Boris Herrmanns zweite Vendée Globe bleibt von Fortuna ungeküsst. Nach einer Serie technischer Rückschläge in der vergangenen Woche musste der “Malizia – Seaexplorer”-Skipper in der Nacht zum 16. Januar eine Kollision mit einem unbekannten Objekt oder Meerestier erleben. Dabei wurde sein Backbord-Foil schwer beschädigt, wie Team Malizia am Donnerstagnachmittag vermeldete.
Der jüngste Negativ-Höhepunkt von Boris Herrmanns schwarzer Serie traf ihn, als er an Position zehn laut eigener Aussage etwa 900 Seemeilen west-südwestlich der Kapverden mit 13,7 Knoten Geschwindigkeit segelte. Die Kollision hatte sich um 3:31 Uhr deutscher Zeit in der Nacht zum Donnerstag ereignet. Sein Team und die Rennleitung hatte Boris Herrmann bereits am frühen Donnerstagmorgen über die Kollision mit einem sogenogenannten «OANI» (frz. Abkürzung für Kollisionen mit nicht identifizierten Objekten oder Lebewesen) informiert.
Team Malizia machte den Vorfall am Nachmittag ebenso öffentlich wie die Veranstalter der Vendée Globe. “Es ist ein weiterer schwieriger Tag heute», sagte Herrmann, “aber es kann immer schlimmer kommen, das Boot ist sicher, ich bin unverletzt und wir machen weiter. Wir geben unser Bestes, wie immer.”
Boris Herrmann hatte nach Konsultationen mit seinem Team bezüglich des gebrochenen Foils zunächst grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder gelingt es, das Foil doch irgendwie einzuziehen. Das erschien zunächst schwierig. Sollte das nicht möglich sein, bliebe mit Blick auf die Unversehrtheit des Rumpfes und die Sicherheit des Schiffes voraussichtlich nur der schwere Schritt, das Foil vom Boot zu schneiden.
Team Malizia beschrieb diese Möglichkeit als "letzten Ausweg". Der Skipper kämpfe in der Folge darum, das Foil zu halten. Unabhängig von der Entwicklung, äußerte sich Boris Herrmann nach dem erneuten schweren Dämpfer zuversichtlich, den am Vormittag noch rund 2750 Seemeilen entfernten Start- und Zielhafen Les Sables-d'Olonne aus eigener Kraft erreichen zu können.
Im Team-Statement hieß es: "Der Verlust eines Foils ist ein Handicap in Bezug auf die Leistung, aber glücklicherweise wird für den Rest des Rennens das Steuerbord-Foil eingesetzt, da bis zum Ziel viel auf Steuerbordbug gesegelt wird. Dies ist ein weiterer Rückschlag für den deutschen Segler, aber das Boot zu sichern und das Rennen zu beenden ist jetzt das Hauptziel für den unverwüstlichen Skipper."
Am späten Nachmittag dann meldete er sich Boris Herrmann mit einem Video von Bord und verkündete die gute Nachricht des Tages: “Nach der ausgeführten Reparatur sind wir nun wieder auf Kurs. Ohne vernüftiges Foil jetzt ein bisschen langsamer.”
Boris Herrmann erklärte: “Was ich am Ende gemacht habe, ist: Ich habe schnell verstanden, dass es mit den zur Verfügung stehendem Werkzeug unmöglich sein würde, das Foil wegzuschneiden. Also hing ich über Kopf unter dem Foil, wo es in den Rumpf reingeht. Da habe ich einige der Splitter und das obere Laminat des Foils weggeschnitten. Dann habe ich es geschafft, es zu 80 Prozent ins Boot zu schieben, so dass es weniger weit ins Wasser ragt.”
Die nächste Phase von Herrmanns Arbeit war der vorläufigen Sicherung gewidmet. Herrmann erklärte: “Dann habe ich Leinen über die Spitze des Foils gelegt, um dessen Bewegung zu minimieren. Das klingt einfach, hat mich aber drei Stunden gekostet. Dabei waren viele Werkzeuge im Spiel: die Akkuflex, die Kletterausrüstung, viele Taljen, Abklemmer, Blöcke, Hämmer – wie immer, viele solcher Sachen. Zum Glück hatte ich heute die richtige Kappe auf.”
Dazu zeigte Herrmann in einem Video auf den Schriftzug seiner blauen Cordkappe mit Palmenmotiv, aufgestickter Sonne und zitierte: “Null Problemo!” Dann sagte der 43-Jährige aus Hamburg in unerschütterlicher Stimmung: “Wir setzen das Rennen fort. Es wird eine asymetrische Performance sein. Langsamer auf Backbordbug. Ich tippe, je nach Windstärke und angesichts der aktuellen leichten Winde, auf etwa drei Knoten langsamer. In stärkeren WInden kann die Differenz sehr viel höher ausfallen. Soweit, so gut. Lasst uns sehen, wie das hier hält.”
Während Boris Herrmann draußen im Nordatlantik um sein Foil kämpfte, bestritt Sébastien Simon die letzten Meilen seiner Vendée Globe. Der 34-jährige “Groupe Dubreuil”-Antreiber segelte dem historischen dritten Podiumsplatz für einen Skipper aus dem Start- und Zielhafen Les Sables-d’Olonne entgegen und wird in der Nacht erwartet.