Vendée GlobeIn 99 Tagen um die Welt – Oliver Heer im Ziel

Tatjana Pokorny

 · 17.02.2025

Nach 99 Tagen war Oliver Heers Jugendtraum von der vollendeten Vendée Globe am 17. Februar Realität geworden.
Foto: Jean-Louis Carli/Alea/VG2024
Erstmals in der Renngeschichte hat ein Deutschschweizer eine Vendée Globe gemeistert: Oliver Heer ist im Ziel! Diszipliniert, entschlossen und ausdauernd hat der Rapperswiler sein Rennen bestritten. Neben der persönlichen Leistung hat Olli Heer damit auch das Vermächtnis seines verstorbenen Vaters erfüllt, der ihn stark zum Solo um die Welt inspiriert hat.

“Ich habe das Gefühl, dass das hier der Beginn von etwas Größerem ist.” Diesen Satz sagte Oliver Heer kurz nach seinem Zieldurchgang in Les Sables-d’Olonne. Da hatte er gerade 99 Tage, 5 Stunden, 27 Minuten und 34 Sekunden um seinen großen Kindheitstraum gekämpft – und sein Ziel erreicht. Mit seiner Imoca “Tut gut.”, einem Farr-Design von 2007, hat sich der Rapperswiler erfolgreich um die Welt gekämpft.

Oliver Heer erfüllt sich seinen Jugendtraum

Als er am Montag die Ziellinie vor Les Sables-d'Olonne als Neunundzwanzigster kreuzte, erfüllte sich für den Deutschschweizer der XL-Wunsch, den er schon seit seiner Jugend auf dem Zürichsee hegte. Doch obwohl er sich seine Idole damals schon in Plakatform an die Zimmerwände geklebt hatte, war der Startschuss fürs eigene Projekt erst vor vier Jahren gefallen. Das Ergebnis beschrieb der 36-Jährige am Montag bei seiner ersten Pressekonferenz als “extrem positiv”.

Er habe gedacht, so Oliver Heer, dass sein Finale bei diesem Rennen das Ende eines langen Projekts markiere. Stattdessen hat sich sein Blickwinkel deutlich verändert. Olli Heer sagte nach der vollendeten Weltumseglung: “Jetzt wäre ich glücklich, 2028 am Start zu sein.” Das waren starke Worte des “Tut gut.”-Skippers nach 2381 Stunden auf See. In seinem Rennen ist Oliver Heer mit disziplinierter Seemannschaft, viel Entschlossenheit und Ausdauer aufgefallen.

Sein Boot hat er mit technischem Geschick gut in Form gehalten. Pech hatte er gleich mehrfach mit Flautenfallen, die ihn teilweise über Tage ausbremsten. So hatte Heer einmal im westlichen Pazifik und ein weiteres Mal im Südatlantik jeweils den Anschluss an seine Gruppe verloren. Bei der Annäherung an Rio ließ er Antoine Cornic und weitere Boote durch einen strategischen Fehler entkommen. Hier geht es zum Tracker, den Ergebnissen und Zwischenständen, denn vier Skipper waren auch nach fast 100 Tagen noch auf See.

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Kielproblem verhindert die Comeback-Chance

Das mögliche Comeback verhinderte ein Hydraulikproblem am Kielzylinder. Das führte dazu, dass er seinen Kiel nicht nach Backbord kanten und somit nicht mehr mit Höchstgeschwindigkeit auf Steuerbordbug segeln konnte. In Erinnerung bleibt aber auch der erste große Kap-Moment vor dem Südzipfel Südafrikas, den Oliver Heer mit einer Zigarre und einem Schluck Whisky ehrte und feierte.

Er zählte zu jenen Skippern, die in der Nähe von Point Nemo einen Eisberg sichteten. Einsamkeit aber war für Oliver Heer aber auch in den entlegensten Revieren keine Sorge. Seine Erklärung: “Für mich war das nie ein Problem. Das Wort Einsamkeit hat im Französischen einen negativen Beigeschmack, aber im Deutschen wird es eher positiv aufgefasst und eigentlich gibt es so ein Wort nicht. Auf See war ich glücklich, ich fühlte mich gut. Ich hatte vor dem Rennen auch mit einem Mentaltrainer gearbeitet, was mir sehr geholfen hat, diesen Aspekt zu verstehen.”

Und so schloss Oliver Heer am 17. Februar eine große persönliche Leistung im Geiste seines früh verstorbenen Vaters ab, an dessen Segelleidenschaft er mit der Vendée Globe und maximaler Willenskraft sehr intensiv anknüpfte. Dabei wurde Oliver Heer von seiner britischen Frau und Projektmanagerin Theresa Heer, seiner Familie, seinen Freunden und einem kleinen, engagierten Team stark unterstützt.

Auf Vendée-Globe-Kurs in die Zukunft

Der Kreis seiner Reise vom Schweizer Opti-Kind über den Universitätsabschluss im Internationalen Management und eine kurze Wirtschaftskarriere bis zum Job als Boat Captain für Alex Thomson und schließlich zur eigenen Vendée-Globe-Kampagne hat sich geschlossen. Dass Olli Heer sein Solo um die Welt mit dem vermutlich kleinsten Budget der Flotte und einem der ältesten Boote geschafft hat, ist hoch einzuschätzen.

Genug hat er von den Höhenflügen und Tiefschlägen der Vendée Globe offenbar noch lange nicht. Das neue Ziel steht schon fest: Oliver Heer will zur elften Vendée Globe auf einer möglichst wettbewerbsfähigeren Grundlage antreten – und wieder angreifen.

Replay! Oliver Heers Zieldurchgang am 17. Februar:

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