurer, sondern auch als Profi-Skipper. In dieser Kampagne ging es immer darum, aufzusteigen und ernst genommen zu werden. Ich wollte gut genug sein, um als Konkurrent angesehen zu werden. Und das ist es, was dieses Rennen für mich war: Das sportliche Element hat mich wirklich angetrieben. Ich habe mich über meine Leistung gefreut...
Naja, ich bin eh kein besonders weihnachtlicher Mensch. Und ich hatte sowieso vor, das Fest allein zu verbringen. So viel anders wird es also nicht. Ich habe ein paar Geschenke dabei, eine Notiz von meiner Familie in allen meinen Lebensmitteltüten. Ich werde also super happy sein, denke ich. Ich werde mit Leuten skypen oder whatsappen. Es wird mir gutgehen.
Ich hoffe wirklich, dass ich mit 5 Knoten fahren kann.
Nein, ich bezweifle, dass ich unter Maschine mehr als 3 Knoten schaffe, also ist es genauso effizient, mit dem Notrigg zu segeln. Eines der Dinge, bei denen ich ziemlich hartnäckig bin, ist: Wenn ich rausfahre, dann stelle ich mich darauf ein, dass ich auf mich selbst aufpasse. Ich weiß, dass es Rettung gibt, wenn ich sie brauche, aber den Rest der Zeit bin ich auf mich allein gestellt. Ich denke, das ist wirklich wichtig. Ich bin nicht in Gefahr, und ich bin durchaus in der Lage, mich selbst sicher ans Ufer zu bringen. Außerdem habe ich nicht genug Geld, um einen Schlepp zu organisieren. Ich brauche es nicht. Ich brauche einfach nur Zeit.
Im Grunde genommen möchte ich ein Sechs-Jahres-Programm aufstellen. Dazu müssen wir erstmal das Boot zurück nach Großbritannien bringen und wieder in Rennzustand versetzen. Ich hatte gehofft, am The Ocean Race Europe teilnehmen zu können, aber ich sehe einfach keine Möglichkeit, das rechtzeitig zu schaffen. Also werde ich nächstes Jahr das Fasnet Race, das Défi Azimut und das Transat Jacques Vabre in Angriff nehmen. Ich werde dieses Jahr nutzen, um einen neuen Sponsor zu finden, der uns in die nächste Phase bringt. Das würde bedeuten, dass wir entweder einen Imoca neu bauen oder ein neueres, bereits bestehendes Boot kaufen, um an der Vendée Globe 2028 und an The Ocean Race 2030 teilzunehmen.
Am liebsten würde ich eine Imoca-Kampagne mit zwei Booten von meiner Basis in Poole aus starten. Ich würde gerne jemand anderem dabei als Mentor zur Seite stehen und auf dem unglaublichen Team aufbauen, das ich habe. Ich glaube, wir konzentrieren uns manchmal ein bisschen zu sehr auf die Skipper. Aber man braucht ein ganzes Team, um so etwas zu schaffen. Und ich würde gerne eine Basis in England aufbauen, um weiter wachsen und unser Wissen teilen zu können. Das ist mein Plan.
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