Vendée GlobeNeuer Jüngsten-Rekord für die “bezaubernde Violette”

Tatjana Pokorny

 · 09.02.2025

Ergriffen vom Jubelempfang: Violette Dorange bei der Kanalfahrt nach ihrer Vendée-Globe-Premiere.
Foto: Vincent Curutchet/Alea/VG2024
Der überwältigende Empfang in Les Sables-d’Olonne rührte sie heute so zu Tränen wie schon der Aufbruch zu ihrem Solo um die Welt am 10. November: Violette Dorange ist im Ziel ihrer ersten Vendée Globe. Die erst 23 Jahre alte Französin hat auf ihrem Non-Foiler “DeVenir” die Welt und die Herzen der Fans im Sturm erobert.

Als Vendée-Globe-Sieger Charlie Dalin, der Zweite Yoann Richomme oder auch Boris Herrmann 23 Jahre alte waren, da haben noch an ihrem Aufstieg gefeilt. Dalin und Richomme lieferten sich Ende des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre knackige Kämpfe in der Figaro-Klasse, lernten viel für die später so erfolgreichen Offshore-Karrieren.

Der Stern der Vendée Globe

Boris Herrmann hatte als 23-Jähriger schon sein Mini-Transat und das Artemis Transat Rennen auf der eigenen Class40 bestritten. In seine erste Vendée Globe startete Herrmann im Alter von 39 Jahren. Auch Violette Dorange hat wie Dalin und Rochomme in der Figaro-Klasse gelernt, wie Herrmann das Mini-Transat bestritten. Doch im Vergleich zu den Größen des Seesegeln verlief ihr Aufstieg im Zeitraffer-Tempo. Hier geht es zum YACHT-Portrait von Violette Dorange, mit dem wir die Skipperin bereits vor ihrem Vendée-Globe-Start vorgestellt hatten.

Jetzt ist die Französin die jüngste Vendée-Globe-Starterin, die in der Geschichte des Rennens ins Ziel gekommen ist. Diesen Rekord hatte bislang der Schweizer Alan Roura gehalten. Doch Violette Dorange, mehrfache Medaillengewinnerin bei Jugend-Weltmeisterschaften im 420er, ist noch acht Wochen jünger als Roura bei seiner Premiere, feiert erst am 17. April ihren 24. Geburtstag.

Die Ausnahmeleistung der Wettkämpferin und Abenteurerin ist rund 24 Jahre nach dem zweiten Platz der legendären britischen Seglerin Ellen MacArthur komplett. MacArthur war 24 Jahre alt, als sie ihre Vendée Globe nach 94 Tagen, 4 Stunden und 25 Minuten bravourös ins Ziel gebracht hatte.

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Der Vendée-Globe-Darling: in 90 Tagen um die Welt

Die bodenständige junge Violette Dorange kam heute nach 90 abenteuerlichen Tagen, 22 Stunden, und 37 Minuten auf See zurück in den Start- und Zielhafen Les Sables-d’Olonne. Mit Platz 25 hat sie auf einem Non-Foiler von 2006 ein starkes Ergebnis geholt, sich inmitten erfahrener und mehr als doppelt so alter Haudegen platziert.

Mehr als 580.000 Follower hat Violette Dorange mit ihrer ersten Vendée Globe begeistert, mit auf See genommen und mit ihrer natürlichen Freude am Seesegeln in allen Revieren der Welt verzaubert. An diesem Sonntag waren Zehntausende in Les Sables-d’Olonne begeisterte Zeugen, als ihr neuer Darling zurückkehrte.

Bei der Kanalfahrt und dem Empfang in der Marina Port Olona reihte sich ein Gänsehaut-Moment an den nächsten. “Sie ist der größte Star dieser Edition, Frankreich liebt sie”, beschrieb auch Boris Herrmann das Phänomen Violette Dorange, die als 18-Jährige ihr erstes Mini-Transat bestritten hatte, bevor sie danach drei Jahre erfolgreich im Figaro-Circuit aktiv war und dort 2022 sogar in die Top Ten vorgestoßen war.

Eine Vendée-Globe-Entdeckung von Jean Le Cam

Violette Dorange durchlief die klassischen Ausbildungsklassen einer angehende Imoca-Seglerin im Eiltempo. Sie absolvierte zwei Transatlantikrennen zu zweit, war 2022 im Transat Paprec mit Basile Bourgnon auf Platz acht gesegelt. Es war der französische Altmeister “König Jean” Le Cam, der ihr Talent und ihre außergewöhnliche Zähigkeit erkannte. Er nahm sie unter seine Fittiche.

Auf seiner bestens vorbereiteten und bewährten Farr-Imoca von 2006, die bereits fünf Weltumseglungen hinter sich hat und einst als “Foncia” von Michel Desjoyeaux die Vendée Globe 2008/2009 gewonnen hatte, gelang Violette Dorange ihr erstes mitreißendes Solo um die Welt.

Mit ihrer sehr persönlichen, aber nicht auf Drama getrimmten Berichterstattung von Bord, hat die Skipperin aus La Rochelle Regattafans jeden Alters begeistert und im Geiste mit auf See genommen. Vor der Küste Namibias schwärmte sie, sie sei "noch nie in ihrem Leben so weit gefahren". Zu ihren Stärken zählte auch diese: Sie hat den Fuß vom Gas genommen, wenn sie die Sicherheit ihres Bootes oder ihrer selbst gefährdet sah.

Vendée-Globe-Philosophie: Vernunft vor Risiko

Bei zwei Gelegenheiten, vor dem Kap der Guten Hoffnung und vor allem vor Kap Hoorn, entschied sich die ”DeVenir”-Skipperin zum “Bremsen”. Das sei, so Dorange, “eine schwierige Entscheidung, aber ich ziehe es vor, mein Boot zu schonen und nicht alles kaputt zu machen, denn vor allem will ich dieses Rennen zu Ende bringen".

Sie scheute aber auch den beherzten Kampf mit den Konkurrenten nicht. Veteran Arnaud Boissières hatte sie respektvoll in seine “Südmeer-Gang” aufgenommen. Auch technisch war sie auf Zack, reparierte auf See ihr Grinder-System und ihren Motor erfolgreich. Im Indischen Ozean demontierte sie die Grinder-Säule in sieben Stunden ab und wieder auf. Die Reparatur gelang.

Violette Dorange hatte bei ihrem Solo nie Probleme, offen von ihren Ängsten und schweren Zeiten zu berichten. Solche Momente erlebte sie am 19. Januar, als sie südlich von Brasilien bei 20 Knoten Wind und zwei Metern Wellengang zum zweiten Mal den Mast musste! Ihr Echo: "Ehrlich gesagt, es war ein Alptraum. Ich dachte, ich würde mich verletzen. Ich werde es nie wieder in meinem Leben in einer solchen Situation tun, weil ich zu viel Angst hatte."

Ein Hoch auf die einfachen Freuden auf See

Während der gesamten Zeit schaffte es Violette Dorange aber auch, ihr einfaches Glück, auf See zu sein, zu bewahren und zu vermitteln. Als Publikumsliebling hat sie sich im Verlauf ihres Rennen immer wieder gesteigert. Halb Frankreich und viele Fans auch in Deutschland sind nach dieser Premiere überzeugt, dass es für Violette Dorange erst der Auftakt zu einer langen und spannenden Karriere war.

REPLAY! Hier kommt Violette Dorange rund eine Stunde nach dem “DMG Mori Global One”-Skipper Kojiro Shiraihi ins Ziel. Sie hat sich in die Herzen der Franzosen und vieler Fans mehr gesegelt:

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